BRAK-Mitteilungen 6/2025

Dieser Effekt hat die Wahrnehmung eines Bewerbermangels hervorgerufen oder jedenfalls verstärkt, obwohl es in der Realität nicht zu einer Unterversorgung der rechtsuchenden Bevölkerung mit notariellen Leistungen gekommen ist. Zentral ist eine Steigerung der Attraktivität des Anwaltsnotariats. Ungeachtet dessen zeigt das Urteil doch, dass es entscheidend darauf ankommt, die Attraktivität des Anwaltsnotariats zu steigern. So ist die Zahl der Absolventinnen und Absolventen der notariellen Fachprüfung in den vergangenen Jahren niedriger ausgefallen, als in der Zeit nach ihrer Einführung im Jahr 2010. Dies liegt allenfalls zu einem geringen Teil an der Demografie, wie ein Vergleich mit dem hauptberuflichen Notariat zeigt. Denn dort gibt es weiterhin mehr Bewerbungen, als ausgeschriebene Stellen. Verantwortlich sind vielmehr in erster Linie strukturelle Gründe, die nur das Anwaltsnotariat betreffen.5 5 Ähnlich auch EuGH, NJW 2025, 495 Rn. 43 f. zum Einstiegshöchstalter nach § 5 IV BNotO. Mangels Berücksichtigung der vorstehend beschriebenen Spezialisierung einiger Anwaltsnotarinnen und -notare auf die notarielle Tätigkeit, werden im Anwaltsnotariat vielerorts Stellen ausgeschrieben, bei denen nur schwer denkbar erscheint, dass diese wirtschaftlich tragfähig sind. Zu berücksichtigen sind dabei insb. der erhebliche zeitliche und finanzielle Aufwand, der mit der Bestellung zur Anwaltsnotarin oder zum Anwaltsnotar einhergeht, sowie die laufenden Kosten einer Notarstelle. Eine wesentliche Rolle spielen hierbei auch die in den letzten Jahren stark gestiegenen Gehälter des Fachpersonals. Auch im Anwaltsnotariat muss es weiterhin eine Altersgrenze geben. Um Interessentinnen und Interessenten eine gewisse Planungssicherheit zu verschaffen, ist eine Altersgrenze weiterhin erforderlich. So ist sichergestellt, dass Notarinnen und Notare, die ein hohes Urkundsaufkommen verzeichnen, aus dem Amt scheiden und nicht auf unbestimmte Zeit den tatsächlichen örtlichen Bedarf an Urkundsgeschäften erfüllen. Die gesetzliche Altersgrenze ist insofern den in einigen Anwaltssozietätsverträgen enthaltenen Altersgrenzen für die Partnerschaft nicht unähnlich. Ferner spricht für die grundsätzliche Beibehaltung der Altersgrenze (in veränderter Form), dass es Amtsgerichtsbezirke gibt, in denen die Zahl der Bewerbungen die verfügbaren Stellen übersteigt und jüngere Bewerberinnen und Bewerber auf das altersbedingte Ausscheiden lebensälterer Notarinnen und Notare angewiesen sind (etwa Berlin und Frankfurt am Main). Zudem sollte – neben der Anpassung der Bedürfnisberechnung an die zuvor dargestellten Entwicklungen – das Anwaltsnotariat perspektivisch so attraktiv ausgestaltet werden, dass es wieder mehr qualifizierte Interessentinnen und Interessenten anzieht. Vor diesem Hintergrund wird eine Altersgrenze zur Sicherung des Generationenwechsels auch im Anwaltsnotariat weiterhin von Bedeutung sein, ähnlich wie im hauptberuflichen Notariat. Eine Regelung, die das Anwaltsnotariat nachhaltig stärken will, muss diesen Aspekt ebenso wie die vom BVerfG angeführte nachlassende Leistungsfähigkeit im Alter berücksichtigen. Notarassessorin Lisa Hontrich, Geschäftsführerin, und Notarassessor Philipp Häming, Referent in der Geschäftsführung der Bundesnotarkammer SONSTIGES POSTULATIONSFÄHIGKEIT EINES VEREINS ZPO § 78 I 1; DSGVO Art. 80 I Das in § 78 I 1 ZPO normierte Erfordernis, dass sich Parteien vor den Landgerichten und den Oberlandesgerichten durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen, wird durch Art. 80 I DSGVO nicht modifiziert. BGH, Beschl. v. 15.9.2025 – I ZB 36/25 Volltext unter www.brak-mitteilungen.de BEAUFTRAGUNG EINES ANWALTS DURCH WEG OHNE ALTERNATIVANGEBOTE WEG §§ 18 I, 19 I 1. Bei der Beschlussfassung über die Beauftragung eines Rechtsanwalts müssen keine Alternativangebote anderer Rechtsanwälte vorliegen; dies gilt auch dann, wenn der Abschluss einer Honorarvereinbarung beabsichtigt ist. Entsprechendes gilt bei der Beauftragung von Gutachtern. 2. (...) BGH, Versäumnisurt. v. 18.7.2025 – V ZR 76/24 Volltext unter www.brak-mitteilungen.de BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 6/2025 487

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