lifikation (39 %) und erst nachrangig die geringe Chance, ein Notariat zu erhalten (34 %), die hohen Kosten der Qualifikation (16 %) und die fehlende wirtschaftliche Attraktivität (4 %) genannt. Dem entsprechen die in den vergangenen Jahren deutlich gesunkenen Absolventenzahlen für die notarielle Fachprüfung, die ebenfalls das Institut für Anwaltsrecht mitgeteilt hat. [173] Der Bewerbermangel im Anwaltsnotariat ist auf Grundlage dieser Daten zur Demographie und zu den beruflichen Präferenzen multikausal zu erklären. Damit mag zwar der Altersgrenze eine gewisse Wirkung zukommen, wenn örtlich die Attraktivität von Anwaltsnotarstellen durch das „Freiwerden“ von Urkunden- und Gebührenaufkommen noch gesteigert wird. Diese Wirkung ist allerdings begrenzt, weil eine solche Attraktivitätssteigerung weder den demographischen Faktor noch sämtliche persönlichen Präferenzen beeinflussen kann und gerade eine etwaige fehlende wirtschaftliche Attraktivität ausweislich der genannten Erhebungen nur ein nachrangiger Grund ist, keine Tätigkeit als Anwaltsnotar anzustreben. Im Übrigen bestehen in weiten Bereichen des Anwaltsnotariats schon jetzt in einem solchen Ausmaß Vakanzen, dass Urkunden- und Gebührenaufkommen wohl vorhanden sind, so dass die Altersgrenze allein durch das Freiwerden von Stellen keine zusätzlichen Berufschancen eröffnet. [174] (c) Die damit evident nur noch geringe Zweckerreichung der Altersgrenze hat sich verfestigt und wird prognostisch fortbestehen. [175] Die Situation des erheblichen Bewerbermangels lässt sich anhand der vorliegenden Daten bis in das Jahr 2012 zurückverfolgen (vgl. Rn. 34 ff.). Tatsächliche Anhaltspunkte für eine zukünftige Verbesserung bestehen nicht, da die maßgeblichen Faktoren der Demographie und der beruflichen Präferenzen unverändert bleiben oder sich sogar negativ entwickeln. Nach der Prognose des Instituts für Anwaltsrecht der Universität zu Köln ist eine Zunahme der Zahl neu zugelassener Rechtsanwälte mittel- und langfristig nicht zu erwarten. Die Absolventenzahlen des rechtswissenschaftlichen Studiums sollen zwar in den kommenden Jahren noch einmal kurzfristig zunehmen. Noch vor Ende dieses Jahrzehnts bis zum Jahr 2040 soll jedoch ein Prozess stark rückläufiger Absolventenzahlen einsetzen, der auf einen stark gestiegenen Ersatzbedarf durch Ausscheiden einer großen Zahl von Rechtsanwälten der Geburtsjahrgänge 1968 bis 1975 treffen wird. Insoweit ist eher mit einer Verschärfung der demographischen Situation zu rechnen. Der Trend zur Abkehr junger Juristinnen und Juristen von der unternehmerischen Tätigkeit wird sich nach Einschätzung des Instituts für Anwaltsrecht in Zukunft voraussichtlich noch stärker ausprägen. Das Institut verweist insoweit insb. auf den zunehmenden Anteil der Frauen, die statistisch häufiger als Männer eine abhängige Beschäftigung vorziehen. [176] Eine abweichende Bewertung ist nicht im Hinblick auf die Entwicklung des Urkundenaufkommens im Anwaltsnotariat gerechtfertigt. Im Verfahren ist insoweit geltend gemacht worden, das Urkundenaufkommen sei prognostisch rückläufig. Dies führte nach den Mechanismen der Bedürfnisprüfung gemäß § 4 BNotO dazu, dass weniger Notarstellen ausgeschrieben werden (vgl. Rn. 14). Unter dieser Voraussetzung könnte die Altershöchstgrenze ihre Zwecke wieder zu einem höheren Grade erreichen. Allerdings gibt es für einen dauerhaften Rückgang keine greifbaren tatsächlichen Anhaltspunkte. Das jährliche Urkundenaufkommen ist nach den vorliegenden Daten regelmäßig Schwankungen unterworfen. Die Gesamtzahl der notariellen Urkunden des Anwaltsnotariats lag von 2015 bis 2022 jeweils zwischen rund 2,8 und 2,9 Millionen. Im Jahr 2023 ist sie zwar auf 2,5 Millionen gesunken, doch ist dies nach Einschätzung der Bundesnotarkammer auf die allgemeine konjunkturelle Schwäche, nicht auf nachhaltige Ursachen zurückzuführen. [177] Eine Anhebung der Bedürfniszahlen und die damit einhergehende Verringerung der Zahl der ausgeschriebenen Stellen, wie sie von der Bundesnotarkammer vorgeschlagen und von einigen Landesjustizverwaltungen erwogen wird beziehungsweise bereits vorgenommen worden ist, erhöhte die Zweckerreichung der Altersgrenze nicht. Denn den demographisch mitbedingten Rückgang der Bewerberzahlen für das Anwaltsnotariat vermag eine solche Maßnahme nicht zu stoppen. Weiterhin rücken nicht in ausreichender Zahl jüngere Anwaltsnotare nach. Dementsprechend führt die Anhebung der Bedürfniszahlen weder zur Bestellung einer größeren Anzahl an Notarinnen und Notaren noch zu einer Verjüngung des Notariats, jedenfalls nicht in nennenswertem Umfang. Im Übrigen ist der gesetzliche Spielraum für eine Anhebung von vornherein begrenzt, da nach § 4 S. 2 BNotO die angemessene Versorgung der Rechtsuchenden mit notariellen Leistungen gewährleistet bleiben muss. Dies schließt die ortsnahe Betreuung der Bevölkerung ein (vgl. BGH, Beschl. v. 20.7.2020 – NotZ (Brfg) 5/19 Rn. 13 m.w.N.), was insb. in eher dünner besiedelten ländlichen Regionen eine gewisse Dichte an Notariaten voraussetzt. Im Übrigen muss auch der Charakter des Anwaltsnotariats als Nebenberuf (vgl. § 3 II BNotO) gewahrt bleiben. Eine faktische Annäherung an das hauptberufliche Notariat durch Maßnahmen der Justizverwaltung wäre fachrechtlich unzulässig. [178] (2) Der Gesetzeszweck, die Rechtspflege vor Gefahren durch die altersbedingt nachlassende Leistungsfähigkeit von Notarinnen und Notaren zu schützen, wird durch die Altersgrenze nach §§ 47 Nr. 2 Var. 1, 48a BNotO ebenfalls nur zu einem geringen Grad erreicht. [179] Das Deutsche Zentrum für Altersfragen und die Deutsche Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie haben in ihren Stellungnahmen übereinstimmend hervorgehoben, dass der kognitive Alterungsprozess stark individuell geprägt ist und im Notarberuf keine verallgemeinerungsfähigen Zusammenhänge zwischen dem Lebensalter und der beruflichen Leistungsfähigkeit beBRAK-MITTEILUNGEN 6/2025 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 484
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