te – höhere Leistungsfähigkeit älterer Menschen zurückgehen. [157] Darüber hinaus haben sich die Altersbilder in der Gesellschaft in Hinsicht auf eine größere Differenzierung gewandelt, worauf auch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes in ihrer Stellungnahme hingewiesen hat. Frühere Altersbilder, die das Alter pauschal mit mangelnder Leistungsfähigkeit, geringer Bereitschaft zur Veränderung oder Krankheit assoziieren, werden zunehmend abgelöst durch Altersbilder, die die Verschiedenartigkeit und Individualität des Lebens im Alter betonen (vgl. bereits den Sechsten Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland – Altersbilder in der Gesellschaft ‹ 2010 8 , BT-Drs. 17/ 3815). [158] Der regelmäßig späte Eintritt in den Anwaltsnospäter Eintritt in den Beruf tarberuf, der zunehmend individuelle Verlauf von Berufs- und Erwerbsbiographien und sich wandelnde Altersbilder sprechen dagegen, eine Lebenszeitspanne normativ festzulegen, nach deren Ablauf ein Eingriff in die Berufsfreiheit ohne Weiteres weniger schwer wiegt. [159] (4) Die Einkünfte des Notars sind – anders als das von der Bundesnotarkammer vorgelegte Rechtsgutachten meint – im Vergleich zu denjenigen aus privatwirtschaftlichen Tätigkeiten nicht weniger schutzwürdig, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt der Eingriff nicht an Intensität verliert. Zwar stellen die vom Notar auf Grundlage des Gesetzes über Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Gerichte und Notare (GNotKG) erhobenen Gebühren kein Leistungsentgelt dar, sondern unterliegen dem Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip. Aus Gründen des Gemeinwohls werden Geschäfte mit niedrigen Geschäftswerten durch solche mit hohen Geschäftswerten querfinanziert (vgl. Sander, in Eschwey, BeckOK BNotO, § 17 Rn. 4 ff. (Aug. 2025)). Aus dieser Gemeinwohlorientierung notarieller Tätigkeit ist jedoch nicht auf eine geringere verfassungsrechtliche Schutzwürdigkeit der damit erzielten Einkünfte zu schließen. Notare, die von Gesetzes wegen darauf verwiesen sind, ihre Einnahmen ausschließlich aus Gebühren zu erzielen, sind in dieser Hinsicht nicht weniger schutzwürdig als die Angehörigen anderer Berufe. [160] bb) Dem Eingriff in die Berufsfreiheit stehen schützenswerte Gemeinwohlbelange von erheblichem Gewicht gegenüber, die mit der Altersgrenze nach §§ 47 Nr. 2 Var. 1, 48a BNotO verfolgt werden. [161] (1) Die Funktionstüchtigkeit der vorsorgenden Funktionstüchtigkeit der vorsorgenden Rechtspflege Rechtspflege, namentlich die Versorgung mit qualitativ hochwertigen notariellen Dienstleistungen (§§ 20 bis 24 BNotO), erbracht durch leistungsfähige, hinreichend erfahrene und verschiedenen Altersgruppen zugehörige Notare, ist für die Allgemeinheit und für Einzelne von großer Bedeutung. Dies folgt aus den Grundentscheidungen, die der Gesetzgeber zum materiellen Recht und zur vorsorgenden Rechtspflege getroffen hat. Denn der Gesetzgeber verweist die Rechtsuchenden einerseits darauf, bestimmte Rechtsgeschäfte und -handlungen zu ihrer Wirksamkeit notariell zu beurkunden. Aufgrund der Formvorschriften des materiellen Rechts ist vor allem der Grundstücksverkehr auf die Urkundstätigkeit der Notare angewiesen (vgl. §§ 311b, 873 BGB). Ebenso sind zahlreiche weitere Rechtsgeschäfte des Vertrags-, des Erb- und Familienrechts sowie des Gesellschaftsrechts entsprechend formbedürftig (vgl. beispielhaft §§ 518, 1410, 2276 BGB, § 2 GmbHG; §§ 23, 30, 33, 37, 130, 181, 235, 248 AktG). Die Positionen, die für die Rechtsuchenden auf dem Spiel stehen, sind in der Regel ihrerseits grundrechtlich geschützt, namentlich durch Art. 6 I, Art. 9 I, Art. 12 I und Art. 14 I GG. Hinsichtlich der Anwendung des Rechts hat der Gesetzgeber andererseits die vorsorgende Rechtspflege in weitem Umfang aus der unmittelbaren Staatsorganisation ausgegliedert und ausschließlich den Notaren als unabhängigen Trägern eines öffentlichen Amtes überantwortet (§ 1 BNotO). Da die Rechtsuchenden in der Regel weder über gleich geeignete Alternativen zu formbedürftigen Rechtsgeschäften noch zu deren Beurkundung durch einen Notar verfügen, sind sie in vielen Bereichen persönlich und wirtschaftlich bedeutsamer Grundrechtsausübung auf ein funktionstüchtiges Notariat angewiesen. Dabei ist nicht allein entscheidend, dass überhaupt notarielle Dienstleistungen angeboten werden. Vielmehr müssen diese mit Blick auf ihre Relevanz für die Grundrechte der Mandanten auch qualitativ hochwertig durch leistungsfähige Notare erbracht werden. [162] (2) Ebenfalls gewichtig ist das arbeitsmarkt- und arbeitsmarkt- und sozialpolitisches Ziel sozialpolitische Ziel des Gesetzgebers, die Berufschancen zwischen den Generationen gerecht zu verteilen. Dieser angestrebte Zweck verwirklicht dabei auch das von Art. 12 I GG geschützte Recht potentieller Berufsträger, den Notarberuf zu ergreifen. [163] cc) Die Regelung der Altersgrenze kann im Anwaltsnotariat aber nur noch zu einem geringen Grad zur Verwirklichung dieser Ziele beitragen. [164] (1) Dies gilt zunächst für die geordnete Altersstruktur im Interesse funktionstüchtiger Rechtspflege und für die gerechte Verteilung der Berufschancen zwischen den Generationen. Insoweit ist die ursprünglich bei Einführung der Altersgrenze effektive Zweckverfolgung heute nur noch in einem erheblich geringeren Maße vorhanden. [165] (a) Die gesetzgeberisch intendierte Wirkungsweise der Altersgrenze, durch das Freiwerden von Stellen das Notariat zu verjüngen und Berufschancen zu eröffnen, läuft in denjenigen Regionen des Anwaltsnotariats leer, in denen ein Mangel an Bewerbern besteht. Hier kann jeder Bewerber, der die gesetzlichen VoraussetNOTARRECHT BRAK-MITTEILUNGEN 6/2025 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 482
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