die angefochtene Entscheidung verletzt den Kl. in seinen Verfahrensgrundrechten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 I GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 I GG), welche es den Gerichten verbieten, den Beteiligten den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. BGH, Beschl. v. 23.1.2019 – VII ZB 43/18 Rn. 8, NJWRR 2019, 500; Beschl. v. 23.1.2013 – XII ZB 167/11 Rn. 4, NJW-RR 2013, 1010). Einen solchen Verstoß rügt die Rechtsbeschwerde mit Erfolg. [15] 2. Der Kl. hat zwar die Berufungsfrist versäumt (dazu unter a). Ihm ist jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (dazu unter b). [16] a) Die Berufungsfrist ist durch die Berufungsschrift v. 18.12.2023, eingegangen beim Berufungsgericht am 19.12.2023, nicht gewahrt worden, weil sie nicht in der nach § 130a III 1 ZPO vorgeschriebenen Form eingereicht worden ist. [17] aa) Die Berufungsfrist, die gem. § 517 ZPO einen Monat beträgt und mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils zu laufen beginnt, hat, wie das Berufungsgericht mit Recht annimmt, mit der Zustellung des landgerichtlichen Urteils an den Kl. zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten am 18.12. 2023 zu laufen begonnen. Dies nimmt die Rechtsbeschwerde hin. Die Ausführungen des Berufungsgerichts hierzu lassen keinen Rechtsfehler erkennen. [18] bb) Rechtlich zutreffend geht das Berufungsgericht weiter davon aus, dass die elektronisch übermittelte Berufungsschrift des Kl. v. 18.12.2023 die Frist des § 517 ZPO nicht gewahrt hat, weil die Berufung nicht entsprechend den Anforderungen des § 130a III ZPO ordnungsgemäß eingelegt worden ist. [19] Ein elektronisches Dokument, das aus einem beA versandt wird und nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist, ist nur dann auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht, wenn die das Dokument signierende und damit verantwortende Person mit der des tatsächlichen Versenders übereinstimmt (vgl. BGH, Beschl. v. 7.5.2024 – VI ZB 22/23 Rn. 5, MDR 2024, 927; Beschl. v. 28.2.2024 – IX ZB 30/ 23 Rn. 10, NJW 2024, 1660; Beschl. v. 7.9.2022 – XII ZB 215/22 Rn. 11, NJW 2022, 3512; vgl. auch BAG, Beschl. v. 14.9.2020 – 5 AZB 23/20 Rn. 16 m.w.N., BAGE 172, 186 und BSG, Beschl. v. 16.2.2022 – B 5 R 198/21 B Rn. 8 f., NJW 2022, 1334). [20] Diesen Anforderungen genügt der Schriftsatz v. keine Übereinstimmung 18.12.2023, mit dem die Berufung eingelegt werden sollte, nicht. Nach den von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Schriftsatz v. 18.12.2023 nicht qualifiziert elektronisch signiert worden. Den Formanforderungen ist nicht dadurch genügt worden, dass die Berufungsschrift von dem den Kl. vertretenden RA M. einfach signiert worden und durch RA R., der ebenfalls Mitglied der den Kl. vertretenden Rechtsanwaltskanzlei ist, per beA an das Berufungsgericht übermittelt worden ist. Denn die Person, die durch die einfache Signatur die Verantwortung für das Dokument übernommen hat, ist mit dem Versender des elektronischen Dokuments nicht identisch. [21] b) Dem Kl. ist jedoch gem. § 233 S. 1 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die versäumte Berufungsfrist zu gewähren, weil er ohne sein Verschulden verhindert war, die Notfrist des § 517 ZPO von einem Monat einzuhalten. Dabei steht das Verschulden des Prozessbevollmächtigten nach § 85 II ZPO dem Verschulden der Partei gleich. [22] aa) Ein etwaiges Verschulden des Prozessbevollmächtigten des Kl. war jedenfalls nicht ursächlich dafür, dass der Kl. die Berufungsfrist nicht gewahrt hat. Die Wiedereinsetzung ist unabhängig von einem Verschulden der Partei gem. Art. 2 I GG i.V.m. Art. 20 III GG zu gewähren, wenn sie geboten ist, weil das Gericht seine prozessuale Fürsorgepflicht verletzt hat (vgl. BGH, Beschl. v. 18.7.2024 – V ZB 79/23 Rn. 8; Beschl. v. 29.8. 2017 – VI ZB 49/16 Rn. 13, MDR 2017, 1381; Beschl. v. 20.4.2011 – VII ZB 78/09 Rn. 13, MDR 2011, 747; Beschl. v. 14.10.2008 – VI ZB 37/08 Rn. 9 m.w.N., MDR 2009, 285; BAG, Beschl. v. 5.6.2020 – 10 AZN 53/20 Rn. 38, BAGE 171, 28; BSG, Beschl. v. 9.5.2018 – B 12 KR 26/18 B Rn. 10, NJW 2018, 2222). [23] Welche Prüfungs- und Fürsorgepflichten das angePrüfungs- und Fürsorgepflichten des Gerichts rufene Gericht hat, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Einerseits ist der Richter aufgrund der ihn treffenden prozessualen Fürsorgepflicht zur Rücksichtnahme auf die Beteiligten verpflichtet. Andererseits muss auch die Justiz im Interesse ihrer Funktionsfähigkeit vor zusätzlichen Belastungen geschützt werden. Aus der verfassungsrechtlich begründeten Fürsorgepflicht der staatlichen Gerichte und dem Anspruch auf ein faires Verfahren folgt danach keine generelle Verpflichtung der Gerichte dazu, die Formalien eingereichter Schriftstücke sofort zu prüfen, um erforderlichenfalls sofort durch einen entsprechenden Hinweis auf die Behebung formeller Mängel hinzuwirken (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.1.2006 – 1 BvR 2558/05 Rn. 10, NJW 2006, 1579; BAG, Beschl. v. 5.6. 2020 – 10 AZN 53/20 Rn. 39, BAGE 171, 28; BSG, Beschl. v. 27.6.2024 – B 1 KR 58/23 BH Rn. 15). Eine Partei darf aber grundsätzlich darauf vertrauen, dass ihre Schriftsätze alsbald nach ihrem Eingang bei Gericht zur Kenntnis genommen werden und offensichtliche äußere formale Mängel dabei nicht unentdeckt bleiben. Unterbleibt ein gebotener Hinweis, ist der Partei Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn er bei ordnungsgemäßem Geschäftsgang so rechtzeitig hätte erfolgen müssen, dass es der Partei noch möglich gewesen wäre, die Frist zu wahren (vgl. BGH, Beschl. v. 20.4. 2011 – VII ZB 78/09 Rn. 12 f., MDR 2011, 747; Beschl. v. 14.10.2008 – VI ZB 37/08 Rn. 10 f., MDR 2009, 285; ELEKTRONISCHER RECHTSVERKEHR BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 6/2025 473
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