BRAK-Mitteilungen 6/2025

prozessbevollmächtigte Gesellschaft vertretungsberechtigten Rechtsanwalt über das Gesellschaftspostfach versandt worden, der diesen Schriftsatz auch einfach signiert habe. Dennoch wies der BGH darauf hin, dass es naheliege, im Fall der Übermittlung eines nicht qualifiziert elektronisch signierten Dokuments für eine prozessbevollmächtigte Berufsausübungsgesellschaft über ein Gesellschaftspostfach grundsätzlich – und anders als bei Einreichung durch einen prozessbevollmächtigten einfach signierenden Rechtsanwalt über dessen persönliches Postfach – eine Identität zwischen dem einfach signierenden Rechtsanwalt und dem den Sendevorgang über das Gesellschaftspostfach veranlassenden VHN-berechtigten Rechtsanwalt nicht als erforderlich anzusehen. Zur Begründung verwies der BGH auf die entsprechende Rechtsprechung zum sicheren Übermittlungsweg bei der Nutzung eines besonderen elektronischen Behördenpostfachs. Auch wenn der BGH einen klaren Fingerzeig gibt, wie er entscheiden würde, ist derzeit noch zu empfehlen, auf eine Personenidentität zwischen der Person, die den Schriftsatz einfach signiert, und der versendenden Person zu achten. Der Nachweis, welche Person den Versand des einfach signierten Schriftsatzes über ein Postfach der Berufsausübungsgesellschaft vorgenommen hat, lässt sich über die Vorlage eines Auszugs des Nachrichtenjournals erbringen. Dieses lässt erkennen, welche Nutzerin oder welcher Nutzer am beA der Berufsausübungsgesellschaft angemeldet war. Das Nachrichtenjournal sollte daher immer zur Akte genommen werden, damit sich im Zweifel nachweisen lässt, welche Rechtsanwältin oder welcher Rechtsanwalt den Schriftsatz versandt hat. Bis zur endgültigen Klärung der Rechtsfrage ist die qualifizierte elektronische Signatur der Schriftsätze durch die verantwortende Rechtsanwältin oder den verantwortenden Rechtsanwalt weiterhin die sicherste Lösung. Rechtsanwältin Julia von Seltmann, BRAK, Berlin HINWEISPFLICHTEN DES GERICHTS BEI FEHLERHAFTEM VERSAND PER beA ZPO §§ 130a III, 233 1. Ein elektronisches Dokument, das aus einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach versandt wird und nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist, ist nur dann auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht, wenn die das Dokument signierende und damit verantwortende Person mit der des tatsächlichen Versenders übereinstimmt (Anschluss an BGH, Beschl. v. 7.5. 2024 – VI ZB 22/23, MDR 2024, 927; Beschl. v. 28.2. 2024 – IX ZB 30/23, NJW 2024, 1660; Beschl. v. 7.9. 2022 – XII ZB 215/22, NJW 2022, 3512). 2. Eine Partei darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass ihre Schriftsätze alsbald nach ihrem Eingang bei Gericht zur Kenntnis genommen werden und offensichtliche äußere formale Mängel dabei nicht unentdeckt bleiben. Unterbleibt ein gebotener Hinweis des Gerichts, ist der Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er bei ordnungsgemäßem Geschäftsgang so rechtzeitig hätte erfolgen müssen, dass es der Partei noch möglich gewesen wäre, die Frist zu wahren. Mit Blick auf den Transfervermerk einschließlich des darin enthaltenen „Vertrauenswürdigen Herkunftsnachweises“ besteht eine einfache und wenig Zeitaufwand erfordernde Möglichkeit zu prüfen, ob ein aus einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach versandter Schriftsatz einfach elektronisch signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg bei Gericht eingereicht wurde. Hierzu gehört für den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle auch die Prüfung, ob die Person, die das Dokument elektronisch signiert hat, mit derjenigen identisch ist, die Inhaberin des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs ist. BGH, Beschl. v. 20.8.2025 – VII ZB 16/24, dazu auch Jungk/Chab/ Grams, BRAK-Mitt. 2025, 440 (in diesem Heft) AUS DEN GRÜNDEN: [1] I. Der Kl., ein ehemaliger Handelsvertreter der Bekl., hat erstinstanzlich im Wege der Stufenklage zunächst die Erteilung eines Buchauszugs, erforderlichenfalls die Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit an Eides Statt, ergänzende Abrechnung von Provisionen nach Erteilung des Buchauszugs, Zahlung restlicher Provision sowie eines Handelsvertreterausgleichs geltend gemacht. Im Lauf des Verfahrens ist der ursprüngliche Antrag auf Erteilung eines Buchauszugs übereinstimmend für erledigt erklärt und der auf Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit an Eides Statt gerichtete Antrag zurückgenommen worden. [2] Das LG hat mit Urt. v. 15.12.2023 die auf ergänzende Abrechnung sowie auf Zahlung weiterer Provision und eines Handelsvertreterausgleichs gerichtete Klage abgewiesen. Das Urteil ist dem Kl. zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten am 18.12.2023 zugestellt worden. Mit Schriftsatz v. 18.12.2023, eingegangen bei Gericht am 19.12.2023, hat der Kl. gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Das Schreiben ist durch RA M., der den Kl. vertretenden Rechtsanwaltskanzlei angehört, einfach signiert und durch das besondere Anwaltspostfach von RA R., der ebenfalls der den Kl. vertretenden Rechtsanwaltskanzlei angehört, an das Berufungsgericht übersandt worden. Am 20.12.2023 ist RA M. durch die Geschäftsstelle des Berufungsgerichts unter Benennung des Aktenzeichens mitgeteilt worden, dass die Berufung v. 18.12.2023 am 19.12.2023 beim Berufungsgericht eingegangen ist. Auf Antrag von RA R. mit Schriftsatz v. 13.2.2024 ist die Berufungsbegründungsfrist durch Verfügung des stellvertretenden VorsitzenBERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 6/2025 471

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