BRAK-Mitteilungen 6/2025

sönlich zugeordneten elektronischen Anwaltspostfach – um ein nicht personengebundenes besonderes elektronisches Anwaltspostfach. Zum anderen müssen bei der Prozessbevollmächtigung einer Berufsausübungsgesellschaft sowohl die Signatur als auch der Versand notwendigerweise durch vertretungsberechtigte Rechtsanwälte ausgeführt werden (s.o. II.2.b bb). Aufgrund dieser Unterschiede entsprechen die Anforderungen zur Sicherstellung der Authentizität und Integrität des auf dem sicheren Übermittlungsweg eines Gesellschaftspostfachs eingereichten Dokuments nicht denjenigen für die Einreichung über ein persönliches elektronisches Anwaltspostfach eines prozessbevollmächtigten Rechtsanwalts. [27] Eine als Prozessbevollmächtigte beauftragte Berufsausübungsgesellschaft hat zwar gem. § 59l I 2 BRAO die Rechte und Pflichten eines Rechtsanwalts und trägt damit letztlich die Verantwortung für die Erfüllung der anwaltlichen Pflichten, sie muss sich hierbei aber notwendigerweise durch natürliche Personen vertreten lassen, die ihrerseits postulationsfähig sein müssen (§ 59l II BRAO). Diese Rechtslage wird im Rahmen der Bestimmungen über die Berechtigungen zur Nutzung des besonderen Anwaltspostfachs für die Einreichung nicht-qualifiziert elektronisch signierter Dokumente nachvollzogen. Die Berufsausübungsgesellschaft als Postfachinhaberin darf – und muss – zur Ermöglichung einer Einreichung, die nur eine natürliche Person vornehmen kann, dieses Recht auf natürliche Personen übertragen. Die Übertragung darf hierbei nur auf vertretungsberechtigte Rechtsanwälte, die ihren Beruf in der Berufsausübungsgesellschaft ausüben, erfolgen (§ 23 III 7 RAVPV). Die BRAK hat zu gewährleisten, dass der Empfänger diese Vorgaben überprüfen kann (§ 20 III Nr. 2 RAVPV). [28] (c) Vor diesem Hintergrund ist der sichere ÜberVergleichbarkeit mit Behördenpostfach mittlungsweg mittels eines nicht personengebundenen Gesellschaftspostfachs, bei dem durch die vorstehend genannten Regelungen der Rechtsanwaltsverzeichnis- und -postfachverordnung die Authentizität mit Blick auf die Herkunft eines übermittelten Dokuments von der prozessbevollmächtigten Gesellschaft gewährleistet werden soll, mit dem ebenfalls nicht personengebundenen Übermittlungsweg mittels eines besonderen Behördenpostfachs und den dort zur Gewährleistung der Authentizität in § 8 der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) getroffenen Regelungen vergleichbar. Hiernach stellt die Behörde als Postfachinhaberin den Zugang bestimmten Zugangsberechtigten zur Verfügung, die über ein Zertifikat und Passwort eine Versendung aus dem Behördenpostfach vornehmen können. Die Versendung durch einen Zugangsberechtigten wird durch den vertrauenswürdigen Herkunftsnachweis bestätigt (vgl. BGH, Beschl. v. 6.4.2023 – I ZB 84/22, NJW-RR 2023, 906 Rn. 18 f., 28 ff.). [29] Für eine wirksame Einreichung eines nicht-qualifiziert elektronisch signierten Dokuments über den gem. § 130a IV 1 Nr. 3 ZPO sicheren Übermittlungsweg eines besonderen elektronischen Behördenpostfachs bedarf es nach höchstrichterlicher Rechtsprechung einer Personenidentität zwischen sendender und einfach signierender Person nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 6.4. 2023 – I ZB 84/22, NJW-RR 2023, 906 Rn. 28 ff.; BAG, NZA 2024, 1735 Rn. 19 ff. [zu § 46c IV 1 Nr. 3 ArbGG]; BVerwG, Beschl. v. 18.5.2020 – 1 B 23/20, 1 PKH 14/ 20 Rn. 5 [zu § 55a IV 1 Nr. 3 VwGO]; jurisPK-ERV/Müller, Stand: 23.6.2025, § 130a ZPO Rn. 223 ff.; Müller, RDi 2022, 92, 95). Vielmehr genügt der über den vertrauenswürdigen Herkunftsnachweis (VHN) bestätigte Umstand, dass bei der Übersendung ein nach § 8 I bis IV ERVV mit Zertifikat und Zertifikats-Passwort ausgestatteter zugangsberechtigter Beschäftigter des Postfachinhabers mit den vom Postfachinhaber zur Verfügung gestellten Zugangsdaten bei dem Verzeichnisdienst angemeldet war (vgl. BGH, Beschl. v. 6.4.2023 – I ZB 84/22, a.a.O. Rn. 19, 28 ff.; BAG, a.a.O. Rn. 19). Denn durch die Einreichung über einen sicheren Übermittlungsweg ist die Authentizität des Dokuments mit Blick auf dessen Herkunft von der befugten Behörde gewährleistet und damit der Gefahr begegnet, dass nicht zu der Behörde gehörende Personen ein fingiertes Dokument einreichen (vgl. BGH, Beschl. v. 6.4.2023 – I ZB 84/22, a.a.O. Rn. 28; BAG, a.a.O. Rn. 20). [30] (d) Vor dem Hintergrund der Vergleichbarkeit der nicht personengebundenen Übermittlungswege mittels eines Gesellschaftspostfachs und eines Behördenpostfachs liegt es nahe, entsprechend der vorgenannten Rechtsprechung auch im Fall der Übermittlung eines nicht-qualifiziert elektronisch signierten Dokuments für eine prozessbevollmächtigte Berufsausübungsgesellschaft über ein Gesellschaftspostfach grundsätzlich – und anders als im Fall einer Einreichung durch einen prozessbevollmächtigten einfach signierenden Rechtsanwalt über dessen persönliches Anwaltspostfach – eine Identität zwischen dem einfach signierenden Rechtsanwalt und dem den Sendevorgang über das Gesellschaftspostfach veranlassenden VHN-berechtigten Rechtsanwalt nicht als erforderlich anzusehen. [31] (3) Diese Frage bedarf hier indes keiner abschliekeine abschließende Entscheidung ßenden Entscheidung. Denn die Berufungsbegründung wurde – was das Berufungsgericht verkannt hat – nachweislich von demjenigen für die prozessbevollmächtigte Gesellschaft vertretungsberechtigten Rechtsanwalt über das Gesellschaftspostfach versandt, der diesen Schriftsatz auch einfach signiert hat. [32] Zwar ergibt sich dies nicht bereits aus dem Prüfprotokoll und dem vertrauenswürdigen Herkunftsnachweis (VHN). Diesen Dokumenten ist jeweils nur zu entnehmen, dass die Übermittlung durch einen VHN-BeELEKTRONISCHER RECHTSVERKEHR BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 6/2025 469

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