BRAK-Mitteilungen 6/2025

dadurch, dass das System prüft, ob im Zeitpunkt des Nachrichtenversands eine Person an dem Postfach angemeldet ist, die über die VHN-Berechtigung der Berufsausübungsgesellschaft verfügt. Nur in diesem Fall erhält die Nachricht einen vertrauenswürdigen Herkunftsnachweis (VHN) und wird in dem zugehörigen Prüfvermerk aufgeführt, dass die Nachricht auf einem sicheren Übermittlungsweg aus einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach eingereicht wurde (vgl. BTDrs. 20/1672, 26; Information der BRAK zur Einführung des Gesellschaftspostfach, abrufbar unter https://porta l.beasupport.de/fragen-antworten/kategorie/allgemei ne-fragen/informationen-zur-einfuehrung-des-gesellsch aftspostfachs, Suchnummer 6056; jurisPK-ERV/Müller, Stand: 23.6.2025, § 130a ZPO Rn. 197 ff., 231 ff., 274). [20] cc) Die vorgenannten Voraussetzungen für eine vertrauenswürdiger Herkunftsnachweis wirksame Einreichung auf dem sicheren Übermittlungsweg des Gesellschaftspostfachs liegen hier hinsichtlich der Berufungsbegründung vor. Diese wurde über das Gesellschaftspostfach der von der Kl. als Prozessbevollmächtigte bestellten Berufsausübungsgesellschaft eingereicht. Ein vertrauenswürdiger Herkunftsnachweis und damit der Nachweis der Einreichung durch eine hierzu nach § 23 III 7 RAVPV berechtigte Person, liegt vor. [21] dd) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht eine wirksame Einreichung der Berufungsbegründungschrift deshalb verneint, weil diese durch den einfach signierenden Rechtsanwalt versandt werden müsse, aus dem Prüfvermerk sowie dem vertrauenswürdigen Herkunftsnachweis jedoch kein konkreter Rechtsanwalt als Absender ermittelt werden könne. [22] (1) Der Umstand, dass das Dokument von einem Rechtsanwalt einfach signiert wurde, der sichere Übermittlungsweg ihn jedoch nicht als Absender ausweist, hindert als solcher eine wirksame Übermittlung bei der Versendung über ein Gesellschaftspostfach nicht. Denn dies ist systemimmanent dadurch bedingt, dass Postfachinhaberin des nicht personengebundenen Gesellschaftspostfachs die prozessbevollmächtigte Berufsausübungsgesellschaft ist, die dementsprechend auch als Absenderin der Nachricht ausgewiesen wird. Diese muss sich jedoch notwendigerweise sowohl bei der Signatur als auch bei der Durchführung des Versands durch eine – nicht als Absender der Nachricht erscheinende – natürliche Person vertreten lassen. Würde – was das Berufungsgericht zumindest andeutet – dennoch gefordert, dass der signierende Rechtsanwalt als Absender der Nachricht ausgewiesen wird, wäre eine Einreichung eines nicht-qualifiziert elektronisch signierten Schriftsatzes über ein Gesellschaftspostfach stets unzulässig. Dies widerspräche dem Willen des Gesetzgebers, der diese Möglichkeit ausdrücklich eröffnen wollte. [23] (2) Vieles spricht, anders als das Berufungsgericht offenbar gemeint hat, dafür, dass im Fall der Bevollmächtigung einer Berufsausübungsgesellschaft und der Nutzung von deren Gesellschaftspostfach eine Identität zwischen dem Rechtsanwalt, der den Schriftsatz für die prozessbevollmächtigte Berufsausübungsgesellschaft einfach signiert, und dem die Versendung vornehmenden Rechtsanwalt nicht erforderlich ist. [24] Die Frage, ob im Fall der Prozessbevollmächtigung Identität wohl nicht erforderlich einer Berufsausübungsgesellschaft und der Nutzung von deren Gesellschaftspostfach für die Einreichung eines nicht-qualifiziert elektronisch signierten Dokuments derselbe Rechtsanwalt, der in Vertretung der Gesellschaft das Dokument einfach signiert hat, auch die Versendung unter Anmeldung an dem Gesellschaftspostfach und Nutzung seiner VHN-Berechtigung vornehmen muss, wird unterschiedlich beurteilt und ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt (verneinend: FG Köln, DStRE 2025, 304 Rn. 20 [zu § 52a III 1 Hs. 2, IV 1 Nr. 2 FGO]; jurisPK-ERV/Müller, Stand: 23.6.2025, § 130a ZPO Rn. 208.2, 217.1, 223 f., 279 f.; Müller, EJustice Handbuch, 8. Aufl., S. 138 f., 194 f.; bejahend: Jungbauer/Jungbauer, Das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) und der ERV, 4. Aufl., § 2 Rn. 36; offen und im Hinblick darauf die Nutzung einer qualifizierten elektronischen Signatur empfehlend: BRAK und DAV, beA-Newsletter 8/2022 v. 29.9.2022, abrufbar unter www.brak.de). [25] (a) Nach einhelliger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist es bei der Einreichung eines nicht-qualifiziert elektronisch signierten Dokuments über ein persönliches elektronisches Anwaltspostfach Wirksamkeitsvoraussetzung, dass der das Dokument einfach signierende verantwortliche Prozessbevollmächtigte die Übermittlung über sein beA selbst vornimmt (vgl. BGH, Beschl. v. 8.7.2025 – VIII ZB 12/25 Rn. 18; v. 3.7.2024 – XII ZB 538/23, NJW 2024, 2996 Rn. 9; v. 7.5.2024 – VI ZB 22/23, NJW-RR 2024, 1058 Rn. 5 f.; v. 7.9.2022 – XII ZB 215/22, NJW 2022, 3512 Rn. 15; v. 30.3.2022 – XII ZB 311/21, NJW 2022, 2415 Rn. 11; v. 4.10.2023 – 3 StR 292/23 Rn. 2 [zu § 32a III 1 Hs. 2, IV 1 Nr. 2 StPO]; BAG, NJW 2020, 2351 Rn. 13 ff.; BFH, DStR 2025, 100 Rn. 23 f. [zu § 52a III 1 Hs. 2, IV 1 Nr. 2 FGO]; BVerwG, NVwZ 2022, 649 Rn. 4 ff. [zu § 55a III 1 Hs. 2, IV 1 Nr. 2 VwGO]; BSG, NJW 2022, 1334 Rn. 7 [zu § 65a III 1 Hs. 2, IV 1 Nr. 2 SGG]). [26] (b) Diese Rechtsprechung kann jedoch – was das Anwaltspostfach ≠ Gesellschaftspostfach Berufungsgericht verkannt hat – nicht ohne Weiteres auf die Übermittlung eines nicht-qualifiziert elektronisch signierten Dokuments mittels des Gesellschaftspostfachs einer prozessbevollmächtigten Berufsausübungsgesellschaft übertragen werden. Zum einen handelt es sich bei dem Gesellschaftspostfach – wie bei einem besonderen Behördenpostfach (§ 130a IV 1 Nr. 3 ZPO) und anders als bei dem einem Anwalt perBRAK-MITTEILUNGEN 6/2025 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 468

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