postfach grundsätzlich eine Identität zwischen dem einfach signierenden Rechtsanwalt und dem den Sendevorgang über das Gesellschaftspostfach veranlassenden VHN-berechtigten Anwalt nicht als erforderlich anzusehen BGH, Beschl. v. 16.9.2025 – VIII ZB 25/25, dazu auch Jungk/Chab/ Grams, BRAK-Mitt. 2025, 438 (in diesem Heft) AUS DEN GRÜNDEN: [1] I. Die Kl. begehrt von der Bekl. die Räumung und Herausgabe einer Mietwohnung nebst Stellplatz. [2] Das AG hat die Klage abgewiesen. Hiergegen hat die Kl. durch eine von ihr zur Prozessbevollmächtigten bestellte Rechtsanwaltsgesellschaft, eine Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung, frist- und formgerecht Berufung eingelegt. Innerhalb der Berufungsbegründungsfrist ging bei dem Berufungsgericht eine über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) der prozessbevollmächtigten Rechtsanwaltsgesellschaft (im Folgenden: Gesellschaftspostfach) übermittelte Berufungsbegründung ein. Diese schloss mit dem Namenszug eines Rechtsanwalts, der vertretungsberechtigter Partner der prozessbevollmächtigten Rechtsanwaltsgesellschaft ist. [3] In dem Prüfvermerk betreffend die Nachricht, mit der die Berufungsbegründung übermittelt wurde, wird bestätigt, dass die Nachricht auf einem sicheren Übermittlungsweg aus einem besonderen elektronischen Postfach übermittelt wurde. Als Absender ist die Rechtsanwaltsgesellschaft benannt. Zudem wurde ein vertrauenswürdiger Herkunftsnachweis (im Folgenden auch: VHN) erstellt. Aus allgemeinen technischen Gründen ist weder aus dem Prüfvermerk noch aus dem VHN ersichtlich, welche natürliche Person die Übermittlung mittels des Gesellschaftspostfachs vorgenommen hat. [4] Nach einem Hinweis des Berufungsgerichts auf Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Berufung im Hinblick darauf, dass zwischen dem Absender der Nachricht (Rechtsanwaltsgesellschaft) und der signierenden Person (Rechtsanwalt) keine Identität bestehe, hat die Kl. mit von dem Berufungsgericht in Bezug genommenem Schriftsatz v. 17.3.2025 vorgetragen, der – für die prozessbevollmächtigte Rechtsanwaltsgesellschaft vertretungsberechtigte – Rechtsanwalt, der die Berufungsbegründung (einfach) signiert habe, habe deren Versand über seine Zugangsberechtigung aus dem Gesellschaftspostfach veranlasst, was sich aus dem beigefügten Nachrichtenjournal ergebe. [5] Das LG hat die Berufung als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es – soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Interesse – im Wesentlichen ausgeführt: [6] Die Berufung sei unzulässig, da sie nicht formgerecht begründet worden sei. Denn sie sei nicht in elektronischer Form mit qualifizierter Signatur oder mit einfacher Signatur auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht worden. Letzteres scheitere daran, dass laut Prüfvermerk der Absender der Berufungsbegründungsschrift nicht der in dem Schriftsatz genannte Rechtsanwalt, sondern die Rechtsanwaltsgesellschaft sei. Die Identität zwischen der einfach signierenden Person und dem Absender der Nachricht sei jedoch erforderlich. Die einfache Signatur solle – wie die eigene Unterschrift oder die qualifizierte elektronische Signatur – die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Verfahrenshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen. Es müsse deshalb sichergestellt sein, dass die von dem Übermittlungsweg ausgewiesene Person mit der Person identisch sei, welche mit der wiedergegebenen Unterschrift die inhaltliche Verantwortung für das Dokument übernehme. Der sichere Übermittlungsweg gewährleiste die Identität des Absenders nur dann, wenn die verantwortende Person, also der Rechtsanwalt als Inhaber des beA, den Versand selbst vornehme. Da vorliegend die Kanzlei als Absender genannt sei und ein konkreter Rechtsanwalt als Absender nicht ermittelt werden könne, fehle es an dieser Voraussetzung. [7] Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde der Kl. [8] II. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. [9] 1. Die nach §§ 574 I 1 Nr. 1, 522 I 4 ZPO statthafte und auch den Form- und Fristerfordernissen genügende Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 II Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Die angefochtene Entscheidung verletzt – wie die Rechtsbeschwerde zu Recht geltend macht – in entscheidungserheblicher Weise das Verfahrensgrundrecht der Kl. auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 I GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip). Danach darf einer Partei der Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (st.Rspr.; vgl. BVerfGE 74, 228, 234; BVerfG, NZA 2016, 122 Rn. 10; BGH, Beschl. v. 16.1.2024 – VI ZB 45/23, NJW-RR 2024, 474 Rn. 6; v. 7.3.2023 – VI ZB 74/22, NJW 2023, 2280 Rn. 6; v. 13.12.2022 – VIII ZB 43/22, WuM 2023, 224 Rn. 9; v. 12.7.2016 – VIII ZB 55/15, WuM 2016,632 Rn. 1; jeweils m.w.N.). Nach dieser Maßgabe hat das Berufungsgericht der Kl. den Zugang zu der Berufungsinstanz unzulässig verwehrt, indem es ihre Berufung mit der Begründung verworfen hat, es fehle an einer ordnungsgemäßen Berufungsbegründung, weil diese nicht von dem Rechtsanwalt über das besondere elektronische Anwaltspostfach versandt worden sei, der sie einfach signiert habe. [10] Darüber hinaus hat das Berufungsgericht – wie die Rechtsbeschwerde ebenfalls zutreffend geltend macht – den Anspruch der Kl. auf rechtliches Gehör (Art. 103 I GG) dadurch verletzt, dass es deren Vortrag zur Einhaltung der vom Gesetzgeber für eine wirksame ÜbermittELEKTRONISCHER RECHTSVERKEHR BRAK-MITTEILUNGEN 6/2025 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 466
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