BRAK-Mitteilungen 6/2025

Ehemann aus und berichtete ihr schließlich, dass ihr Ehemann „eine Gesamtlösung“ wolle und ein von der Zeugin angestrebter Termin zur Abholung der Gegenstände nicht stattfinde. Eine Einigung kam nicht zustande. Im späteren Scheidungsverfahren zeigte der Angeklagte im Januar 2021 gegenüber dem AG Wolfsburg an, dass er die rechtlichen Interessen des Zeugen P. vertrete, versicherte seine anwaltliche Bevollmächtigung und beantragte Akteneinsicht. Nach einer Rüge durch die Rechtsanwaltskammer legte er sein Mandat nieder. b) Das LG hat es zu Recht als pflichtwidrig i.S.d. § 356 pflichtwidrig i.S.d. § 356 StGB StGB gewertet, dass der Angeklagte nach dem Scheitern der Mediation den Ehemann der Zeugin P. anwaltlich vertreten hat. Diese Bewertung entspricht der ausdrücklichen Tätigkeitsbeschränkung aus § 3 II 2 MediationsG, der bereits vor Inkrafttreten des Mediationsgesetzes ergangenen Rechtsprechung und der ganz überwiegenden straf- und berufsrechtlichen Literatur (OLG Karlsruhe, Urt. v. 26.4.2001 – 2 U 1/00 Rn.2; OLG Karlsruhe, Urt. v. 19.9.2002 – 3 Ss 143/01 Rn. 19 [mit Abgrenzung zur erfolgreichen einvernehmlichen Scheidung]; Wolter/Hoyer, SK-StGB-Kommentar, 10. Aufl. 2023, § 356 StGB Rn. 40; BeckOK StGB/Heuchemer/von Heintschel-Heinegg, 66. Ed. 1.8.2025, StGB § 356 Rn. 30; Lackner/Kühl/Heger/Heger, 30. Aufl. 2023, StGB § 356 Rn. 7a; MüKoStGB/Schreiner, 4. Aufl. 2022, StGB § 356 Rn. 69; Gillmeister, in Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Aufl., § 356 StGB Rn. 36; TK-StGB/Weißer/Bosch, 31. Aufl. 2025, StGB § 356 Rn. 22; Matt/Renzikowski/Matt, 2. Aufl. 2020, StGB § 356 Rn. 36; Weyland/Bauckmann, 11. Aufl. 2024, BRAO § 43a Rn. 70; BeckRA-HdB/Hamm, 12. Aufl. 2022, § 53 Rn. 47; Henssler/Prütting/Henssler, 6. Aufl. 2024, BRAO § 43a Rn. 251). Der Senat schließt sich dem an und teilt die Auffassung der Gesetzesbegründung zu § 3 MediationsG, dass es dem Gebot der Unabhängigkeit und Neutralität in besonderem Maße widerspricht, wenn eine Mediatorin bzw. ein Mediator vor, während oder nach einer Mediation in derselben Sache für eine Partei tätig wird (BT-Drs. 17/ 5335, 16). c) Auch im Übrigen tragen die Feststellungen des LG zum objektiven Tatbestand die Verurteilung wegen Parteiverrats gem. § 356 I StGB. Das LG ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Ananwaltliche Tätigkeit geklagte für die Zeugin P. anwaltlich tätig geworden ist. Denn die Tätigkeit als Mediator ist, wenn sie von einem Rechtsanwalt vorgenommen wird, als Teilbereich der anwaltlichen Berufstätigkeit anzusehen; schlichten und vermitteln gehört seit jeher zum klassischen Aufgabenbereich des Rechtsanwalts (BGH, Beschl. v. 1.7.2002 – AnwZ (B) 52/01 m.w.N.). § 18 BORA gibt diese klarstellend wieder (Henssler/Prütting/Busse, 6. Aufl. 2024, BORA § 18 Rn. 20; Kleine-Cosack/Kleine-Cosack, 9. Aufl. 2022, BORA § 18 Rn. 1). Entgegen der Revisionsbegründung stehen § 2 III RDG und § 45 BRAO dem nicht entgegen. Sie betreffen Fragen der nicht-anwaltlichen Mediation, die hier nicht in Rede steht. Aufgrund der Feststellungen hat das LG ebenfalls zu Recht angenommen, dass die Zeugin P. dem Angeklagten in der Auseinandersetzung mit ihrem Ehemann die Vertretung ihrer Interessen anvertraut hat. Denn dem Tatbestand des § 356 StGB unterfällt es auch, wenn dem Rechtsanwalt das Interesse an einer einvernehmlichen Lösung des Konflikts anvertraut wird (vgl. Lackner/Kühl/Heger/Heger, 30. Aufl. 2023, StGB § 356 Rn. 7a; Gillmeister, in Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Aufl., § 356 StGB Rn. 36). Die Kammer hat hierzu rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Angeklagte es übernommen hat, sowohl für sie als auch für ihren Ehemann tätig zu werden, um ihre gegensätzlichen Interessen „zu koordinieren“ und zwischen ihren widerstreitenden Interessen zu vermitteln. Aus den Urteilsfeststellungen ergibt sich ferner, dass die Zeugin den Angeklagten zumindest faktisch mit der Vermittlung betraut hat, was für die Tatbestandserfüllung ausreicht (Wolter/Hoyer, SK-StGB-Kommentar, 10. Aufl. 2023, § 356 StGB Rn. 15; TK-StGB/Weißer/Bosch, 31. Aufl. 2025, StGB § 356 Rn. 8; OLG Köln, Beschl. v. 11.3.2002 – 2 Ws 146/02, StraFo 2002, 205 [OLG Jena 4.7.2001 – 1 Ss 157/01]). Dass der ursprüngliche Auftrag an den Angeklagten den Feststellungen zufolge vom Ehemann und nicht von der Zeugin P. selbst erteilt worden ist, ist dabei unerheblich (BGH, Urt. v. 6.10.1964 – 1 StR 226/64, BGHSt 20, 41-44, Rn. 3; OLG Zweibrücken, Urt. v. 27.5.1994 – 1 Ss 12/94). Auf das – teilweise ohnehin urteilsfremde – Revisionsvorbringen zu einem persönlichen Verhältnis des Angeklagten zum Ehemann kommt es ebenfalls nicht an, weil dies die anwaltlichen Pflichten des Angeklagten im Verhältnis zur Zeugin P. nicht berührt. Soweit die Revision darauf abstellt, dass der Angeklagte nach der Formulierung des LG lediglich einen Mediationsversuch unternommen habe, ist damit ersichtlich der Versuch einer Einigung gemeint und nicht der Versuch, die Vermittlungen überhaupt zu beginnen. Die Feststellungen belegen, dass der Angeklagte nach dem langen Gespräch mit der Zeugin P. tatsächlich Handlungen mit dem Ziel der Vermittlung entfaltet und Kontakt zu ihrem Ehemann aufgenommen hat. Er handelte demnach bereits in Ausführung seines Auftrages. Der Begriff der Mediation schließt derartige Einzelgespräche ein (vgl. Greger/Unberath/Steffek/Greger, 2. Aufl. 2016, MediationsG § 2 Rn. 156). Ebenfalls rechtsfehlerfrei ist die rechtliche Würdigung dieselbe Rechtssache des LG, dass die einseitige Tätigkeit des Angeklagten im Scheidungsverfahren dieselbe Rechtssache wie seine vermittelnde Tätigkeit für beide Ehegatten betraf. Das Vorliegen desselben BERUFSRECHTE UND PFLICHTEN BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 6/2025 461

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