BRAK-Mitteilungen 6/2025

DIE BRAK IN BRÜSSEL RECHTSANWÄLTIN ASTRID GAMISCH, LL.M., DR. NADJA WIETOSKA, ASS. JUR. FREDERIC BOOG, LL.M., UND ASS. JUR. SARAH PRATSCHER, BRAK, BRÜSSEL Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick über die Tätigkeit der BRAK auf europäischer Ebene im September und Oktober 2025. KONSULTATION ZUR VORRATSDATENSPEICHERUNG Die BRAK hat sich an der Konsultation der Europäischen Kommission zur Vorratsdatenspeicherung beteiligt und dabei schon auf die tendenziöse Gestaltung des Konsultationsbogens hingewiesen.1 1 BRAK-Stn.-Nr. 44/2025. Der Kommission zufolge hätten heute beinahe alle Straftaten eine digitale Komponente, mehr als 85 % der Ermittlungsverfahren benötigten Zugriff auf digitale Beweismittel. Hinzu kämen Unterschiede in den Regulierungsrahmen der Mitgliedstaaten, welche in mehreren Staaten agierende Diensteanbieter behinderten und eine effektive Bekämpfung von Straftaten erschwerten, deswegen müsse ein Harmonisierungsakt vorbereitet werden. Kritisiert wird jedoch bereits die Gestaltung des Fragebogens: So enthält er u.a. sehr weit gefasste Fragen in Verbindung mit beschränkten Antwortmöglichkeiten oder gar Ja/Nein-Antworten, was eine nuancierte Beantwortung unmöglich macht. Inhaltlich äußert die BRAK massive Bedenken. Von einer Regulierung potenziell betroffen wären nicht nur Kommunikationsmetadaten, sondern sekundär häufig auch die Korrespondenz der Anwaltschaft mit Mandantinnen und Mandanten, Gerichten, anderen Anwältinnen und Anwälten oder Ermittlungsbehörden. Ein Verbot von direkt gegen Anwältinnen und Anwälte gerichteten Maßnahmen oder eine nachträgliche Aussonderungspflicht anwaltlicher Daten wäre als Schutz nicht effektiv, denn um die Daten als anwaltlich zu identifizieren, muss bereits eine Auseinandersetzung damit stattgefunden haben. Eine Technologie, die von der Verschwiegenheit umfasste Daten von anderen unterscheiden kann, gibt es nicht. Dies könnte Bürgerinnen und Bürger davon abhalten, Rechtsrat oder anwaltliche Vertretung in Anspruch zu nehmen. Die Rückmeldungen zum Fragebogen sollen in ein Arbeitsdokument der Dienststellen der Kommission einfließen, auf dessen Grundlage ein Vorschlag für einen entsprechenden Harmonisierungsrechtsakt erarbeitet werden soll. ECBA-HERBSTKONFERENZ IN BELGRAD Am 19.-20.9.2025 fand die diesjährige Herbstkonferenz der European Criminal Bar Association (ECBA) in Belgrad statt.2 2 https://www.ecba.org/content/. Die BRAK ist kollektives Mitglied der ECBA, Expertinnen oder Mitglieder der Geschäftsführung nehmen daher stets an den Konferenzen teil. Im Fokus der Herbstkonferenz 2025 stand das Thema Niedergang der Rechtsstaatlichkeit und die Auswirkungen daraus auf die Strafverteidigung. Die zunehmende Gefährdung des Rechtsstaates ist auch ein Thema im Austragungsstaat der Konferenz – auch wenn nicht direkt Subjekt von Maßnahmen, sind serbische Anwältinnen und Anwälte im vergangenen Jahr in Streik getreten, um ein Zeichen gegen Handlungen ihrer Regierung zu setzen. Das erste Panel widmete sich dem Thema „Rule of Law“, moderiert vom ehemaligen Warschauer Baˆtonnier Mikolaj Pietrzak. Die Teilnehmenden diskutierten bedenkliche Entwicklungen in zahlreichen Staaten, die zunehmend zu einer Einschränkung der Vertraulichkeit oder des Zugangs der Anwaltschaft zur Mandantschaft, Akten und Gerichten führten. Vladimir Beljanski, Serbien, gab einen Überblick über die Entwicklungen im Gastland infolge des Einsturzes eines Teils des Bahnhofs in Novi Sad und der Regierungsmaßnahmen gegen die in der Folge Protestierenden, Ilene Jaroslaw berichtete über die Situation in den USA, Sylwia Gregorczyk aus Polen referierte zum Nachgang der dortigen Justizreform und Andra´s Ka´dar vom ungarischen Helsinki Committee nannte u.a. die Stimmungsmache gegen die Anwaltschaft seitens der ungarischen Regierung mit Blick auf den EGMR und entsprechende Schwierigkeiten, Richterinnen und Richter zu finden, welche bereit für eine Vorlage zu europäischen Gerichten wären, als Probleme. Im zweiten Panel „Procedural Safeguards”, moderiert vom britischen Strafverteidiger Alex Tinsley, diskutierten die Teilnehmenden den gegenwärtigen Stand des Unionsrechts und der Rechtsprechung des EGMR hinsichtlich der Verfahrensrechte verdächtiger und angeklagter Personen. Im Fokus standen dabei Herausforderungen der Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinien und der Einfluss dieses Acquis auf Europarechtsstaaten einschließlich der Balkanstaaten. Auch die künftige Ausrichtung der europäischen Politik, wie bspw. derzeit im EUHigh Level Forum für die Zukunft des europäischen Strafrechts, wurden diskutiert. Chryssa Mela von Fair Trials wies auf Defizite in der Umsetzung der bestehenden Richtlinien, bspw. mit Blick auf in absentia Verfahren hin, Laura Stelzer von der DG Just (Generaldirektion Justiz und Verbraucher) der Europäischen Kommission referierte u.a. zu Maßnahmen, welche die Kommission in solchen Fällen ergreift, darunter die Vertragsverletzungsverfahren aufgrund der fehlerhaften Umsetzung der Richtlinie über den Zugang zum Rechtsanwalt. Jugoslav Tintor beschrieb, wie die serbische Regierung als Teil des EU-Beitrittsprozesses die EU-Richtlinien als Leitlinien nutzt. Für die dritte Session konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zwischen den drei Themenblöcken Business AUS DER ARBEIT DER BRAK BRAK-MITTEILUNGEN 6/2025 AUS DER ARBEIT DER BRAK 450

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