BRAK-Mitteilungen 6/2025

Das sah der BGH anders. Dabei stellt der VII. Zivilsenat im ersten Schritt noch einmal9 9 S. dazu nur die zuletzt in Heft 5 der BRAK-Mitteilungen 2025 besprochenen Beschlüsse des OVG Berlin-Brandenburg (OVG 80 N1/25), BRAK-Mitt. 2025, 345 und OLG Düsseldorf (24 U 64/25), BRAK-Mitt. 2025, 345. klar, dass es eben nicht ausreicht, den Schriftsatz lediglich einfach zu signieren, wenn er anschließend nicht aus dem beA-Account des Unterzeichners selbst gesendet wird. Bei einfacher Signatur muss die den Schriftsatz verantwortende Person mit dem tatsächlichen Versender übereinstimmen, um den Formanforderungen zu genügen. Unabhängig von einem Verschulden des Prozessbevollmächtigten sei hingegen Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn das Gericht seine prozessualen Fürsorgepflichten verletzt habe. Der BGH geht davon vorliegend aus. Es gebe zwar keine generelle Verpflichtung, eingehende Schriftsätze sofort auf die Einhaltung der Formalien zu prüfen und auf die Behebung etwaiger Mängel hinzuwirken. Ein Blick auf den Transfervermerk einschließlich des darin enthaltenen „Vertrauenswürdigen Herkunftsnachweises“ sei aber einfach und wenig zeitaufwändig. Dazu gehöre auch die Prüfung, ob die Person, die das Dokument elektronisch signiert hat, mit derjenigen identisch ist, der der beA-Account zugeordnet ist. Dass dem nicht so war, habe hier auch die Geschäftsstellenbeamtin ohne weiteres erkennen können, was sich schon daraus ergebe, dass die Eingangsbestätigung an den unterzeichnenden Anwalt, nicht an den versendenden Anwalt gerichtet war. Der Senat meint, dass zumindest nach zehn bis zwölf Kalendertagen diese gebotene Prüfung zu erwarten sei; die hier erfolgte sehr frühe Berufungseinlegung „rettete“ also den Kläger bzw. seinen Bevollmächtigten. Es ist mithin sinnvoll, Berufung umgehend einzulegen, wenn die Mandantschaft hierfür grünes Licht gegeben hat. Je früher man sich mit dem Urteil inhaltlich auseinandersetzt und je früher dementsprechend auch die Beratung zu den Berufungsaussichten erfolgen kann, desto höher sind die Chancen, die Berufung noch so früh anzubringen, dass man zumindest auch das Gericht in die Pflicht nehmen kann, wenn solche und ähnliche Formfehler unterlaufen. (bc) KEIN VERTRAUEN AUF AUSKUNFT DER GESCHÄFTSSTELLE Eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist kann nicht durch eine Auskunft der Geschäftsstelle erfolgen. Eine Auskunft der Geschäftsstelle über den Zeitpunkt des Fristablaufs begründet auch kein schützenswertes Vertrauen des Anwalts; dies gilt erst recht, wenn die Auskunft offenkundig unrichtig ist und nicht mit der dem Anwalt bekannten Aktenlage im Einklang steht. (eigener Ls.) BGH, Beschl. v. 11.9.2025 – I ZB 29/25 Gegen ein am 25.10.2024 zugestelltes Urteil legte die Anwältin fristgerecht Berufung zum KG ein und beantragte zugleich, „die Frist zur Berufungsbegründung um 4 Wochen zu verlängern“. Daraufhin erging folgende Verfügung des KG: „Auf Antrag ... wird die Berufungsbegründungsfrist antragsgemäß verlängert um 4 Wochen. Eine über einen Monat hinausgehende Verlängerung kann nur mit Einwilligung des Gegners bewilligt werden (§ 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO).“ Die Berufungsbegründung ging am 27.1.2025 beim KG ein. Das KG wies darauf hin, dass die Berufungsbegründungsfrist bereits am 24.1.2025 abgelaufen sei. Daraufhin beantragte die Anwältin Wiedereinsetzung. Sie machte geltend, dass sie aufgrund der Verfügung des KG, in der einmal von vier Wochen und einmal von einem Monat die Rede gewesen sei, unsicher gewesen sei und deswegen die Geschäftsstelle des KG angerufen und nachgefragt habe, wann die Frist nun ablaufe. Die Mitarbeiterin der Geschäftsstelle habe ihr gesagt, dass die Frist bis zum 25.1. verlängert worden sei; da dies ein Samstag sei, laufe die Frist am 27.1.2025 ab. Daraufhin habe die Anwältin den Eintrag im Fristenkalender abgeändert. Das KG verweigerte Wiedereinsetzung und verwarf die Berufung als unzulässig. Der BGH verwarf die dagegen eingelegte Rechtsbeschwerde als unzulässig. Die Berufungsfrist sei („antragsgemäß“) „um vier Wochen“, also bis zum 24.1. verlängert worden. Der anschließende Hinweis auf die gesetzliche Regelung des § 520 II 3 ZPO könne die eindeutige Angabe zum Verlängerungszeitraum nicht in Frage stellen und sei nicht missverständlich. Eine Verlängerung bis zum 27.1. sei auch nicht durch die unterstellte telefonische Auskunft der Geschäftsstelle erfolgt. Die Geschäftsstelle sei nicht befugt Fristen zu verlängern; dies könne nur der Vorsitzende Richter. Die Frist sei also nicht gewahrt worden. Wiedereinsetzung sei nicht zu gewähren, weil die Fristversäumung von der Anwältin verschuldet worden sei. Die Auskunft der Geschäftsstelle habe keinen Vertrauenstatbestand begründet. Die Geschäftsstelle sei für die Auslegung von Verfügungen des Vorsitzenden Richters nicht zuständig. Zudem sei die Auskunft offenkundig unrichtig gewesen. Die Frist sei eindeutig (nur) um vier Wochen verlängert worden. Die Auskunft habe sich auch nicht auf einen gerichtsinternen Vorgang bezogen, den die Anwältin nicht selbst hätte aufklären können, sondern auf eine richterliche Verfügung, die der Anwältin ja vorlag. Auch wenn es schmerzt: Die Entscheidung ist völlig zutreffend und nachvollziehbar. Die Verfügung des Vorsitzenden war objektiv völlig eindeutig – und entsprach zudem dem von der Anwältin gestellten Antrag. (hg) FEHLENDE EINTRAGUNG DER BERUFUNGSBEGRÜNDUNGSFRIST DURCH ÜBERLASTETES PERSONAL Eine Rechtsanwältin kann zwar einzelne Aufgaben auf geeignetes Büropersonal übertragen. Sie muss jedoch sicherstellen, dass ihre Angestellten ihre Aufgaben auch dann zuverlässig erfüllen, wenn die BeJUNGK/CHAB/GRAMS, PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS – EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 6/2025 441

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