das darf nur der juristische Laie bzw. die nicht anwaltlich vertretene Partei. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte hingegen haben die Aufgabe, Fehlern der Gerichte entgegenzuwirken, wie der BGH in verschiedenen Zusammenhängen betont, so z.B. durch schriftsätzlichen Vortrag zu entgegenstehender höchstrichterlicher Rechtsprechung.7 7 BGH, NJW-RR 2017, 540. Bei Rechtsmittelbelehrungen könnte man auf die Idee kommen, dass ja ein Gericht seine eigene Rechtsmittelinstanz bestens kennen müsste – jedenfalls besser als Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die mit den verschiedensten Gerichten und Rechtsgebieten zu tun haben. Das sieht aber selbst das BVerfG anders: Zwar betont es das Grundrecht auf ein faires Verfahren; das geht jedoch nicht so weit, dass „blindes Vertrauen“ gerechtfertigt ist. Das BVerfG entschuldigt eine hieraus resultierende Fristversäumung nur, wenn ein „unvermeidbarer“, zumindest aber „nachvollziehbarer“ Rechtsirrtum erzeugt wird. Die Fehlerhaftigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung in dem Beschluss des Familiengerichts (Beschwerde mit einer Frist von einem Monat) habe auf der Hand gelegen, so dass es keiner näheren Rechtsprüfung bedurfte, um dies zu erkennen. Da Verfahrensgegenstand ausschließlich die Vollstreckung aus der ordnungsmittelbewehrten Umgangsvereinbarung war, sei erkennbar die sofortige Beschwerde nach § 87 IV FamFG, §§ 567 ff. ZPO mit einer Zwei-Wochen-Frist einschlägig gewesen. Der BGH meint – in ständiger Rechtsprechung –, dass die Unterteilung in Familienstreit- und Ehesachen einerseits und Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit andererseits ebenso zu den verfahrensrechtlichen Grundkenntnissen eines im Familienrecht tätigen Rechtsanwalts gehöre. Hieraus folge die Kenntnis der fristgebundenen Rechtsmittelbegründung. Das gelte im Übrigen auch unabhängig davon, ob es sich um einen Fachanwalt für Familienrecht handele. An dieser Stelle hätte man sich jedenfalls etwas mehr Differenzierung gewünscht, denn natürlich sind einem Rechtsanwalt, der nur gelegentlich in einem speziellen Rechtsgebiet tätig ist und sich – mandatsbezogen – ggf. die Rechtskenntnisse aneignen muss, die gesetzlichen Regelungen nicht unbedingt so geläufig, dass ein Fehler in der Rechtsmittelbelehrung „offensichtlich“ ist. Einen Seitenhieb auf das Ausgangsgericht verkneift sich der Senat, wie auch schon früher,8 8 BGH, NJW-RR 2018, 385. nicht: „Daran ändert auch der Umstand nichts, dass diese einfachen Anforderungen genügende Kenntnis des Verfahrensrechts selbstverständlich auch vom Familiengericht zu verlangen und der Fehler in der Rechtsbehelfsbelehrung daher nicht nachvollziehbar ist.“ Geholfen hat das dem Prozessbevollmächtigten aber nicht. (ju) FÜRSORGEPFLICHT DES GERICHTS BEI FORMFEHLERN 1. Ein elektronisches Dokument, das aus einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach versandt wird und nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist, ist nur dann auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht, wenn die das Dokument signierende und damit verantwortende Person mit der des tatsächlichen Versenders übereinstimmt (Anschluss an BGH, Beschl. v. 7.5.2024 – VI ZB 22/23, MDR 2024, 927; Beschl. v. 28.2.2024 – IX ZB 30/23, NJW 2024, 1660; Beschl. v. 7.9.2022 – XII ZB 215/22, NJW 2022, 3512). 2. Eine Partei darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass ihre Schriftsätze alsbald nach ihrem Eingang bei Gericht zur Kenntnis genommen werden und offensichtliche äußere formale Mängel dabei nicht unentdeckt bleiben. Unterbleibt ein gebotener Hinweis des Gerichts, ist der Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er bei ordnungsgemäßem Geschäftsgang so rechtzeitig hätte erfolgen müssen, dass es der Partei noch möglich gewesen wäre, die Frist zu wahren. Mit Blick auf den Transfervermerk einschließlich des darin enthaltenen „Vertrauenswürdigen Herkunftsnachweises“ besteht eine einfache und wenig Zeitaufwand erfordernde Möglichkeit zu prüfen, ob ein aus einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach versandter Schriftsatz einfach elektronisch signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg bei Gericht eingereicht wurde. Hierzu gehört für den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle auch die Prüfung, ob die Person, die das Dokument elektronisch signiert hat, mit derjenigen identisch ist, die Inhaberin des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs ist. BGH, Beschl. v. 20.8.2025 – VII ZB 16/24, BRAK-Mitt. 2025, 471 (in diesem Heft) Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hatte gegen das am 18.12.2023 zugestellte Urteil schon mit Schriftsatz v. 19.12.2023 Berufung eingelegt. Das Schreiben wurde durch RA M. lediglich einfach signiert und dann aus dem beA-Account von RA R., eines Kollegen aus derselben Kanzlei, ans Gericht geschickt. Am 20.12. 2023 erhielt RA M. von der Geschäftsstelle die Eingangsbestätigung nebst Aktenzeichen. Auf Antrag vom 13.2. wurde die Berufungsbegründungsfrist auf den 15.3.2023 verlängert. Erst danach kam durch Rüge des Beklagten auf, dass RA M. nur einfach signiert hatte, die Berufung aber nicht von ihm selbst abgeschickt wurde. Das Berufungsgericht sah keinen Grund, dem daraufhin erfolgten Wiedereinsetzungsantrag stattzugeben. Insbesondere habe keine Pflicht des Gerichts bestanden, die Formalien der Berufung zu prüfen und den Berufungsführer auf die nicht ausreichende Signatur hinzuweisen. BRAK-MITTEILUNGEN 6/2025 AUFSÄTZE 440
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