BRAK-Mitteilungen 6/2025

erscheint. Dies gelte grundsätzlich auch dann, wenn der Gläubiger ein konzernverbundenes Inkassounternehmen mit der Einziehung einer Forderung beauftragt.69 69 BGH, NJW 2025, 1812, 1821 Rn. 79. Die Vorinstanz70 70 OLG Hamburg, BeckRS 2023, 19701; s. hierzu die Besprechung von Skupin, RDi 2024, 97, 98. hatte einen ersatzfähigen Verzugsschaden nach §§ 249 ff. BGB sowie die Erstattungsfähigkeit der Kosten nach § 13e I RDG mit Blick auf § 2 III Nr. 6 RDG verneint. Auch wenn der Fall seinen Schwerpunkt im allgemeinen Schadensersatzrecht hat, hat der BGH wichtige Grundsätze zur Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten im Konzerninkasso nach § 2 III Nr. 6 RDG aufgestellt. Für Legal Tech-Unternehmen, die Verbrauchern Rechtsdurchsetzungsmodelle ohne Kostenrisiko anbieten, schafft das Urteil mehr Rechtssicherheit.71 71 Skupin, RDi 2025, 320. 2. LÖSCHUNG VON NEGATIVEN BEWERTUNGEN DURCH LEGAL TECH-UNTERNEHMEN Nachdem das OLG Hamburg bereits 202372 72 OLG Hamburg, GRUR-RS 2023, 34440; s. dazu bereits zustimmend Remmertz, BRAK-Mitt. 2024, 260, 262, Remmertz, GRUR-Prax 2024, 20; kritisch hingegen Skupin, RDi 2024, 325, 326. in einem Fall die Aufforderung zur Löschung von negativen Bewertungen im Netz durch ein Legal Tech-Unternehmen als unzulässige Rechtsdienstleistung qualifiziert hat, liegt mit dem Urteil des OLG Frankfurt a.M.73 73 OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 7.11.2024 – 6 U 90/24; s. dazu die zustimmende Besprechung von Remmertz, in RDi 2025, 531. eine weitere Entscheidung eines OLG zu diesem Thema vor, das ebenfalls einen Verstoß gegen das RDG angenommen hat. Anders als das OLG Hamburg hat das OLG Frankfurt a.M. jedoch maßgeblich auf die Bewerbung des Angebots abgestellt, die objektiv den Eindruck einer rechtlichen Prüfung im Einzelfall erweckt habe. Die Besonderheit des Falles bestand darin, dass das Unternehmen nach eigenen Angaben die negative Bewertung inhaltlich nicht überprüft, sondern im Auftrag von betroffenen Kunden lediglich standardisierte Schreiben an die Portalbetreiber verschickt und um Einleitung eines Prüfverfahrens gebeten hat. Dabei hat das Unternehmen standardmäßig darauf hingewiesen, dass es an einem geschäftlichen Kontakt zwischen Bewerter und Kunden fehle. Insoweit war aufgrund der Praxis zumindest fraglich, ob das Unternehmen eine Rechtsdienstleistung erbringt, da es – anders als im Fall des OLG Hamburg – an weiteren Inhalten (Verweis auf Rechtsprechung, Geltendmachung von Ansprüchen, Fristsetzung etc.) fehlte. Das Gericht hat die Praxis dahinstehen lassen und eine umfassende Würdigung der Werbeaussagen im Internetangebot vorgenommen. Hierbei hat das Gericht maßgeblich darauf abgestellt, dass in der Werbung nicht ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass die Bewertungen lediglich mit einem einfachen, stets gleichen Hinweis eines fehlenden geschäftlichen Kontakts beanstandet werden können. Zusammen mit weiteren Erfolgsversprechen und Werbeaussagen wurde dadurch nach Ansicht des Gerichts der irrige Eindruck erweckt, das Unternehmen nehme eine rechtliche Prüfung der Bewertung vor. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BGH74 74 BGH, NJW 2021, 3125, 3126 Rn. 16 – Vertragsgenerator. hat das OLG Frankfurt a.M. daher zu Recht einen RDG-Verstoß angenommen, wenn bereits die Werbung den Eindruck einer unzulässigen Rechtsdienstleistung erweckt. Auf die tatsächliche Praxis, die sich lediglich auf die Rüge fehlenden geschäftlichen Kontakts erschöpfte, kam es in der Entscheidung nicht mehr an. 3. RECHTSDIENSTLEISTUNGEN DURCH STEUERBERATER Mit Urteil v. 17.12.2024 hat das OLG Karlsruhe75 75 OLG Karlsruhe, Urt. v. 17.12.2024 – 14 U 74/24, GRUR-RR 2025, 132 = BRAKMitt. 2025, 401. Die Nichtzulassungsbeschwerde wird beim BGH unter dem Az. I ZR 12/25 geführt; s. auch die zustimmende Besprechung von Lampmann, GRURPrax 2025, 223 und Bösch, DStR 2025, 2038. einem Steuerberater untersagt, Mandanten über die zivilrechtlichen Folgen einer (etwaigen) Nichtigkeit eines Unternehmenskaufs nach § 1365 BGB zu beraten und für diese Ansprüche im Zusammenhang mit dem Unternehmenskauf geltend zu machen bzw. Gegenansprüche abzuwehren. Diese Rechtsdienstleistungen seien nicht mehr von § 5 RDG gedeckt, da sie profunde juristische Kenntnisse voraussetzen und erheblich über die berufstypische Qualifikation eines Steuerberaters hinausgehen. Zuvor hatte bereits derselbe Senat76 76 OLG Karlsruhe, Urt. 22.10.2024 – 14 U 194/23, NJW 2025, 1137 = BRAK-Mitt. 2025, 67. – ebenfalls auf Veranlassung der Rechtsanwaltskammer Freiburg – einem Steuerberater den Entwurf einer Trennungsfolgenvereinbarung für zwei Eheleute untersagt.77 77 S. dazu bereits Remmertz, BRAK-Mitt. 2024, 260, 265. Auch insoweit waren die Grenzen nach § 5 RDG überschritten. III. AUSBLICK Der weitere Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zur Reform des RDG bleibt abzuwarten und es wäre wünschenswert, wenn noch Regelungen zur Stärkung der Kohärenz aufgenommen werden. Zu hoffen bleibt auch, dass der Vorschlag für eine Erlaubnis der Rechtsberatung durch Rechtsschutzversicherungen, der geschlossen von der Anwaltschaft entschieden abgelehnt wird, aufgrund des eindeutig ablehnenden Votums durch die JuMiKo auf ihrer Herbsttagung 2025 endgültig nicht weiterverfolgt wird. Der Einsatz von KI, vor allem der sog. großen KISprachmodelle (LLMs) wird das RDG weiter auf die Probe stellen. Hierzu steht eine Gerichtsentscheidung noch aus. Der Einsatz dieser Modelle im Rechtsdienstleistungsmarkt wird voraussichtlich zunehmen, wenn AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 6/2025 435

RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0