BRAK-Mitteilungen 6/2025

anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen. Bei den aktuell laufenden Pilotprojekten des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) kann über eine Plattform eine digitale Klage erstellt und bei einem Amtsgericht auch digital eingereicht werden. Für die Prüfung der Erfolgsaussichten einer Fluggastentschädigung wird vom BMJV ein „Vorab-Check“-Tool angeboten.40 40 https://service.justiz.de/fluggastrechte; s- dazu auch Ultsch, BRAK-Mitt. 2025, 252, 257 – Fn. 63, der von einer Rechtsdienstleistung i.S.v. § 2 I RDG ausgeht. 3. NEUAUFLAGE ZUR LIBERALISIERUNG DES StBerG Im Sommer 2025 hat das Bundesministerium der Finanzen einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes vorgelegt.41 41 RefE eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes v. 7.8. 2025, abrufbar unter https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Geset zestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_IV/21_Legislaturper iode/2025-08-07-9-Gesetz-Aenderung-StBerG/0-Gesetz.html. Der Entwurf entspricht weitgehend dem Entwurf eines Gesetzes aus der vergangenen Legislaturperiode,42 42 Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung beschränkter und unentgeltlicher geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Recht der steuerberatenden Berufe, BT-Drs. 20/8669. der der Diskontinuität zum Opfer gefallen war.43 43 S. dazu bereits Remmertz, BRAK-Mitt. 2023, 287, 288. Neu hinzugekommen ist das Thema Fremdbesitz. Hierzu soll mit § 55a StBerG-E eine Gesetzeslücke geschlossen und ausdrücklich klargestellt werden, dass die Anforderungen, die an steuerberatende Berufsausübungsgesellschaften gestellt werden, auch von beteiligten anerkannten Wirtschaftsprüfungs- und Buchprüfungsgesellschaften eingehalten werden müssen.44 44 RefE, S. 99. Wie bei dem früheren Entwurf ist vorgesehen, das StBerG an einigen Stellen an die Systematik des RDG anzugleichen. So soll die Zulässigkeit von Steuerrechtsberatung als Nebenleistung nach dem Vorbild des § 5 RDG mit § 4e StBerG-E nachgebildet und die unentgeltliche Steuerrechtsberatung mit § 6 I Nr. 2 und § 6 II StBerG-E auf eine neue Grundlage gestellt und an die Vorschrift des § 6 RDG angeglichen werden. Mit dieser Liberalisierung wären künftig auch sog. Tax Law Clinics an oder im Umfeld von Hochschulen zulässig. Auch im Übrigen entsprechen die Änderungen weitgehend dem früheren Gesetzentwurf, so dass insoweit auf den Bericht dazu und die Kritik45 45 Remmertz, BRAK-Mitt. 2023, 287, 288. verwiesen werden kann. Die BRAK begrüßt die Regelungen zur Zulässigkeit der Tax Law Clinics.46 46 BRAK-Stn.-Nr. 43/2025. Der DAV hat in einer aktuellen Stellungnahme seine Forderung erneuert, die Rechtsdienstleistungsbefugnisse der Steuerberater nicht im StBerG, sondern im RDG zu regeln.47 47 S. DAV-Stellungnahme 64/2025 (Oktober 2025). 4. RECHTSBERATUNG DURCH RECHTSSCHUTZVERSICHERUNGEN Zum Ende des Berichtszeitraums wurde bekannt, dass sich das Bayerische Staatsministerium der Justiz für eine Ausweitung der Rechtsberatungsbefugnisse durch Rechtsschutzversicherungen eingesetzt hat.48 48 S. dazu BRAK, Nachr. aus Berlin 21/2025 v. 15.10.2025. Der entsprechende Beschlussvorschlag des Ministeriums über eine Änderung des RDG wurde allerdings auf der Herbstkonferenz der Justizministerinnen und Justizminister des Bundes und der Länder (JuMiKo) am 7.11.2025 mit eindeutiger Mehrheit abgelehnt und ist damit (zumindest vorerst) vom Tisch.49 49 S. dazu Nachr. aus Berlin 23/2025 v. 12.11.2025. Konkret ging es um eine Ausweitung der Möglichkeiten der außergerichtlichen Beratung und Vertretung von Versicherungsnehmern durch Rechtsschutzversicherungen. Zur Begründung wurde u.a. angeführt, der Versicherungsnehmer erwarte eine unkomplizierte und kostenschonende Rechtsberatung durch die Versicherung „aus einer Hand“. Auf diese Weise könne dem Bedürfnis der Verbraucher nach niedrigschwelliger Rechtsberatung Rechnung getragen werden. Mit dem Vorschlag sollte das BMJV gebeten werden, einen Gesetzentwurf für eine entsprechende Änderung des RDG zu erarbeiten.50 50 Der Beschlussvorschlag aus Bayern ist mit Begründung in der Presseerkl. der BRAK 10/2025 v. 6.11.2025 veröffentlicht. Hintergrund der Initiative sollen Erfahrungen der Rechtsschutzversicherungen mit anwaltlich betreuten Massenverfahren sein. Diese Massenverfahren stellen auch eine Belastung für die Justiz dar, so dass diese das Vorhaben unterstützen könnten. Die Forderung der Rechtsschutzversicherungen ist nicht neu, dürfte aber vermutlich durch die Erfahrungen mit Massenverfahren eine aktuelle Brisanz erfahren haben.51 51 Eder, in Halft/Steinbrecher, Die Zukunft der Rechtsberatung, 2025, Kap. 4.2 „Die Rechtsschutzversicherung auf dem Weg zum Rechtsdienstleister?“. Nach Informationen der BRAK sollen anwaltlich vertretene Mandanten von Rechtsschutzversicherungen Zahlungen angeboten worden sein, wenn sie von dem Mandat Abstand nehmen. Die BRAK hat dazu am 30.10.2025 eine Umfrage gestartet, um ermitteln zu können, wie verbreitet dieses Vorgehen ist.52 52 Die Umfrage wurde über das beA versandt und kann noch bis zum 5.1.2026 beantwortet werden. Sie dauert nur wenige Minuten; s. auch Nachr. aus Berlin 23/ 2025 v. 12.11.2025. Nachdem mit dem Urteil des EuGH53 53 EuGH, Urt. 19.12.2024 – C 295/23, BRAK-Mitt. 2025, 40 = NJW 2025, 425. den Rechtsschutzversicherern verbaut wurde, sich an Kanzleien als Gesellschafter zu beteiligen, versuchen sie offenbar nunmehr, über das RDG ihren Einfluss auszuüben. Eine solche Ausweitung ist entschieden abzulehnen.54 54 Die BRAK, mehrere Rechtsanwaltskammern und Anwaltsverbände haben in Stellungnahmen und Pressemitteilungen ihre entschiedene Ablehnung zum Ausdruck gebracht, s. dazu Presseerkl. der BRAK 10/2025 v. 6.11.2025. Demstehen im Wesentlichen die Vorschrift des § 4 RDG und der Grundsatz der freien Anwaltswahl nach § 3 III BRAO und § 127 VVG entgegen. Eine unabhängige Rechtsberatung und Vertretung ist nur durch die Anwaltschaft gewährleistet. Rechtsschutzversicherer verfolgen naturgemäß ihr eigenes wirtschaftliches Interesse, die Rechtsverfolgungskosten so gering wie möglich zu halten. Dies steht zurückgehend auf eine GrundsatzREMMERTZ, AKTUELLE ENTWICKLUNGEN IM RDG AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 6/2025 433

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