Eine feste Grenze in Höhe eines Vielfachen der gesetzlichen Gebühren, wie der BGH sie weiterhin annimmt, ist deshalb abzulehnen. 3. Der BGH hat die Anwendung der von ihm gezogenen Grenze in der neuen Entscheidung in vielerlei Hinsicht weiter konkretisiert. Zunächst weist der BGH auf die grundsätzliche Geltung der Vertragsautonomie der Parteien hin und stellt fest, dass eine Herabsetzung der Gebühren gem. § 3a III 1 RVG nur in Betracht kommen kann, wenn es unter Berücksichtigung aller Umstände unerträglich und mit den Grundsätzen des § 242 BGB unvereinbar wäre, den Mandanten an dem Honorarversprechen festzuhalten. Das kann auch schon der Fall sein, wenn die gesetzliche Höchstvergütung um weniger als das Fünffache überschritten wird. Dann liegt die Darlegungs- und Beweislast für alle diese die Herabsetzung der Gebühr sprechenden Umstände bei dem die Herabsetzung begehrenden Mandanten. Überschreitet das Zeithonorar aber die gesetzliche Höchstgebühr um das Fünffache, führt das zu einer Beweiserleichterung für den Mandanten in dem Sinne, dass nunmehr der Rechtsanwalt die tatsächliche Vermutung der Unangemessenheit widerlegen muss. Faktisch bedeutet das, dass der Rechtsanwalt die Angemessenheit beweisen muss. Im vorliegenden Fall hat der BGH den Rechtsstreit u.a. auch deshalb zurückverwiesen, weil das Berufungsgericht aufgrund der fehlerhaften Annahme einer Überschreitung der gesetzlichen Höchstgebühr um mehr als das Fünffache die Beweislastregel fehlerhaft angewendet hat, indem es die Darlegungslast für die Angemessenheit bei dem Rechtsanwalt angenommen hat, obwohl der Mandant die Unangemessenheit darzulegen und zu beweisen hatte. Ein weiterer Grund der Zurückverweisung liegt darin, dass das Berufungsgericht auch nicht ermittelt hatte, ob trotz des Nichterreichens des Sechsfachen der gesetzlichen Höchstgebühr ein Fall der Unangemessenheit vorgelegen hat. 4. Einen wesentlichen Teil der Entscheidung nimmt die Klärung der Frage ein, ob die Grenze des Sechsfachen der gesetzlichen Höchstgebühr sich nach dem gesamten Auftrag berechnet oder ob diese Grenze jeweils für die im Auftrag enthaltenen Angelegenheiten getrennt zu ermitteln ist. Grundsätzlich überlässt der BGH diese Entscheidung der Vertragsautonomie der Parteien. Es ist daher im Einzelfall immer der Wille der Parteien zu ermitteln. Im zu entscheidenden Fall hatten die Parteien im Vertrag keine ausdrückliche Regelung hierzu getroffen. Der Auftrag umfasste Tätigkeiten in mehreren getrennten Angelegenheiten, bei denen jeweils Rechtsstreitigkeiten mit verschiedenen Gegnern zu führen waren. Diese Rechtsstreitigkeiten waren in der Vergütungsvereinbarung jeweils gesondert bezeichnet worden. Bei einer Abrechnung nach gesetzlichen Gebühren wären diese Angelegenheiten gem. § 15 RVG gesondert abzurechnen gewesen. Der Rechtanwalt hatte seine Leistungszeiten auch nach den jeweiligen im Vertrag benannten Mandaten getrennt ermittelt und abgerechnet. Der BGH hat dies ausreichen lassen, um anzunehmen, dass die Parteien davon ausgegangen waren, dass es sich um gesondert abzurechnende Angelegenheiten handeln sollte. Bei dieser Sachlage fordert der BGH, dass die Frage, ob die gesetzlichen Höchstgebühren um mehr als das Fünffache überschritten werden, in jeder Angelegenheit gesondert geprüft werden muss. 5. Sodann befasst sich der BGH mit der Frage, wie eine Herabsetzung der Gebühr ggf. zu berechnen wäre. Die Parteien hatten hier mit der Vereinbarung eines Zeithonorars ein nicht zu beanstandendes Vergütungsmodell und einen nicht zu beanstandenden Stundensatz vereinbart. Das Berufungsgericht hatte – ausgehend von der Gesamt-Abrechnungssumme – die Vergütung auf einen Pauschalbetrag gekürzt. Diese Herabsetzung widerspricht nach der Ansicht des BGH dem von den Parteien gewählten Vergütungsmodell. Die Herabsetzung muss daher auf eine dem Vergütungsmodell folgende Weise durchgeführt werden – also etwa in Form einer Minderung des Stundensatzes oder der Stundenanzahl. 6. Der BGH weist in diesem Zusammenhang noch einmal darauf hin, dass vorgelagert zu prüfen ist, ob die abgerechneten Tätigkeiten tatsächlich erbracht und ordnungsgemäß abgerechnet sind. Die gesamte Darlegungs- und Beweislast hierfür liegt bei dem abrechnenden Rechtsanwalt. Dieser muss substantiiert über die geleisteten Stunden und ihre Inhalte Rechnung legen. Pauschale Angaben sind zur Belegung des geleisteten Aufwands nicht geeignet. Weiter müssen die nachgewiesenen Stunden in einem angemessenen Verhältnis zu Umfang und Schwierigkeit der Sache unter Berücksichtigung einer etwaigen Qualifikation des Rechtsanwalts (der Kl. des hiesigen Verfahrens warb mit einer Spezialisierung auf das Baurecht) stehen. Die Feststellungen zum Umfang der Tätigkeit und zur Angemessenheit obliegen in vollem Umfang dem Tatrichter, der sich mit den Darlegungen der Parteien hierzu auseinanderzusetzen hat. 7. Schließlich vertieft der BGH seine Rechtsprechung zu den Folgen einer intransparenten Zeithonorarvereinbarung (s. dazu BGH, Urt. v. 12.9.2024 – IX ZR 65/ 23 (BRAK-Mitt. 2024, 311 ff. mit Anm. Kunze–unddie Besprechung in BRAK-Mitt. 2025, 200 ff.). Auch im vorliegenden Fall war die Vergütungsvereinbarung trotz Intransparenz wirksam. Rechtsanwalt Dirk Hinne, Dortmund VERGÜTUNG BRAK-MITTEILUNGEN 5/2025 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 400
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