richt meint, der vom Kl. abgerechnete Zeitaufwand stehe außer Verhältnis zu Schwierigkeit, Dauer und Umfang des Mandats A. kann hieraus für die Mandate G., N., K., B. und Rechnungsumschreibung nichts gefolgert werden. [52] C. Da beide Revisionen begründet sind, ist das angefochtene Urteil aufzuheben (§ 562 I ZPO). Mangels Entscheidungsreife ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 I 1 ZPO). Dieses wird nach ggf. ergänzendem Sachvortrag der Parteien in eine erneute Prüfung der Unangemessenheit der vom Kl. geltend gemachten Vergütung einzutreten haben. [53] Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass die vereinbarte Vergütung für das Mandat A. und/oder das Mandat G. nach § 3a III 1 RVG unangemessen hoch ist, wird es die Vergütung unter Wahrung des von den Parteien vereinbarten Vergütungsmodells auf den angemessenen Betrag herabzusetzen haben. Dazu wird es eine überschlägige Schätzung anzustellen haben, welcher Zeitaufwand für die Bearbeitung jeweils verhältnismäßig erscheint (vgl. BGH, Urt. v. 4.2. 2010 – IX ZR 18/09, BGHZ 184, 209 Rn. 85). Dabei geht es nicht darum, dem Rechtsanwalt eine bindende Bearbeitungszeit vorzugeben, die er zur Vermeidung von Honorarnachteilen nicht überschreiten darf. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich vielmehr darauf, Vorsorge gegen eine unverhältnismäßige Aufblähung der Arbeitszeit durch den Rechtsanwalt zu Lasten des Mandanten zu treffen (BGH, Urt. v. 4.2.2010, a.a.O.; v. 21.10.2010 – IX ZR 37/10, NJW 2011, 63 Rn. 22). Das Berufungsgericht wird unter Berücksichtigung dieses Maßstabs einen bestimmten Zeitaufwand festzulegen haben, aus dem sich sodann i.V.m. dem vereinbarten und vom Berufungsgericht für angemessen erachteten Stundensatz von 250 Euro das angemessene Honorar i.S.d. § 3a III 1 RVG ergibt. ANMERKUNG: Zeithonorare – wieder in Gefahr? Viele Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte und ihre Mandantschaft sehen in Zeithonorarvereinbarungen eine gerechte Abrechnungsmöglichkeit neben den gesetzlichen Gebühren. Nach der Entscheidung des EuGH v. 12.1.2023 – C-395/21 (BRAK-Mitt. 2023, 173 ff. mit Anm. Kunze) – hatten viele Zweifel, ob diese beliebte Abrechnungsmethode noch Zukunft hat. Erfreulicherweise hat der BGH mit dem Urteil v. 12.9. 2024 – IX ZR 65/23 (BRAK-Mitt. 2024, 311 ff. mit Anm. Kunze) – viele Bedenken gegen die Zeithonorarvereinbarungen ausgeräumt (wir berichteten zuletzt in BRAK-Mitt. 2025, 200 ff.). Mit seinem neueren Urteil v. 8.5.2025 – IX ZR 90/23 (BRAK-Mitt. 2025, 391 – in diesem Heft) – sät der BGH wieder Zweifel an der Praktikabilität des Zeithonorars. Die Zweifel ergeben sich daraus, dass der BGH die Abrechnung eines Zeithonorars in Höhe von mehr als dem sechsfachen der gesetzlichen Vergütung auch in Zivilsachen als indiziell unangemessen ansieht. Tatsächlich bringt das Urteil daneben aber in vielen Fragen auch Klarheit. Der Fall Ein Bauherr beauftragte einen als Spezialist im Baurecht firmierenden Rechtsanwalt mit der Verfolgung seiner Interessen im Zusammenhang mit dem Bau seines Einfamilienhauses. Die Parteien des Anwaltsvertrags vereinbarten ein Zeithonorar von 250 Euro netto je Stunde. Der Auftrag umfasste mehrere Angelegenheiten. Der Rechtsanwalt rechnete alle Angelegenheiten nach der Stundensatzvereinbarung ab. Insgesamt ergab sich ein Honorarvolumen von über 130.000 Euro. Das Berufungsgericht hatte zunächst festgestellt, dass die Summe der gesetzlichen Gebühren knapp 25.000 Euro betrug. Unter Berufung auf die Entscheidung des BGH v. 27.1.2005 – IX ZR 273/02 (BRAKMitt. 2005, 244 Ls.) – reduzierte das Berufungsgericht die Gesamthonorarforderung auf 100.000 Euro. Die Entscheidung Der BGH hat das Verfahren zur weiteren Klärung des Sachverhalts zurückverwiesen. 1. Zunächst einmal stellt der BGH einen verbreiteten Rechenirrtum klar. Eine Überschreitung des gesetzlichen Gebührenrahmens um das Fünffache bedeutet, dass erst das Sechsfache der gesetzlichen Höchstgebühr Anlass zur Prüfung der Angemessenheit geben kann. Nach der Berechnung des Berufungsgerichts wäre das Sechsfache der gesetzlichen Höchstgebühr erst bei rund 150.000 Euro erreicht worden. 2. Der BGH hat die Anwendung der Grenze der fünffachen Überschreitung erneut bestätigt. Diese Grenze hat der BGH erstmals mit der Entscheidung v. 27.1. 2005 – IX ZR 273/02 (BRAK-Mitt. 2005, 244 Ls.) – eingeführt. Seinerzeit ging es um die Vergütung in einer Strafsache. Der BGH hatte ausgeführt, dass die gesetzlichen Gebühren die Vermutung der Angemessenheit in sich tragen. Hieran gab es stets berechtigte Kritik. Die gesetzliche Höchstgebühr für die Tätigkeit im Ermittlungsverfahren beträgt 348 Euro; sie gilt ausnahmslos für alle Verfahren. Die Grenze der Überschreitung um das Fünffache liegt bei 2.088 Euro. Bei Ansatz eines Stundensatzes von 250 Euro wäre die Grenze nach acht Stunden Tätigkeit erreicht. Es ist offensichtlich, dass bei einigermaßen umfangreichen Verfahren diese Grenze nicht selten, sondern regelmäßig überschritten werdenwird. Der BGH hat in der aktuellen Entscheidung festgestellt, dass die Grenze der Überschreitung um das Fünffache auch bei Zivilsachen Geltung haben soll. Hier kann von einer Vermutung der Angemessenheit der gesetzlichen Gebühr erst recht nicht die Rede sein. Vielmehr hat der Gesetzgeber die Vergütung ja gerade von den üblichen Marktkriterien abgekoppelt und sie an den Streitwert gebunden. Nahezu alle gesetzlichen Gebühren bei Streitwerten unterhalb des Regelstreitwertes sind unangemessen niedrig, was durch die Gebühren bei höheren Streitwerten ausgeglichen wird. Bei einem auf Quersubventionierung angelegten Regelwerk können Gebühren nicht grundsätzlich die Vermutung der Angemessenheit in sich tragen. VERGÜTUNG BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 5/2025 399
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