BRAK-Mitteilungen 5/2025

[21] b) Der Wortlaut des § 3a III 1 RVG unterscheidet für die Beurteilung, ob eine vereinbarte Vergütung unangemessen hoch ist, nicht danach, ob die Vergütungsvereinbarung lediglich für eine bestimmte anwaltliche Tätigkeit, für mehrere gleichzeitig oder nacheinander beauftragte unterschiedliche Tätigkeiten oder ein Dauermandat getroffen wurde. Richtigerweise ist für § 3a III 1 RVG an die zwischen den Beteiligten getroffene Vereinbarung anzuknüpfen. Die Vergütungsvereinbarung bestimmt, auf welche Tätigkeiten und welche Angelegenheiten die Prüfung der unangemessenen Höhe der Vergütung zu beziehen ist, weil es für die Unangemessenheit der vereinbarten Vergütung darauf ankommt, ob es unter Berücksichtigung aller Umstände unerträglich und mit den Grundsätzen des § 242 BGB unvereinbar wäre, den Mandanten an seinem Honorarversprechen festzuhalten (vgl. BGH, Urt. v. 10.11.2016 – IX ZR 119/14, ZIP 2016, 2479 Rn. 28 m.w.N.). [22] Nach der Vereinbarung der Parteien richtet sich, Anknüfung an Vergütungsvereinbarung ob von einer einheitlichen Vergütungsvereinbarung erfasste anwaltliche Tätigkeiten, die jeweils den Gegenstand eines selbstständigen Anwaltsdienstvertrags bilden können, für die Prüfung der Angemessenheit der Vergütung getrennt von anderen nach der Vergütungsvereinbarung erfassten Aufträgen zu betrachten sind. Wurde der Rechtsanwalt mit anwaltlichen Tätigkeiten betraut, die üblicherweise den Gegenstand eines selbstständigen Anwaltsdienstvertrags bilden, ist grundsätzlich auf die hierfür ausgeübten Tätigkeiten, den darauf entfallenden Teil der Vergütung nach der Vergütungsvereinbarung sowie die hierfür fiktiv anfallenden gesetzlichen Gebühren abzustellen. Dies umfasst sämtliche in diesem Rahmen beauftragten Angelegenheiten. Anders ist dies nur dann, wenn nach der Vergütungsvereinbarung keine Zuordnung bestimmter Teile der verdienten Vergütung zu den jeweiligen getrennt zu betrachtenden Aufträgen möglich oder vorgesehen ist, wie etwa bei einem Pauschalhonorar (vgl. BGH, Urt. v. 10.11.2016 – IX ZR 119/14, ZIP 2016, 2479 Rn. 2, 30). Eine Gesamtbetrachtung sämtlicher von der Vergütungsvereinbarung erfassten Tätigkeiten kommt zudem dann in Betracht, wenn dem Rechtsanwalt ein Dauermandat erteilt worden ist. [23] Ob in diesem Sinn getrennt zu betrachtende Tätigkeiten vorliegen oder alle von der Vergütungsvereinbarung erfassten Tätigkeiten in eine Gesamtbetrachtung einzubeziehen sind, entscheidet der Wille der Beteiligten. Fehlt es an ausdrücklichen Vertragsbestimmungen, kann dieser sich aus dem dem anderen Teil erkennbaren Parteiverhalten ergeben. Selbst eine umfassende Vergütungsvereinbarung, die für sämtliche dem Rechtsanwalt erteilten Aufträge gelten soll, lässt für sich allein genommen keinen zwingenden Schluss darauf zu, dass die Parteien eine Gesamtbetrachtung aller von der Vergütungsvereinbarung erfassten Tätigkeiten beabsichtigten oder vom Vorliegen eines Dauermandats auszugehen ist. Ein Dauermandat wird dagegen insb. in Betracht kommen, wenn sich der Rechtsanwalt zur regelmäßigen Erbringung von Dienstleistungen verpflichtet, also z.B. vereinbart wird, dass er gegen ein bestimmtes Honorar sämtliche anfallenden Tätigkeiten übernimmt. [24] c) Das Berufungsurteil hat diese Auslegung rechtsfehlerhaft nicht vorgenommen. Es hat allein auf den Umstand abgestellt, dass die Parteien unter Nennung des Bauvorhabens des Bekl. und seiner Ehefrau eine einzige einheitliche Vergütungsvereinbarung getroffen haben und sämtliche dem Kl. aufgetragenen Tätigkeiten mit dem Bauvorhaben des Bekl. und seiner Ehefrau in Zusammenhang standen. Nicht in den Blick genommen hat es die Vorstellung der Parteien davon, ob dem Kl. mehrere getrennt zu betrachtende und abzurechnende anwaltliche Tätigkeiten, die jeweils den Gegenstand eines selbstständigen Anwaltsdienstvertrags bilden können, übertragen wurden oder ob ihm ein Gesamtauftrag erteilt wurde, bei dem alle von ihm zu erbringenden anwaltlichen Tätigkeiten einer Gesamtbetrachtung unterliegen. [25] aa) Von vornherein rechtsfehlerhaft ist – auch bei fehlerhafter Vergleich einer Gesamtbetrachtung – der vom Berufungsgericht gewählte Weg, sämtliche nach der Gebührenvereinbarung berechneten Honoraransprüche mit den gesetzlichen Gebühren für nur einen Teil der Tätigkeiten zu vergleichen. Dies übergeht bereits, dass nicht für alle Tätigkeiten des Rechtsanwalts gesetzliche Gebührentatbestände bestehen (vgl. etwa § 34 RVG). Zudem vermengt diese Überlegung die Frage, ob hinreichende Tatsachen für eine Bemessung der gesetzlichen Gebühren vorgetragen sind, mit der Frage, ob der Rechtsanwalt die abgerechneten Tätigkeiten tatsächlich erbracht hat. Der Schluss, dass die Voraussetzungen für gesetzliche Gebühren für eine bestimmte Tätigkeit nicht festgestellt werden können, ist in der Regel erst dann zulässig, wenn ungeklärt bleibt, welche Tätigkeiten der Rechtsanwalt insoweit tatsächlich ausgeübt hat. [26] Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, der Kl. habe trotz eines gerichtlichen Hinweises nicht zu den fiktiven gesetzlichen Gebühren für die weiteren ihm übertragenen Tätigkeiten vorgetragen, hat es übersehen, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Unangemessenheit des vereinbarten Honorars zunächst den Mandanten trifft. Dies gilt auch für die Voraussetzungen der tatsächlichen Vermutung, so dass der Mandant darzulegen und zu beweisen hat, dass das vereinbarte Honorar die entsprechenden fiktiven gesetzlichen Gebühren um mehr als das Fünffache überschreitet. Nach allgemeinen Grundsätzen ist der Rechtsanwalt erst dann im Rahmen einer sekundären Darlegungslast zu ergänzendem Vortrag verpflichtet, wenn die nähere Darlegung dem Mandanten nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während der Rechtsanwalt alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen. Dass dem Bekl. eine Darlegung der gesetzlichen Gebühren für die weiteren vom Kl. übernommenen anwaltlichen Tätigkeiten betreffend die VERGÜTUNG BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 5/2025 395

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