BRAK-Mitteilungen 5/2025

Einhaltung der Tätigkeitsverbote verpflichtet, sie sind aber bewusst (vgl. BT-Drs. 19/27670, 176, 181) nicht zur Mitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer verpflichtet und damit auch nicht der Kammeraufsicht der Rechtsanwaltskammer unterworfen. [43] Der Gesetzgeber durfte unter Ausnutzung seines weiter Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers weiten Beurteilungsspielraums zu der Einschätzung gelangen, dass eine ausreichende Sicherung der anwaltlichen Grundpflichten nur besteht, wenn bei doppelstöckigen Berufsausübungsgesellschaften nicht nur die Berufsausübungsgesellschaft selbst, sondern auch die als Gesellschafterin fungierende Berufsausübungsgesellschaft den anwaltlichen Grundpflichten sowie der Kammeraufsicht unterliegt und damit die Möglichkeit eröffnet ist, auch dieser gegenüber Pflichtverstöße berufsrechtlich unmittelbar zu sanktionieren (vgl. BT-Drs. 19/27670, 185). Hierbei durfte der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung tragen, dass allein die rechtlichen und faktischen Strukturen bei einer mehrstöckigen Berufsausübungsgesellschaft, die trotz des Ziels einer gemeinsamen Berufsausübung eine enge persönliche Kooperation der letztlich handelnden Berufsträger nicht zwingend erfordern, zu spezifischen Gefährdungen der anwaltlichen Grundpflichten führen (vgl. BVerfGE 135, 90 Rn. 63 [zu Kapitalgesellschaften]). Auch ist die Überwachung der Einhaltung der Berufspflichten und die Sanktionierung etwaiger Verstöße bereits bei einer einstöckigen größeren Berufsausübungsgesellschaft mit arbeitsteiliger Arbeitsweise erschwert, was zur Einführung der Berufspflichten der Berufsausübungsgesellschaften in § 59e BRAO mit der entsprechenden Sanktionsmöglichkeit auf Grundlage einer Kammeraufsicht geführt hat (vgl. BT-Drs. 19/27670, 184 f.). Bei einer mehrstöckigen Gesellschaftsstruktur einer anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaft gilt dies erst recht. [44] (bb) Das Vorbringen der Kl., es bedürfe einer Aufsicht der Rechtsanwaltskammer über eine als Gesellschafterin an einer Berufsausübungsgesellschaft nach der Bundesrechtsanwaltschaft beteiligten Berufsausübungsgesellschaft nach dem Steuerberatungsgesetz nicht, weil diese der Aufsicht der Steuerberaterkammer unterliege und beide Berufsordnungen über nahezu identische Berufspflichten verfügten, vermag keine Überschreitung des gesetzgeberischen Einschätzungsspielraums zu begründen. Denn die sinngemäße Geltung der Berufspflichten nach dem Steuerberatungsgesetz für Steuerberatungsgesellschaften sowie deren Mitgliedschaft in der Steuerberaterkammer und die damit verbundene Kammeraufsicht durch die Steuerberaterkammer vermögen einen der angegriffenen gesetzlichen Regelung vergleichbaren Schutz der anwaltlichen Grundpflichten und damit der Sicherung der Rechtspflege nicht zu bewirken und somit die Erforderlichkeit der gesetzlichen Regelung nicht in Frage zu stellen. Zwar stimmen die Berufspflichten der BRAO und des Steuerberatungsgesetzes sowie die Aufsicht durch die jeweiligen Kammern und die insoweit möglichen Maßnahmen in weiten Teilen überein. So sieht auch § 52 StBerG die sinngemäße Geltung der berufsrechtlichen Grundpflichten im Bereich der Steuerberatung für Berufsausübungsgesellschaften nach dem Steuerberatungsgesetz vor, was ebenfalls eine Verschwiegenheitspflicht, Regeln zum Umgang mit widerstreitenden Interessen und ein Verbot, Verbindungen einzugehen, die mit dem Beruf des Steuerberaters oder mit dem Ansehen des Berufs nicht vereinbar sind, umfasst (§ 57 I, Ia bis Ic und II StBerG). Auch unterliegt eine nach § 53 StBerG anerkannte Berufsausübungsgesellschaft gem. § 53 III StBerG der Kammeraufsicht der Steuerberaterkammer und kann somit Adressat von Sanktionen nach dem Steuerberatungsgesetz sein, etwa einer Rüge nach § 81 StBerG oder einer berufsgerichtlichen Maßnahme nach § 89 III StBerG. Die jeweilige Verpflichtung der Berufsausübungsgesellschaft betreffen indes unterschiedliche Berufsfelder und -pflichten: Während die Vorgaben der BRAO sich auf anwaltliche Tätigkeiten beziehen und die sinngemäße Geltung der Berufspflichten für Berufsausübungsgesellschaften gem. § 59e III BRAO dementsprechend bei interprofessionellen Berufsausübungsgesellschaften insoweit gilt, als ein Bezug zur Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten besteht, unterliegt eine Berufsausübungsgesellschaft nach dem Steuerberatungsgesetz gem. § 52 III StBerG nur insoweit den in § 52 I StBerG genannten Grundpflichten des Steuerberatungsgesetzes, als ein Bezug zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen besteht. Dementsprechend überwacht die Rechtsanwaltskammer die Einhaltung der Vorgaben des anwaltlichen Berufsrechts (§ 73 II Nr. 4 BRAO) und beziehen sich Sanktionen nach der BRAO auf die Verletzung anwaltlicher Pflichten, während die Aufsicht und etwaige Aufsichtsmaßnahmen der Steuerberaterkammer der Einhaltung der Berufspflichten nach dem Steuerberatungsgesetz und der entsprechenden Berufsordnung dienen (§ 76 II Nr. 4 StBerG). [45] (cc) Im Rahmen seines weiten Ermessensspielraums war der Gesetzgeber aus Gründen der Erforderlichkeit auch nicht gehalten, zur Erreichung seines Ziels der Absicherung der anwaltlichen Berufspflichten auch bei mehrstöckigen anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften eine alternative Lösung zu wählen, etwa Steuerberatungsgesellschaften als Gesellschafter zuzulassen, sie aber als Gesellschafter den anwaltlichen Berufspflichten zu verpflichten und insoweit der Kammeraufsicht der Rechtsanwaltskammer zu unterstellen oder die Kammeraufsicht der Steuerberaterkammer auf diese anwaltlichen Berufspflichten auszudehnen. Denn eine von dem Gesetzgeber gewählte Lösung ist mit Blick auf eine alternative Lösungsmöglichkeit verfassungsrechtlich nur zu beanstanden, wenn die sachliche Gleichwertigkeit der Alternative in jeder Hinsicht eindeutig feststeht (vgl. BVerfGE 81, 70, 90 f.; Senat, Beschl. v. 11.11.2024 – AnwZ (Brfg) 35/23, NJW 2025, 660 Rn. 49, 56; jeweils m.w.N.). Dies ist nicht ersichtlich und hiervon musste der Gesetzgeber auch nicht ausgehen. SOZIETÄTSRECHT BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 5/2025 387

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