BRAK-Mitteilungen 5/2025

sungsvoraussetzung nicht als Berufsausübungsgesellschaft nach der BRAO zugelassen werden kann, weil eine ihrer Gesellschafterinnen eine Steuerberatungsgesellschaft ist. Zwar liegt insoweit ein Eingriff in die Berufsfreiheit der Kl. vor. Dieser ist jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt. [27] aa) Das Grundrecht der Berufsfreiheit wird durch Art. 12 I GG umfassend geschützt (vgl. nur BVerfGE 135, 90 Rn. 52 m.w.N.). Gemäß Art. 19 III GG gilt dieses Grundrecht auch für die Kl. als Gesellschaft mit beschränkter Haftung, da Art. 12 I GG seinem Wesen nach auf juristische Personen des Privatrechts anwendbar ist (vgl. nur BVerfGE 135, 90 Rn. 53; Senat, Urt. v. 20.3.2017 – AnwZ (Brfg) 33/16, BGHZ 214, 235 Rn. 47; jeweils m.w.N.). [28] bb) Die Nichtzulassung der Kl. als Berufsausübungsgesellschaft nach der BRAO und die der Nichtzulassung zugrundeliegende gesetzliche Vorschrift des § 59i I 1 BRAO greifen in die Berufsfreiheit der Kl. ein. Denn sie versagen ihr in der gegenwärtigen Organisationsform die Zulassung als Berufsausübungsgesellschaft nach der Bundesrechtsanwaltsordnung und beschränken damit ihre Möglichkeit, in ihrer derzeitigen Gesellschaftsstruktur berufliche Tätigkeiten als Gesellschaft auszuüben, die Rechtsanwälten vorbehalten sind (vgl. BVerfGE 135, 90 Rn. 55). Mangels Zulassungsfähigkeit ist es der Kl. mit der von ihr gewählten Gesellschafterstruktur somit insb. nicht möglich, als Berufsausübungsgesellschaft nach der Bundesrechtsanwaltsordnung selbst gem. § 59k BRAO Rechtsdienstleistungen i.S.d. § 2 RDG zu erbringen. [29] cc) Dieser Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt. [30] In das durch Art. 12 I GG garantierte einheitliche Grundrecht der Berufsfreiheit darf nur auf gesetzlicher Grundlage und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eingegriffen werden (vgl. nur BVerfGE 135, 90 Rn. 57; 141, 82 Rn. 47; jeweils m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. [31] Eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Versagung der Zulassung ist hier mit der in § 59i I 1 BRAO vorgenommenen Einschränkung des Kreises zulässiger Gesellschafter einer Berufsausübungsgesellschaft i.S.d. BRAO gegeben. Gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift, soweit sie in der vorliegenden Konstellation zur Ablehnung der Zulassung führt, bestehen keine Bedenken. Die hierdurch bewirkte Beeinträchtigung der Berufsausübungsfreiheit, hier in Gestalt der Versagung der Zulassung einer Steuerberatungsgesellschaft als Berufsausübungsgesellschaft nach der BRAO, wenn an ihr eine Steuerberatungsgesellschaft als Gesellschafterin beteiligt ist, ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Insbesondere ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt. [32] (1) An eine Einschränkung der Berufsausübung (Art. 12 I 2 GG) sind geringere Anforderungen zu stellen als an eine Einschränkung der Berufswahl. Es genügt zu deren Rechtfertigung, wenn die vom Gesetzgeber verfolgten Gemeinwohlziele auf vernünftigen Erwägungen beruhen und das gewählte Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist, der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit den Berufstätigen mithin nicht übermäßig oder unzumutbar trifft (vgl. BVerfGE 103, 1, 10; 141, 82 Rn. 52 ff.; Senat, Urt. v. 7.12.2020 – AnwZ (Brfg) 17/20, NJW 2021, 629 Rn. 30; v. 20.3.2017 – AnwZ (Brfg) 33/16, BGHZ 214, 235 Rn. 51; jeweils m.w.N.). [33] (2) Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen § 59f II Nr. 1 BRAO i.V.m. § 59i I 1 BRAO. [34] (a) Die Beschränkung der Zulassung doppelstöckizulässige Beschränkung ger anwaltlicher Berufsausübungsgesellschaften durch Einschränkung des Kreises der als Gesellschafter in Betracht kommenden Berufsausübungsgesellschaften auf nach der BRAO zugelassene beruht auf vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls. Zentrales Anliegen des Gesetzgebers war es, im Zuge der Ausweitung der Möglichkeiten für berufliche Zusammenschlüsse im Interesse des Erhalts einer funktionierenden Rechtspflege auch im Rahmen von Berufsausübungsgesellschaften die anwaltlichen Grundpflichten – die Pflicht zur Verschwiegenheit (§ 43a II BRAO), das Verbot, widerstreitende Interessen zu vertreten (§ 43a IV BRAO), und die Pflicht, keine die Unabhängigkeit gefährdenden Verbindungen einzugehen (§ 43a I BRAO) – abzusichern, was für das erforderliche Vertrauen im Mandatsverhältnis wesentlich sei (vgl. BT-Drs. 19/ 27670, 178). Dies sollte dadurch geschehen, dass die anwaltlichen Grundpflichten einerseits auch für nichtanwaltliche Berufsträger in der Berufsausübungsgesellschaft unmittelbar gelten und andererseits die Berufsausübungsgesellschaft selbst und die geschäftsführenden Organe Bezugssubjekte berufsrechtlicher Pflichten werden und insoweit unmittelbar der Kammeraufsicht unterstehen (vgl. BT-Drs. 19/27670, 178). Zusätzlich sollte durch die Beschränkung der Gesellschafterposition auf nach der BRAO zugelassene Berufsausübungsgesellschaften die Kontrolle der in §§ 59b ff. BRAO enthaltenen Vorgaben durch die Rechtsanwaltskammer sichergestellt werden (vgl. BT-Drs. 19/27670, 191). Mit Blick auf das übergeordnete Gemeinwohlziel einer funktionierenden Rechtspflege dient die von der Kl. angegriffene Beschränkung der Gesellschafterposition mithin einem legitimen Zweck (vgl. BVerfGE 141, 82 Rn. 52; BVerfGE 135, 90 Rn. 65). An der Vernünftigkeit der diesbezüglichen Erwägungen des Gesetzgebers besteht kein Zweifel. [35] (b) Die in § 59i I 1 BRAO vorgenommene Einschränkung der als Gesellschafter einer Berufsausübungsgesellschaft infrage kommenden Berufsausübungsgesellschaften ist zur Erreichung des vorgenannten Zwecks auch geeignet. Hierfür reicht es aus, wenn durch die Berufsausübungsregel der gewünschte Erfolg BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 5/2025 385

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