BRAK-Mitteilungen 5/2025

regelung der Berufsausübungsgesellschaften eine Öffnung für mehrstöckige Gesellschaften und eine Vereinheitlichung der berufsrechtlichen Vorgaben für diese bewirken sowie diese grundsätzlich zulassen wollte (vgl. BT-Drs. 19/27670, 190 f.), er ein kohärentes Gesellschaftsrecht für die anwaltlichen und steuerberatenden Berufe einführen und der Anwaltschaft, Patentanwaltschaft und den Steuerberaterinnen und Steuerberatern gesellschaftsrechtliche Organisationsfreiheit gewähren, weitgehend einheitliche und rechtsformneutrale Regelungen für alle anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften schaffen und die interprofessionelle Zusammenarbeit erleichtern wollte (vgl. BTDrs. 19/27670, 127). Denn dies bedeutet nicht, dass die entsprechenden Berufsrechte nach der Neufassung vollkommen identisch sein sollten. Vielmehr sollten nach dem Willen des Gesetzgebers erforderliche Abweichungen bestehen bleiben, soweit die rechtliche Stellung oder die tatsächliche Situation der Berufsgruppen sich voneinander unterscheiden (vgl. BT-Drs. 19/27670, 133). Einen solchen Unterschied hat der Gesetzgeber bezüglich der Frage, welche Gesellschaften sich an einer Berufsausübungsgesellschaft beteiligen können, gesehen und insoweit – wie ausgeführt – für die einzelnen Berufsgruppen bewusst unterschiedliche Regelungen getroffen. [22] (4) Der Verweis der Kl. darauf, dass die Einhaltung der anwaltlichen Grundpflichten in Berufsausübungsgesellschaften durch deren unmittelbare Geltung auch für andere Berufsträger gem. § 59d BRAO sowie die Berufsausübungsgesellschaft selbst gem. § 59e BRAO gesichert sei und der gesetzgeberische Zweck, die Berufspflichten durch eine Kammeraufsicht kontrollfähig zu halten, bei mehrstöckigen anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften auch bei Zulassung einer Steuerberatungsgesellschaft als Gesellschafterin nicht gefährdet sei, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Dies gilt schon deshalb, weil der Gesetzgeber bewusst und in Kenntnis der von ihm selbst durch die Regelungen in § 59d und § 59e BRAO geschaffenen Absicherung der anwaltlichen Berufspflichten in § 59i I 1 BRAO a.F. eine mehrstöckige Berufsausübungsgesellschaft nach der BRAO nur unter Beteiligung einer ebenfalls nach der BRAO zugelassenen und damit der Aufsicht der Rechtsanwaltskammer unterliegenden Berufsausübungsgesellschaft zugelassen hat. Eine erweiternde Auslegung dieser Norm im Hinblick auf die bestehende Absicherung der anwaltlichen Berufspflichten scheidet vor dem Hintergrund dieses eindeutigen gesetzgeberischen Willens aus. [23] (5) Auch der Regelung des § 59c I Nr. 4 BRAO, wo- § 59c I Nr. 4 BRAO nach die Verbindung von Rechtsanwälten und Berufsträgern freier Berufe zur gemeinschaftlichen Berufsausübung in einer Berufsausübungsgesellschaft grundsätzlich ermöglicht wird, ist – anders als die Kl. meint – nicht zu entnehmen, dass doppelstöckige Berufsausübungsgesellschaften unter Beteiligung einer nicht nach der BRAK zugelassenen Berufsausübungsgesellschaft zulässig wären. Diese Vorschrift bezweckt allein, die anwaltliche Berufsausübungsgesellschaft für weitere freie Berufe zu öffnen (vgl. BT-Drs. 19/27670, 177 ff.). Für die Frage, ob Berufsausübungsgesellschaften ihrerseits Gesellschafter einer Berufsausübungsgesellschaft nach der BRAO sein können, besagt diese Regelung nichts. Diese Thematik ist vielmehr in § 59i I 1 BRAO geregelt. [24] b) Auf Grundlage der seit 26.10.2024 geltenden § 59i I 1 BRAO neuen Fassung des § 59i I 1 BRAO, wonach „zugelassene Berufsausübungsgesellschaften nach diesem Gesetz“ Gesellschafter einer Berufsausübungsgesellschaft sein können, kommt die von der Kl. begehrte Zulassung als Berufsausübungsgesellschaft nach § 59f BRAO erst recht nicht in Betracht. Denn der Gesetzgeber hat mit der Einfügung „nach diesem Gesetz“ in § 59i I 1 BRAO durch Art. 2 Nr. 9 des Gesetzes zur Regelung hybrider und virtueller Versammlungen in der Bundesnotarordnung, der BRAO, der Patentanwaltsordnung und dem Steuerberatungsgesetz sowie zur Änderung weiterer Vorschriften v. 22.10.2024 (BGBl. I Nr. 320) ausdrücklich klargestellt, dass nur nach der BRAO zugelassene Berufsausübungsgesellschaften ihrerseits Gesellschafter einer Berufsausübungsgesellschaft nach der BRAO sein können (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 20/12144, 39). Nach dem Steuerberatungsgesetz anerkannte Berufsausübungsgesellschaften sind mithin auch weiterhin (erst recht) nicht unter § 59i I 1 BRAO zu fassen. Der Umstand, dass eine Gesellschafterin der Kl. eine Steuerberatungsgesellschaft ist, steht mithin auch nach neuem Recht der Zulassung der Kl. als Berufsausübungsgesellschaft nach § 59f BRAO entgegen. [25] c) Die von der Kl. erstrebte Zulassung als Berufsausübungsgesellschaft kann – entgegen ihrer Auffassung – auch nicht aus einer verfassungskonformen Auslegung des § 59i I 1 BRAO (sowohl alter als auch neuer Fassung) im Hinblick auf Art. 3 I und Art. 12 I GG hergeleitet werden. Dies gilt schon deshalb, weil die verfassungskonforme Auslegung nach der Rechtsprechung des BVerfG ihre Grenze dort findet, wo sie zum Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde (vgl. nur BVerfGE 138, 296 Rn. 132; Senatsurt. v. 20.3.2017 – AnwZ (Brfg) 33/16, BGHZ 214, 235 Rn. 44; jeweils m.w.N.). So liegt der Fall hier angesichts des – wie oben im Einzelnen ausgeführt – in § 59i I 1 BRAO (sowohl alter als auch neuer Fassung) klar erkennbar zum Ausdruck gekommenen objektivierten Willens des Gesetzgebers, nur eine Beteiligung von Berufsausübungsgesellschaften nach der BRAO zu ermöglichen. [26] d) Entgegen der Auffassung der Kl. verstößt es kein Verstoß gegen Art. 12GG auch nicht gegen Art. 12 I 1 GG, dass sie auf Grundlage der durch § 59f II Nr. 1 BRAO i.V.m. § 59i I 1 BRAO (sowohl alter als auch neuer Fassung) normierten ZulasSOZIETÄTSRECHT BRAK-MITTEILUNGEN 5/2025 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 384

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