BRAK-Mitteilungen 5/2025

schluss von Rechtsanwälten zur gemeinschaftlichen Berufsausübung mit anderen Personen grundsätzlich möglich sei bzw. nur im Ausnahmefall nicht erfolgen könne. Die Gesetzesbegründung zu § 59i BRAO lasse ebenfalls erkennen, dass mehrstöckige Rechtsanwaltsgesellschaften grundsätzlich zulässig sein sollten. Angesichts dieser gesetzgeberischen Intention stehe es der Zulassung der Kl. auch nicht entgegen, dass in § 59c I Nr. 1 BRAO nur von „Steuerberatern“ und nicht auch von „Mitgliedern der Steuerberaterkammer“ die Rede sei. Vielmehr handele es sich dabei um ein Redaktionsversehen. [5] Zudem sei die Regelung in § 59c I Nr. 1 BRAO verfassungswidrig. Der Gesetzgeber habe die Leitlinien des BVerfG zur interfreiberuflichen Zusammenarbeit nicht hinreichend beachtet. Die Regelung verstoße sowohl gegen Art. 12 I GG als auch gegen Art. 3 GG. Schließlich verstießen die Regelungen der BRAO, soweit sie dem Erwerb von Geschäftsanteilen an einer Rechtsanwaltsgesellschaft durch eine Steuerberatungsgesellschaft entgegenstünden, gegen die in Art. 63 I AEUV garantierte Kapitalverkehrsfreiheit sowie gegen Art. 15 II Buchst. c und III Buchst. c der Richtlinie 2006/123/ EG. [6] Die Kl. beantragt, unter Aufhebung des Urteils des 1. Senats des AGH des Landes Nordrhein-Westfalen v. 21.6.2024 die Bekl. unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids der Bekl. v. 15.2.2024 zu verpflichten, die Kl. als Berufsausübungsgesellschaft zuzulassen. [7] Die Bekl. beantragt, die Berufung der Kl. zurückzuweisen. [8] Sie hält die Berufung bereits für unzulässig, da das Verpflichtungsbegehren auf Grundlage der seit dem 26.10.2024 geltenden Fassung des § 59i I 1 BRAO keinerlei Erfolgsaussicht mehr habe und die Berufung deshalb wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses unzulässig sei. Inhaltlich verteidigt sie das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. [9] Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 112e S. 2 BRAO, §§ 125 I 1, 101 II VwGO) zugestimmt. AUS DEN GRÜNDEN: [10] I. Die Berufung der Kl. ist nach § 112e S. 1 BRAO statthaft und auch im Übrigen gem. § 112e S. 2 BRAO, § 124a II und III VwGO zulässig. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Der AGH hat die Klage zu Recht abgewiesen. [11] 1. Die Klage ist als Verpflichtungsklage statthaft (§ 112c I 1 BRAO i.V.m. § 42 I Fall 2 VwGO) und auch im Übrigen zulässig. Entgegen der Auffassung der Bekl. besteht auch nach der Neufassung des § 59i I 1 BRAO ein Rechtsschutzbedürfnis der Kl. im Hinblick darauf, dass sie weiterhin die Zulassung als Berufsausübungsgesellschaft nach der BRAO begehrt. Ob das geltend gemachte Verpflichtungsbegehren Erfolg hat, ist eine Frage der Begründetheit. [12] 2. Zutreffend hat der AGH die Klage jedoch für unbegründet gehalten. Die Ablehnung der Zulassung der Kl. als Berufsausübungsgesellschaft nach der BRAO ist rechtmäßig und verletzt die Kl. nicht in ihren Rechten (§ 112e S. 2 BRAO, §§ 125 I 1, 113 V 1 VwGO). Denn die Voraussetzungen für eine Zulassung der Kl. als Berufsausübungsgesellschaft nach § 59f I 1, II BRAO liegen nicht vor. [13] Gemäß § 59f II BRAO ist die Zulassung zu erteilen, §59 II BRAO wenn die Berufsausübungsgesellschaft, ihre Gesellschafter und die Mitglieder der Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane die Voraussetzungen der §§ 59b, 59c, des § 59d V, der §§ 59i und 59j BRAO erfüllen, sie sich nicht in Vermögensverfall befindet und der Abschluss der Berufshaftpflichtversicherung nachgewiesen ist oder eine vorläufige Deckungszusage vorliegt. Eine Berufsausübungsgesellschaft als Gesellschafterin der die Zulassung als (anwaltliche) Berufsausübungsgesellschaft begehrenden Gesellschaft muss hierbei u.a. die Voraussetzungen des § 59i I 1 BRAO erfüllen, mithin nach der bis zum 25.10. 2024 – und damit noch bei Erlass des erstinstanzlichen Urteils – geltenden Fassung dieser Vorschrift (im Folgenden a.F.) eine „zugelassene Berufsausübungsgesellschaft“ bzw. nach der seit dem 26.10.2024 geltenden Gesetzesfassung eine „zugelassene Berufsausübungsgesellschaft nach diesem Gesetz“ sein. Dies ist bei einer Steuerberatungsgesellschaft als Gesellschafterin nicht der Fall. Denn diese ist – wie der AGH zutreffend entschieden hat – keine „zugelassene Berufsausübungsgesellschaft“ i.S.v. § 59i I 1 BRAO a.F. Erst Recht ist sie keine „zugelassene Berufsausübungsgesellschaft nach diesem Gesetz“ i.S.v. § 59i I 1 BRAO in der aktuellen Fassung. Auf die Frage, ob für die Beurteilung des Zulassungsanspruchs auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Antragstellung oder diejenige im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen ist, kommt es mithin nicht an. [14] a) Zu Recht hat der AGH ausschließlich nach der nur nach der BRAO zugelassene BAG BRAO zugelassene Berufsausübungsgesellschaften als zugelassene Berufsausübungsgesellschaften i.S.v. § 59i I 1 BRAO a.F. angesehen (vgl. Jähne, in Weyland, BRAO, 11. Aufl., § 59i Rn. 6; Henssler, in Henssler/Prütting, BRAO, 6. Aufl., § 59i Rn. 12; Kleine-Cosack, BRAO, 9. Aufl., § 59i Rn. 7). Die Beschränkung der Gesellschafterstellung auf Berufsausübungsgesellschaften i.S.d. §§ 59b ff. BRAO ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut der Norm als auch aus der Gesetzessystematik und den Gesetzesmaterialien. [15] aa) Bereits der Wortlaut des § 59i I 2 BRAO a.F. spricht dagegen, dass Steuerberatungsgesellschaften BRAK-MITTEILUNGEN 5/2025 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 382

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