BRAK-Mitteilungen 5/2025

des Zeugen Dr. X grundsätzlich zulässig sei und allein der Kreis der zulässigen Fragen zu beschränken sei. Dem steht entgegen, dass der Zeuge bereits mit jeder Aussage zum Beweisthema gegen seine Verschwiegenheitspflicht verstoßen würde. [27] 2. Der Zeuge ist auch nicht gem. § 385 II ZPO wirkkeine Entbindung sam von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden. [28] Grundsätzlich sind diejenigen Personen dazu befugt, einen Berufsgeheimnisträger von seiner Verschwiegenheitspflicht zu entbinden, die zu jenem in einer geschützten Vertrauensbeziehung stehen. Hierunter fällt im Rahmen eines Mandatsverhältnisses mit einem Rechtsanwalt allein der Mandant (Stein/Jonas/Berger, ZPO, 23. Aufl. 2015, § 385 Rn. 14). Sind dies mehrere, müssen alle eine entsprechende Erklärung abgeben (MüKoZPO/Weinland, 7. Aufl. 2025, § 385 Rn. 1; BeckOK ZPO/Thönissen/Scheuch, 56. Ed. 1.3.2025, § 385 Rn. 10). Handelt es sich hierbei um eine juristische Person, können für diese diejenigen die Entbindungserklärung abgeben, die zu ihrer Vertretung zum Zeitpunkt der Zeugenaussage berufen sind. Ist über das Vermögen der juristischen Person das Insolvenzverfahren eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt worden, ist dieser berechtigt, soweit das Vertrauensverhältnis Angelegenheiten der Insolvenzmasse betrifft. Einer zusätzlichen Entbindungserklärung der für die juristische Person ehemals tätigen natürlichen Personen bedarf es nicht (BGH, Beschl. v. 27.1.2021 – StB 44/20 Rn. 16, 22). [29] Der Nachweis für die Entbindung obliegt dem Beweisführer (Stein/Jonas/Berger, a.a.O., § 385 Rn. 20) bzw. der Partei, die den Zeugen benannt hat (MüKoZPO/Weinland, a.a.O., § 385 Rn. 14). Dies ist vorliegend jeweils der Kl. [30] Diesen Nachweis kann der Kl. nicht führen. Selbst wenn ein zweites Mandatsverhältnis zu der Käuferin bestanden hätte, kommt es danach auf die Schweigepflichtentbindungserklärung der K Holding S.A. bzw. eines etwaigen Nachtragsliquidators an. Die – möglicherweise ursprünglichen – Organe der K Holding S.A. haben eine solche Entbindungserklärung nicht abgegeben. Auch sonst liegen keine Erklärungen vor. [31] Soweit es daneben zusätzlich auf die Schweigepflichtentbindung der Käuferin ankommen könnte, hat der ehemalige Bekl. zu 2) als Sonderinsolvenzverwalter über das Vermögen der Käuferin mit Schriftsatz v. 13.6. 2018 bislang lediglich seine Bereitschaft erklärt, potenzielle Zeugen, die der Käuferin gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichtet seien, von dieser Pflicht zu entbinden, soweit dies – wovon er allerdings nicht ausgehe – von seiner Stellung als Sonderinsolvenzverwalter umfasst sei. Der Bekl. zu 1) als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Kl. hat den Zeugen Dr. X nicht von seiner Verschwiegenheit entbunden. [32] III. (...) HINWEISE DER REDAKTION: Mit Beschluss v. 16.2.2011 (BRAK-Mitt. 2011, 90) hat der BGH entschieden, dass die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht grundsätzlich auch Zufallswissen betrifft, das im Rahmen beruflicher Tätigkeit erlangt worden ist. Abzugrenzen hiervon ist, was dem Rechtsanwalt nur anlässlich seiner beruflichen Tätigkeit zur Kenntnis kommt, ohne dass ein innerer Zusammenhang mit dem Mandat besteht. VERSTOSS GEGEN DAS TÄTIGKEITSVERBOT DES § 45 I NR. 1 BRAO BRAO § 45 I Nr. 1 1. Rechtsfolge eines Verstoßes gegen das Tätigkeitsverbot des § 45 I Nr. 1 BRAO ist die Nichtigkeit des Anwaltsvertrags. Dem Rechtsanwalt steht insoweit auch kein Vergütungsanspruch aus dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag oder dem Bereicherungsrecht zu. 2. Der Begriff „dieselbe Rechtssache“ i.S.v. § 45 I Nr. 1 BRAO ist weiter auszulegen als der enge Streitgegenstandsbegriff. Er umfasst jede rechtliche Angelegenheit, die bei natürlicher Betrachtungsweise auf ein innerlich zusammengehöriges, einheitliches Lebensverhältnis zurückzuführen ist. 3. (...) OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 11.4.2025 – 7 W 4/25 Volltext unter www.brak-mitteilungen.de HINWEISE DER REDAKTION: Bereits mit Urteil v. 21.3.2023 (BRAK-Mitt. 2022, 269) hat der Schleswig-Holsteinische AGH klargestellt, dass jede Notartätigkeit das anwaltliche Vertretungsverbot in derselben Angelegenheit auslöst, unabhängig davon, ob daraus ein Interessenwiderstreit entsteht oder nicht. Der zeitliche Abstand zwischen einer Beurkundung und der sich daran anschließenden anwaltlichen Tätigkeit ist unerheblich. Bei der notariellen Tätigkeit muss es sich nicht um eine Urkundstätigkeit handeln, sondern es genügt jede notarielle Tätigkeit wie sie nach den §§ 21 bis 24 BNotO ausgeübt werden darf, beispielsweise die Beglaubigung von Unterschriften, die Beurkundung von Versammlungsbeschlüssen, die Ausstellung sonstiger Tatsachenbescheinigungen, die Aufnahme eidesstattlicher Versicherungen und insb. die Betreuungstätigkeit nach § 24 BNotO, wie z.B. die Fertigung von Urkundsentwürfen oder die Beratung der Beteiligten. BRAK-MITTEILUNGEN 5/2025 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 378

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