HINWEISE DER REDAKTION: Siehe hierzu auch den Beitrag von Dunckel/Knauer, BRAK-Mitt. 2025, 334 (in diesem Heft). UNBEGRENZTES ANWALTLICHES ZEUGNISVERWEIGERUNGSRECHT BRAO § 43a II; ZPO §§ 387 III, 383 I Nr. 6, 567 ff. 1. Die Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwaltes umfasst alles, was ihm in Ausübung seines Berufs bekannt geworden ist, ohne dass es darauf ankommt, von wem und auf welche Weise er sein Wissen erworben hat. 2. Das Zeugnisverweigerungsrecht des Berufsgeheimnisträgers besteht zeitlich unbegrenzt. 3. Eine Gesellschaft ausländischen Rechts, die in Folge der Löschung im Register ihres Heimatstaates durch eine behördliche Anordnung ihre Rechtsfähigkeit verliert, besteht für ihr in Deutschland belegenes Vermögen als Restgesellschaft fort. 4. Nur der Mandant kann einen Rechtsanwalt von seiner Verschwiegenheitspflicht entbinden. Sind mehrere Mandanten vorhanden, müssen alle eine entsprechende Erklärung abgeben. 5. Wenn über das Vermögen der juristischen Person das Insolvenzverfahren eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt worden ist, ist allein der Insolvenzverwalter zur Entbindung von der Verschwiegenheit berechtigt, soweit das Vertrauensverhältnis Angelegenheiten der Insolvenzmasse betrifft. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.7.2025 – 12 W 5/25 AUS DEN GRÜNDEN: [1] I. Gegenstand des Zwischenstreits ist die Frage, ob dem Zeugen Dr. X ein Zeugnisverweigerungsrecht gem. § 383 I Nr. 6 ZPO zusteht. [2] Der Kl. ist Verwalter in dem auf Eigenantrag v. 5.6. 2015 mit Beschluss des Amtsgerichts (AG) – Insolvenzgericht – Duisburg v. 15.2.2016 (Az. 64 IN 138/15) eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Y GmbH (nachfolgend: Schuldnerin), die in E eine Papierfabrik betrieb. Der Bekl. zu 1) ist Verwalter in dem mit Beschluss des AG – Insolvenzgericht – Duisburg v. 23.5.2016 (Az. 663 IN 55/16) eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Q GmbH (nachfolgend: Käuferin). Mit Beschluss vom selben Tag bestellte das AG den ehemaligen Bekl. zu 2) zum Sonderinsolvenzverwalter über das Vermögen der Käuferin, wobei wegen der Einzelheiten seines Aufgabenbereichs auf den Beschluss verwiesen wird. Das AG berief mit Beschluss v. 7.9.2023 den ehemaligen Bekl. zu 2) als Sonderinsolvenzverwalter ab und setzte den Bekl. zu 2) als Sonderinsolvenzverwalter ein. Der Kl. macht u.a. gegenüber dem Bekl. zu 1) Herausgabeansprüche wegen der Verwertung von Sicherungsgut und gegenüber dem Bekl. zu 2) einen Anspruch auf Feststellung des Nichtbestehens eines Anfechtungsrechts geltend. [3] Der Kl. war zunächst mit Beschluss des AG v. 5.6. 2015 zum vorläufigen Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin bestellt worden. Zum Zweck einer übertragenden Sanierung nahm er Verhandlungen mit Kaufinteressenten auf, darunter der K Holding S.A., einer Investorengesellschaft aus Luxemburg. Diese wurde vertreten durch ihren Geschäftsführer E und zeigte mit Schreiben v. 17.1.2016 ihr Interesse an dem Unternehmenskauf an. Da sie nicht selbst als Käuferin auftreten wollte, war der Erwerb des Unternehmens durch eine Tochtergesellschaft – der zu diesem Zeitpunkt unter O GmbH firmierenden Käuferin – als Erwerbsgesellschaft geplant. Diese wurde vertreten durch ihre einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer, den Zeugen W und E. Nach Verhandlungen unterbreitete die Käuferin dem Kl. unter dem 10.2.2016 ein notarielles Angebot zum Abschluss des Unternehmens- und Grundstückskaufvertrags, das u.a. für das Unternehmen einen Kaufpreis i.H.v 6.700.000 Euro vorsah. Nach § 8 Abs. 3 des Angebotes sollte der Kaufpreis für den Unternehmenskauf am 19.2.2016 fällig sein, wobei die Übertragung des Eigentums u.a. unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Zahlung des Kaufpreises stand. Am 16.2.2016 nahm der Kl. dieses Angebot durch notarielle Erklärung an. Die Käuferin leistete bis zum 19.2.2016 keine Zahlung. In der Folge kam es zu Nachverhandlungen, an denen neben weiteren Beteiligten für den Kl. die Zeugin Dr. A, für die Käuferin E, für die K Holding S.A. der Zeuge Dr. X und für die K Industrial Holding der Zeuge J teilnahmen. Einzelheiten der geführten Gespräche sind streitig. Am Morgen des 23.2.2016 schlossen der Kl. und die Käuferin, vertreten durch den Zeugen W, vor der Zeugin Dr. L eine notarielle Änderungsvereinbarung (Urk.-Nr. 65/2016). In Abänderung des ursprünglichen Unternehmenskaufvertrages sollte ein Kaufpreisteil i.H.v. 1.000.000 Euro am 23.2.2016, 12.00 Uhr, und der Rest am 18.3.2016 fällig sein. In § 2 III heißt es: „(2) Die Parteien sind sich einig, dass das Eigentum an den Kaufgegenständen mit Zahlung von EUR 1.000.000,00 entsprechend § 7 Abs. 1 von der Schuldnerin auf die Käuferin übergehen soll. [...]“. Zu diesem Zeitpunkt hatte die K Holding S.A. den genannten Betrag bereits auf einem Konto des für die Käuferin tätigen Notars hinterlegt. Dieser veranlasste am Morgen des 23.2.2016 eine Blitzüberweisung auf das Konto des Kl. Mit einem weiteren notariellen Vertrag v. 23.2.2016 (Urk.-Nr. 66/2016) schlossen der Kl. und die Käuferin einen Sicherungsübereignungsvertrag über das der Käuferin zuvor verkaufte und übereignete Sachanlagevermögen. Das Sicherungsgut wurde mit Wirkung zum 24.2.2016, 12.00 Uhr, an den Kl. übereignet. Die Käuferin leistete den Restkaufpreis nicht und stellte ihren Betrieb im Mai 2016 ein. In der Folgezeit verwertete der Bekl. zu 1) das bewegliche Sachanlagevermögen. Mit Schreiben v. 8.9.2016 machte der ehemalige Bekl. zu 2) gegenüber dem Kl. die Anfechtung des Sicherungsübertragungsvertrags geltend. BRAK-MITTEILUNGEN 5/2025 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 374
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