ein Ausschluss der sog. Sensationspresse unzulässig wäre (vgl. Soehring, in Soehring/Hoene, Presserecht, 6. Aufl. 2019, Rn. 4.33). Es ist Sache der Presse, selbst zu beurteilen, welche Informationen sie benötigt, um ein bestimmtes Thema zum Zweck einer etwaigen Berichterstattung aufzubereiten (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.3. 2016 – 6 C 65.14 Rn. 18 f. m.w.N.). [37] Inwieweit der Ast. seine mit der Presseauskunft bezweckten Recherche- und Berichtsmöglichkeiten tatsächlich in die Tat umsetzen kann, hängt maßgeblich davon ab, ob der Strafverteidiger und sein Mandant zu Auskünften über das am 13.5.2025 Geschehene überhaupt bereit sind. Ein Recht auf Information durch den Strafverteidiger kommt schon angesichts der Verschwiegenheitspflicht aus § 43a II 1 BRAO nicht in Betracht. Unabhängig davon ist es unwahrscheinlich, dass der Ast. die vom Strafverteidiger erhofften Informationen überhaupt erhält, um dann – wie geltend gemacht – unter Berücksichtigung von dessen Perspektive bzw. der des Beschuldigten berichten zu können. Denn beide sind bislang nicht im Wege der „Selbstöffnung“ an die Presse herangetreten, auch nicht nach Erscheinen des Artikels in der Ausgabe der „Bild“ v. 30.6.2025, in dem der Ast. zum Ausdruck bringt, mit dem Strafverteidiger bzw. dem Beschuldigten zum Zweck der Berichterstattung in Kontakt treten zu wollen. Deshalb liegt es mehr als nahe, dass der betroffene Strafverteidiger und sein Mandant nicht mit dem Ast. in Kontakt treten, sondern im Stadium des Ermittlungsverfahrens in der gesetzlich vorgesehenen Anonymität bleiben wollen. [38] Zutreffend hat das VG zudem darauf verwiesen, kein Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht der Presse dass das Informationsinteresse der Allgemeinheit in der Phase des Ermittlungsverfahrens auch dann geringer ist, wenn – wie vorliegend – die Strafverfolgungsbehörden bereits mittels Pressemitteilung und Pressekonferenz über die Tat und die wichtigsten Tatumstände berichtet haben. Entgegen der Auffassung des Ast. ist hierdurch kein Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht der Presse, sondern lediglich eine Bewertung des Grades des Öffentlichkeitsinteresses verbunden. Für den Fall einer Anklageerhebung und einem sich anschließenden gerichtlichen Strafverfahren wird das Öffentlichkeitsinteresse an dem Fall erfahrungsgemäß wieder zunehmen. In der Phase des Strafprozesses hat die Presse dann im Hinblick auf den in § 169 I GVG normierten Öffentlichkeitsgrundsatz weitreichende Informationsmöglichkeiten, die eine angemessene Aufgabenerfüllung sicherstellen. Dass der Ast. mit der begehrten Auskunft bereits im vorliegenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren die Kontrollfunktion der Presse, der erst im strafgerichtlichen Verfahren im Hinblick auf § 169 GVG überragende Bedeutung zukommt, wahrnehmen will, hat er nicht substantiiert glaubhaft gemacht. [39] Ungeachtet dessen hätte es der Ast. im Sinne eines schonenden Interessensausgleichs selbst in der Hand gehabt, die Staatsanwaltschaft zu bitten, dem Strafverteidiger seine Kontaktdaten verbunden mit dem Hinweis zu übermitteln, er wolle Kontakt aufnehmen, um über die Tat und deren Umstände weiter zu recherchieren und zu berichten. Diese naheliegende Möglichkeit, von der er auch weiterhin Gebrauch machen könnte, hat der Ast. nach Aktenlage bislang nicht genutzt. [40] Anders als der Ast. meint, führt die publizistische Sorgfaltspflicht, in Fällen der Verdachtsberichterstattung grundsätzlich vorher mit dem Verdächtigen Kontakt aufzunehmen und von diesem eine Stellungnahme einzuholen, in Fallgestaltungen wie der vorliegenden nicht automatisch unter Außerachtlassung der vorgenannten Geheimhaltungsinteressen zu einem Auskunftsanspruch der Presse. Die grundsätzlich bestehende „Anhörungspflicht“ des Verdächtigen vor einer Verdachtsberichterstattung kann naturgemäß nur zum Zug kommen, wenn der Verdächtige bekannt bzw. kontaktierbar ist. [41] c) Der Ag. ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass die Interessen des Strafverteidigers, seines Mandanten sowie der Allgemeinheit an der im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vorgesehenen Anonymität des Strafverteidigers in der Gesamtabwägung das presserechtliche Informationsinteresse des Ast. überwiegen. Soweit der Ast. diesem Ergebnis entgegenhält, die Pressestelle des Bundesverwaltungsgerichts gebe nach einer entsprechenden Presseanfrage die Namen der Rechtsanwälte von Beteiligten in presserechtlichen, bereits terminierten Verfahren heraus, verkennt er, dass in dem vorliegend streitgegenständlichen Stadium des nicht öffentlichen Ermittlungsverfahrens andere Maßstäbe gelten als in einem gerichtlichen Verfahren, das vom Grundsatz der Öffentlichkeit (§ 169 GVG) beherrscht wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 1.10.2014 – 6 C 35.13 Rn. 34). [42] 3. Soweit der Ast. im Beschwerdeverfahren in der Auskunftsverweigerung eine Verletzung von Art. 5 I, Art. 19 IV GG sowie Art. 10 EMRK sieht, ist sein Vortrag unsubstantiiert und genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 146 IV 4 VwGO. Es fehlt an jeglicher Auseinandersetzung mit den diesbezüglichen (wenn auch kurzen) Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung. Im Übrigen weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin, dass selbst bei Prüfung eines auf Art. 5 I 2 GG und/oder Art. 10 EMRK gestützten Auskunftsanspruchs am Ende eine Abwägungsentscheidung stünde, die aus den vorgenannten Gründen zu keinem anderen Ergebnis führen könnte. [43] C. Da es bereits an einem Anordnungsanspruch fehlt, kann dahinstehen, ob der Ast. einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hat. Insbesondere muss der Frage nicht weiter nachgegangen werden, inwieweit vorliegend einem Anordnungsgrund entgegensteht, dass es der Ast. vor Durchführung des gerichtlichen Eilverfahrens unterlassen hat, seine Kontaktdaten der Staatsanwaltschaft mit der Bitte um Weiterleitung an den Strafverteidiger zu übermitteln. (...) BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 5/2025 373
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