nicht primär dazu, über den Strafverteidiger, dessen Namen er genannt haben möchte, zu recherchieren und/oder zu berichten. Insoweit will er die verfassungsrechtlich geschützte Informations- und Kontrollfunktion der Presse nicht wahrnehmen. Vielmehr soll der Strafverteidiger als „Informant“ oder „Mittelsmann“ dienen, weil über ihn eine Kontaktaufnahme mit dem Beschuldigten ermöglicht werden soll, um weitere Informationen über die Tat und deren nähere Umstände zu erfahren. Damit dient das streitgegenständliche Auskunftsverlangen primär dazu, eine im staatlichen Verantwortungsbereich liegende Informationsquelle zu eröffnen. Da sich das vorliegende Strafverfahren noch im Stadium des nicht öffentlichen Ermittlungsverfahrens befindet, die Informationsquelle demnach gerade nicht aufgrund rechtlicher Vorgaben zur öffentlichen Zugänglichkeit bestimmt ist, dürfte ein gegen den Ag. gerichtetes Recht auf Zugang ausgeschlossen sein. [23] 2. Letztlich bedarf diese Frage keiner abschließenden Entscheidung. Denn die Erteilung der vom Ast. begehrten Auskunft durfte jedenfalls nach Art. 4 II 2 BayPrG wegen bestehender Verschwiegenheitspflichten verwehrt werden. [24] Gemäß Art. 4 II 2 BayPrG darf die von der Presse keine Auskunft bei Verschwiegenheitspflicht geforderte Auskunft nur verweigert werden, soweit aufgrund beamtenrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Vorschriften eine Verschwiegenheitspflicht besteht. Verschwiegenheitspflichten können sich aus Geheimhaltungsvorschriften oder auch daraus ergeben, dass die Beantwortung einer Anfrage Grundrechte Dritter, etwa das allgemeine Persönlichkeitsrecht bzw. das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG) berührt. Die widerstreitenden Interessen und Grundrechtspositionen sind in einen angemessenen Ausgleich zu bringen; dabei bedarf es einer – gerichtlich vollständig überprüfbaren (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 4.8.2017 – 1 S 1307/17 Rn. 20) – Abwägung durch die auskunftsverpflichtete Stelle, ob dem grundrechtlich durch Art. 5 I 2 GG gewährleisteten Informationsinteresse der Presse oder bestehenden Verschwiegenheitspflichten der Vorzug zu geben ist (vgl. zur Abwägung im Rahmen des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs aus Art. 5 I 2 GG: BVerwG, Urt. v. 8.7.2021 – 6 A 10.20 Rn. 20 f.; Urt. v. 18.9.2019 – 6 A 7.18 Rn. 13 m.w.N. und zum landesrechtlichen Auskunftsanspruch: BayVGH, Beschl. v. 19.8.2020 – 7 CE 20.1822 Rn. 15 f.; Beschl. v. 14.5.2012 – 7 CE 12.370 Rn. 13; Söder, in Gersdorf/Paal, Informations- und Medienrecht, Stand 1.5.2021, Art. 4 BayPrG Rn. 16). Bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen kommt es insb. darauf an, wie hoch einerseits das öffentliche Informationsinteresse an der begehrten Auskunft zu bewerten und wie stark andererseits der Eingriff in gegenläufige Rechtspositionen durch die Offenlegung der begehrten Informationen zu gewichten ist. Je geringer der Eingriff in Geheimhaltungsinteressen ist, desto geringere Anforderungen sind an das Informationsinteresse der Allgemeinheit zu stellen; je intensiver und weitergehend die begehrte Auskunft reicht, desto gewichtiger muss das öffentliche Informationsinteresse sein (vgl. BVerfG, Urt. v. 5.6.1973 – 1 BvR 536/72 Rn. 63 ff.; VGH BadenWürttemberg, Beschl. v. 10.5.2011 – 1 S 570/11 Rn. 9). [25] Dies zugrunde gelegt hat der Ag. das streitgegenständliche Auskunftsverlangen des Ast. unter Berufung auf Art. 4 II 2 BayPrG zu Recht abgelehnt. Dem Ast. ist zwar insoweit zuzugeben, dass Geheimhaltungsinteressen nicht abwägungsfest sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.9. 2019 – 6 A 7.18 Rn. 20) und damit insb. der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens nicht per se einem presserechtlichen Auskunftsverlangen entgegensteht oder diesem vorgeht. Wie die Pressemitteilung v. 15.5.2025 und die Pressekonferenz vom gleichen Tag zeigen, sind hiervon jedoch auch Staatsanwaltschaft und Polizei nicht ausgegangen. Dennoch ist vorliegend nicht zu beanstanden, dass die Staatsanwaltschaft dem streitgegenständlichen Auskunftsersuchen nach Abwägung der gegenläufigen Interessen nicht nachgekommen ist. Auch im Beschwerdeverfahren hat der Ast. die Richtigkeit der staatsanwaltschaftlichen Einschätzung nicht durchgreifend in Frage gestellt, dass im Stadium des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens schutzwürdige Interessen des betroffenen Strafverteidigers und seines Mandanten sowie das Geheimhaltungsinteresse der Allgemeinheit das Interesse des Ast. überwiegen, als Vertreter der Presse den Namen des betreffenden Strafverteidigers zu erlangen. [26] a) Die aus der Nichtöffentlichkeit des strafrechtGeheimhaltungsinteresse des Strafverteidigers lichen Ermittlungsverfahrens sowie aus § 43 II 1 BRAO folgenden Geheimhaltungsinteressen des betroffenen Strafverteidigers, seines Mandanten sowie der Allgemeinheit sind vorliegend von besonders hohem Gewicht. [27] Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren (§ 160 StPO) ist durch die Strafprozessordnung grundsätzlich nicht öffentlich, sondern geheim ausgestaltet. Dies wirkt sich auch auf die Weitergabe von Informationen zu diesem Verfahren aus. So kann den Beschuldigten und Verfahrensbeteiligten anderer Art lediglich unter den Voraussetzungen von §§ 147, 385 III, 397 I, 406e, 433 StPO Akteneinsicht gewährt werden. Privatpersonen und sonstige Stellen haben nur unter den Maßgaben des § 475 StPO Auskunfts- und Akteneinsichtsrechte (vgl. Hölscher/Jacobs, in Dölling/Duttge/Rössner, Gesamtes Strafrecht, 5. Aufl. 2022, § 475 Rn. 1). Das Ermittlungsverfahren dient der Klärung eines Verdachts (§§ 152 II, 160 I und II StPO), weshalb es in seiner Natur liegt, dass es nicht von Beginn an „offen“, d.h. unter Bekanntgabe aller ermittelten oder auch nur den Anfangsverdacht begründenden Tatsachen geführt werden kann. Sachverhaltserforschung und Wahrheitsfindung als zentrale Anliegen des gesamten Strafverfahrens würden sonst von vornherein regelmäßig untragBRAK-MITTEILUNGEN 5/2025 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 370
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