BRAK-Mitteilungen 5/2025

[37] Die Revision führt erfolglos an, die Bekl. habe die Informationen der Mandantin zum Mietvertragsschluss nicht „in gehöriger Form“ weitergegeben, weil sie diese unkontrolliert wiedergeben habe, ohne sich von ihnen zu distanzieren. Zudem verhalte sich ein Rechtsanwalt unter Verstoß gegen § 43a III BRAO bei seiner Berufsausübung unsachlich, wenn er bewusst Unwahrheiten verbreite. Aus der beruflichen Funktion der Bekl. als die Interessen ihrer Mandantin wahrnehmendes Organ der Rechtspflege ergibt sich ohne Weiteres, dass sie die für die Mandantin geäußerte Behauptung eines Mietvertragsschlusses als deren Vertreterin (§ 164 I 2 Fall 2 BGB, vgl. BVerfG, NJW 1996, 3267 Rn. 11; BGH, WRP 2005, 236 Rn. 20) mit dem Ziel aufgestellt hat, die Rechtsposition der Mandantin durchzusetzen. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen und von der Revision insoweit nicht beanstandeten Feststellungen hat dabei weder die Mandantin der Bekl. bewusst eine falsche Information zum Vertragsschluss mit dem Verbraucher übermittelt noch die Bekl. die von der Mandantin insoweit erhaltene Information bewusst unzutreffend wiedergegeben. [38] 2. Der Klageantrag zu II ist ebenfalls zulässig, aber unbegründet. [39] a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Kl. verfüge insoweit über das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Die gerügte Nennung eines nicht existierenden Dritten als (angeblicher) Vertragspartner sowie die Diskrepanz der Forderungshöhe in dem Inkassoschreiben und der zur Begründung in Bezug genommenen Rechnung stellten konkrete Ausführungen zur Begründung der Forderung im Rahmen der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung dar, welche die Rechtsverfolgung der Bekl. für ihre Mandanten an sich nicht in Frage stellten. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Entgegen der Rüge der Revisionserwiderung rechtfertigt es die Stellung des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege nicht, der Kl. ein rechtlich schutzwürdiges Interesse an einer gerichtlichen Sachprüfung der Angaben der Bekl. in ihrem Inkassoschreiben abzusprechen (vgl. BGH, WRP 2005, 236 Rn. 19 f. sowie Rn. 15 bis 17). [40] b) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Kl. weder aus §§ 8 I 1, 3 I, 5 I und II Fall 1 und 2 UWG unter dem Gesichtspunkt der Irreführung noch aus §§ 8 I 1, 3 I, 5a I und II Nr. 2 UWG wegen Vorenthaltens einer wesentlichen Information oder aus §§ 8 I 1, 3 I, 3a UWG wegen Verstoßes gegen § 43d I Nr. 1 und 2 BRAO einen Anspruch darauf hat, dass die Bekl. es unterlässt, zur Erläuterung des Grunds und der Höhe der in einem Inkassoschreiben geltend gemachten Forderung auf einen Mietvertrag mit einem Unternehmen unter verkürzter Angabe seiner Firma sowie auf eine Rechnung zu verweisen, die einen niedrigeren als den eingeforderten Betrag ausweist. [41] aa) Die Unlauterkeitstatbestände der §§ 5a, 3a UWG setzen – ebenso wie § 5 UWG – eine geschäftliche Handlung des in Anspruch Genommenen i.S.v. § 2 §§ 5a, 3a UWG setzen geschäftliche Handlung voraus I Nr.2 UWG (§2 II Nr.1 UWG a.F.) voraus (BeckOK.UWG/Ritlewski, 28. Edition [Stand 13.4.2024], § 5a Rn. 28; BeckOK.UWG/Niebel/Bauer/Kerl, 28. Edition [Stand 1.4.2025], § 3a Rn. 15; MünchKomm. UWG/Alexander a.a.O. § 5a Rn. 106; MünchKomm. UWG/Schaffert a.a.O. § 3a UWG Rn. 48). [42] bb) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Angaben zum Vertragspartner des Verbrauchers und zur Höhe der beizutreibenden Forderung in dem angegriffenen Inkassoschreiben keine geschäftliche Handlung der Bekl. darstellen. Es ist mit Recht davon ausgegangen, dass die Bekl. die Angaben als unabhängiges Organ der Rechtspflege im Interesse und in Vertretung ihrer Mandantin mit dem vorrangigen Ziel gemacht hat, deren Rechtsposition durchzusetzen. Die dagegen gerichteten Einwendungen der Revision greifen aus den genannten Gründen nicht durch. Dass die Bekl. möglicherweise nachlässig die Firma der (vermeintlichen) Vertragspartnerin des Verbrauchers am Ende des Inkassoschreibens verkürzt wiedergegeben und zum Beleg der geltend gemachten Forderung lediglich auf eine Rechnung über einen geringeren Betrag verwiesen hat, ändert nichts daran, dass sie sich in Ausübung ihrer beruflichen Aufgabe namens der Mandantin zu dem vorrangigen Zweck geäußert hat, deren Interessen wahrzunehmen. Dass die Bekl. die Vertragspartnerin des Verbrauchers oder die Höhe der aus dem Mietverhältnis offenen Forderung wissentlich falsch angegeben habe, führt die Revision nicht an. [43] 3. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäikeine Vorlage an den EuGH veranlasst schen Union nach Art. 267 III AEUV ist nicht veranlasst (vgl. EuGH, Urt. v. 6.10.1982 – 283/81, Slg. 1982, 3415 = NJW 1983, 1257 Rn. 21 – Cilfit u.a.; Urt. v. 1.10.2015 – C-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 Rn. 43 – Doc Generici; Urt. v. 6.10.2021 – C-561/19, NJW 2021, 3303 Rn. 32 f. – Consorzio Italian Management und Catania Multiservizi). Im Streitfall stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts, die nicht zweifelsfrei zu beantworten ist. Es erscheint nicht zweifelhaft, dass Angaben eines Rechtsanwalts gegenüber einem Verbraucher in einem Inkassoschreiben, die er im Interesse seines Mandanten zu einer für diesen beizutreibenden Forderung macht, regelmäßig keine Geschäftspraxis i.S.v. Art. 2 Buchst. d der Richtlinie 2005/29/EG darstellen. [44] III. Danach ist die Revision der Kl. mit der Kostenfolge des § 97 I ZPO zurückzuweisen. ANMERKUNG: So sehr die Entscheidung im Ergebnis auch zu begrüßen ist, so wenig nachvollziehbar erscheint die Begründung. Ohne jede Not bejaht der BGH auch für den Klageantrag zu 1 abweichend von der Vorinstanz das Rechtsschutzinteresse und die Zulässigkeit der BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 5/2025 365

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