derung gegenüber einer Privatperson den Forderungsgrund, bei Verträgen unter konkreter Darlegung des Vertragsgegenstands und des Datums des Vertragsschlusses, klar und verständlich in Textform übermitteln (zur Gleichbehandlung der Darlegungs- und Informationspflichten des Inkassodienstleisters und des Rechtsanwalts nach § 13a RDG und § 43d BRAO vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken, BT-Drs. 17/13057, 23 f.). In der Entscheidung „Identitätsdiebstahl II“ habe der Senat indessen eine Inkassodienstleistung als geschäftliche Handlung und die Titulierung eines Unterlassungsanspruchs nicht als unverhältnismäßig angesehen (vgl. BGH, GRUR 2022, 170 Rn. 12 und 43 f.). [32] Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, Rechtsanwalt ≠ Inkassounternehmen dass einem Rechtsanwalt bei der Beitreibung einer Forderung eine von einem Inkassounternehmen abweichende Funktion zukommt, die der Einordnung von Angaben im Zusammenhang mit einer Zahlungsaufforderung als geschäftliche Handlung entgegensteht. Der Rechtsanwalt ist als unabhängiges Organ der Rechtspflege in erster Linie dazu berufen, die Mandanten als unabhängiger Berater und Vertreter in ihren Angelegenheiten rechtlich zu unterstützen (vgl. EuGH, Urt. v. 6.9.2012 – C-422/11 und C-423/11, AnwBl 2012, 1003 Rn. 23 – PUKE/Kommission; BVerfGE 76, 171 Rn. 55; BVerfGE 141, 82 Rn. 83). Dadurch unterscheidet er sich von einem gewerblichen Inkassounternehmen, bei dem es sich nicht um ein Organ der Rechtspflege handelt und dessen Aufgabe vorrangig darin besteht, die wirtschaftlichen Belange seiner Kunden und die eigenen wirtschaftlichen Belange durch die Einziehung der Forderungen der Kunden oder ihrer zur Einziehung abgetretenen Forderungen zu fördern (vgl. BGH, Urt. v. 27.5. 2020 – VIII ZR 45/19, NZM 2020, 551 Rn. 63, insoweit nicht in BGHZ 225, 352 abgedruckt; Urt. v. 24.5.2023 – VIII ZR 373/21, NJW-RR 2023, 988 Rn. 36). [33] (4) Entgegen der Ansicht der Revision gebietet auch die Entscheidung „Gelvora“ des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urt. v. 20.7.2017 – C-357/ 16, NJW 2017, 2980) keine abweichende Beurteilung. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs fällt die Beitreibung einer an eine Inkassogesellschaft abgetretenen Forderung durch diese unter den Begriff der möglicherweise unlauteren „Geschäftspraktiken“ i.S.d. – durch § 2 I Nr. 2 UWG in deutsches Recht umgesetzten – Regelung des Art. 2 Buchst. d der Richtlinie 2005/29/ EG über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt, weil die ergriffenen Maßnahmen geeignet sind, die Entscheidung des Verbrauchers zur Bezahlung zu beeinflussen. Danach verlangt die praktische Wirksamkeit des dem Verbraucher durch die Richtlinie gewährten Schutzes, auch die Praktiken eines Gewerbetreibenden zur eigenständigen Forderungsbeitreibung den Bestimmungen der Richtlinie zu unterstellen (EuGH, NJW 2017, 2980 Rn. 25 bis 31 – Gelvora). [34] Die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union befasst sich mit Maßnahmen eines gewerblichen Inkassounternehmens zur Durchsetzung einer eigenen Forderung. Sie betrifft nicht die Angaben eines Rechtsanwalts zum Grund der für einen Mandanten beizutreibenden Forderung, welche er von seinem Mandanten erhalten hat und in einem außergerichtlichen Inkassoschreiben an den Verbraucher weitergibt. Auch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kommt einem Rechtsanwalt als unabhängigem Organ der Rechtspflege die besondere Funktion zu, im höheren Interesse der Rechtspflege dem Mandanten die benötigte rechtliche Unterstützung zu gewähren (vgl. EuGH, AnwBl 2012, 1003 Rn. 23 – PUKE/Kommission). Die Umstände des Einzelfalls unterscheiden sich daher mit Blick auf die von einem Inkassounternehmen einerseits und einem Rechtsanwalt andererseits wahrgenommenen Aufgaben. [35] (5) Entgegen der Ansicht der Revision werden die Interessen des Verbrauchers bleiben gewahrt Interessen des Verbrauchers auch dann hinreichend gewahrt, wenn er einen Rechtsanwalt nicht auf Unterlassung von unzutreffenden Angaben zum Forderungsgrund in einem Inkassoschreiben in Anspruch nehmen kann. Er kann sich zur Verteidigung seiner Rechte ggf. an den vom Rechtsanwalt vertretenen Mandanten halten, dem die Äußerung seines Rechtsanwalts nach § 8 II UWG bzw. § 164 I BGB zuzurechnen ist (vgl. BVerfG, NJW 2003, 3263 Rn. 11; BGH, WRP 2005, 236 Rn. 20; GRUR 2019, 1202 Rn. 12 – Identitätsdiebstahl I; Keller, in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig a.a.O. § 2 Rn. 79). Im Streitfall hat die Kl. die Mandantin der Bekl. wegen des Inkassoschreibens gerichtlich auf Unterlassung der unzutreffenden Behauptung eines Mietvertragsschlusses in Anspruch genommen. Unabhängig davon kann sich der in Anspruch genommene Verbraucher in einem vom Mandanten angestrengten Prozess gegen die geltend gemachte Forderung damit verteidigen, dass er mit dem – insoweit darlegungs- und beweispflichtigen – Kl. keinen Vertrag geschlossen habe (vgl. BGH, Urt. v. 19.7. 2012 – I ZR 105/11, GRUR 2013, 305 Rn. 22 = WRP 2013, 327 – Honorarkürzung). [36] (6) Danach handelt es sich bei den Angaben der Bekl. zum Mietvertragsabschluss im Inkassoschreiben v. 18.2.2022 nicht um eine geschäftliche Handlung i.S.v. § 2 I Nr. 2 UWG. Für die Richtigkeit der von der Mandantin hierzu erhaltenen Informationen hat sie nicht die persönliche Verantwortung in der Weise übernommen, dass sie deren Angaben zum Abschluss eines Mietvertrags gegenüber dem Verbraucher als eigene Behauptung aufgestellt hat. Vielmehr hat sie die Angaben der Mandantin in deren Namen mit dem Ziel weitergegeben, für diese die geltend gemachte Forderung durchzusetzen. Soweit sie damit zugleich die wettbewerblichen Interessen der Mandantin gefördert hat, handelt es sich lediglich um eine Reflexwirkung im Rahmen der anwaltlichen Berufstätigkeit der Bekl. BERUFSRECHTE UND PFLICHTEN BRAK-MITTEILUNGEN 5/2025 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 364
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