BRAK-Mitteilungen 5/2025

von seinem Mandanten erhaltenen Informationen in gehöriger Form weitergibt, würde die ordnungsgemäße Interessenvertretung und damit ein wesentlicher Teil der anwaltlichen Berufsausübung unterbunden und hierdurch die durch Art. 12 I GG gewährleistete Berufsausübungsfreiheit des Rechtsanwalts unverhältnismäßig beschränkt (BVerfG, NJW 1996, 3267 Rn. 11; NJW 2003, 3263 Rn. 12). [27] Äußerungen und Maßnahmen eines Rechtsankeine eigene geschäftliche Handlung walts im Namen eines Mandanten stellen daher regelmäßig keine eigene geschäftliche Handlung i.S.v. § 2 I Nr. 2 UWG dar. Sie sind vorrangig darauf gerichtet, in Wahrnehmung der beruflichen anwaltlichen Aufgaben die vom eigenen Mandanten geltend gemachten Ansprüche durchzusetzen oder die gegen diesen gerichteten Ansprüche abzuwehren. Bei der gleichzeitigen Förderung der wettbewerblichen Interessen des Mandanten handelt es sich regelmäßig lediglich um eine Reflexwirkung (vgl. BGH, GRUR 2013, 945 Rn. 29 – Standardisierte Mandatsbearbeitung; zur Wettbewerbsabsicht nach § 1 UWG a.F. vgl. BGH, GRUR 1967, 428 Rn. 9 – Anwaltsberatung; zum Wettbewerbsverhältnis vgl. auch BGH, Urt. v. 26.1. 2017 – I ZR 217/15, GRUR 2017, 918 Rn. 20 = WRP 2017, 1085 – Wettbewerbsbezug; vgl. auch Keller, in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 5. Aufl., § 2 Rn. 79; MünchKomm.UWG/Bähr, 3. Aufl., § 2 Rn. 92; Sosnitza, in Ohly/Sosnitza, UWG, 8. Aufl., § 2 Rn. 43; a.A. Fezer, in Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, 3. Aufl., § 2 I Nr. 1 Rn. 67). [28] (2) Für Äußerungen eines Rechtsanwalts im Rahanwaltliche Inkassodienstleistungen unterfallen § 3 BRAO men einer Inkassotätigkeit gilt entgegen der Ansicht der Revision und nicht weiter begründeter Stimmen in der berufsrechtlichen Literatur (zu § 3a UWG, § 43d BRAO vgl. v.Wedel, inHartung/Scharmer, BORA/FAO, 8. Aufl., § 43d BRAO Rn. 66; Kilian, in Henssler/Prütting, BRAO, 6. Aufl., § 43d Rn. 54 und 59; Kleine-Cosack, BRAO, 9. Aufl., §43d Rn. 6; Weyland/Kilimann, BRAO, 11. Aufl., § 43d Rn. 95) nichts anderes. Rechtsdienstleistungen eines Rechtsanwalts in Form von Inkassodienstleistungen (§ 2 II RDG) sind Bestandteil seiner ihm durch § 3 I BRAO zugewiesenen Aufgabe, den Mandanten in dessen Rechtsangelegenheiten zu beraten und zu vertreten. Auch bei Inkassodienstleistungen äußert sich der Rechtsanwalt gegenüber dem Verbraucher daher in erster Linie, um im Interesse und in Vertretung seines Mandanten dessen Rechtsposition durchzusetzen, und kommt ihm mit Blick darauf die besondere Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege zu (vgl. Begründung des Bundesratsentwurfs eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Verbraucherschutzes bei unerlaubter Telefonwerbung, BT-Drs. 17/6482, 11). [29] Dabei ist der Inkassodienstleistungen erbringende Rechtsanwalt nach § 43d I Nr. 2 BRAO verpflichtet, mit §43dBRAO der ersten Geltendmachung der Mietzinsforderung gegenüber einer Privatperson den Forderungsgrund, bei Verträgen unter konkreter Darlegung des Vertragsgegenstands und des Datums des Vertragsschlusses, klar und verständlich in Textform übermitteln. Haftete er im Fall der Unrichtigkeit der vom Mandanten hierzu übermittelten und an den Gegner weitergegebenen Sachangaben nach wettbewerbsrechtlichen Vorschriften auf Unterlassung, könnte er nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts der Gefahr von Verstößen gegen seine (titulierte) Unterlassungspflicht und der Einleitung von Zwangsvollstreckungsverfahren gegen ihn nur entgehen, wenn er bei Fortsetzung seiner Inkassodienstleistungen – über seine berufsrechtlichen Pflichten hinausgehend – in jedem Einzelfall die Richtigkeit der für den Mandanten beizutreibenden Forderung vorgerichtlich überprüfte. Das Berufungsgericht hat dies mit Recht als unverhältnismäßigen Eingriff in die grundrechtlich gewährleistete Berufsausübungsfreiheit des Rechtsanwalts und als mit seiner Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege unvereinbar angesehen. Bereits die Gefahr, bei einer Äußerung in Wahrnehmung der Interessen des Mandanten persönlich belangt und selbst verklagt zu werden, würde eine ordnungsgemäße Interessenvertretung in Ausübung des anwaltlichen Berufs regelmäßig unterbinden (vgl. BVerfG, NJW 1996, 3267 Rn. 11; NJW 2003, 3263 Rn. 12). Der Rechtsanwalt muss sich deshalb nicht darauf verweisen lassen, dass in einem Zwangsvollstreckungsverfahren regelmäßig kein Ordnungsmittel gegen ihn verhängt werden wird, weil ihm mangels Verpflichtung zur Überprüfung der Sachverhaltsdarstellung des Mandanten kein Verschulden angelastet werden kann. [30] (3) Eine andere Beurteilung ist entgegen der Ansicht der Revision nicht mit Blick auf die Senatsentscheidungen „Identitätsdiebstahl I“ (BGH, GRUR 2019, 1202) oder „Identitätsdiebstahl II“ (BGH, Urt. v. 20.10. 2021 – I ZR 17/21, GRUR 2022, 170 = WRP 2022, 172) geboten. In der Entscheidung „Identitätsdiebstahl I“ hat der Senat die Zahlungsaufforderung eines Rechtsanwalts als geschäftliche Handlung der beklagten Mandantin angesehen, der er das Zahlungsverlangen ihres anwaltlichen Vertreters gem. § 8 II UWG zugerechnet hat (BGH, GRUR 2019, 1202 Rn. 12 bis 14 – Identitätsdiebstahl I). Soweit der Senat in der Entscheidung „Identitätsdiebstahl II“ die Annahme des Berufungsgerichts gebilligt hat, die Zahlungsaufforderung des beklagten Inkassodienstleisters stelle eine geschäftliche Handlung dar (BGH, GRUR 2022, 170 Rn. 12), handelte es sich um das Schreiben eines Inkassounternehmens und nicht dasjenige eines Rechtsanwalts. [31] Die Revision wendet vergeblich ein, die Inkassodienstleistungen eines Rechtsanwalts unterschieden sich inhaltlich nicht von denjenigen eines Inkassounternehmens. Ebenso wie ein Rechtsanwalt nach § 43d I Nr. 2 BRAO müsse ein Inkassounternehmen gem. § 13a I Nr. 2 RDG mit der ersten Geltendmachung einer ForBERUFSRECHTE UND PFLICHTEN BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 5/2025 363

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