v. 29.9.2017 – V ZR 19/16, NJW-RR 2018, 719 Rn. 43, insoweit nicht in BGHZ 216, 83 abgedruckt; BGH, NJWRR 2018, 974 Rn. 15). [20] So liegt der Fall hier. Nach dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt ist der Klageantrag zu 1 unbegründet. Die Kl. hat aus §§ 8 I 1, 3 I, 5 I und II Fall 1 UWG (in der seit dem 28.5.2022 geltenden Fassung, nachfolgend UWG) keinen Anspruch darauf, dass die Bekl. es unterlässt, in einem Inkassoschreiben gegenüber einem Verbraucher die unzutreffende Behauptung aufzustellen, dieser habe mit ihrem Mandanten einen Mietvertrag abgeschlossen. [21] bb) Der auf Wiederholungsgefahr gestützte Unterlassungsanspruch aus § 8 I 1 UWG ist nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten sowohl nach dem zum Zeitpunkt seiner Vornahme geltenden Recht wettbewerbswidrig war als auch nach dem zur Zeit der Revisionsentscheidung geltenden Recht wettbewerbswidrig ist (st.Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 27.3.2025 – I ZR 65/ 22, GRUR 2025, 840 Rn. 24 – Doppeltarifzähler II). Nach dem beanstandeten Verhalten der Bekl. sind die für den Streitfall maßgeblichen wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen durch das Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht v. 10.8.2021 (BGBl. I S. 3504) mit Wirkung zum 28.5. 2022 geändert worden. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt daraus nicht. Der Unlauterkeitstatbestand der Irreführung nach § 5 I 1 UWG in der bis zum 27.5.2022 geltenden Fassung (nachfolgend UWG a.F.) findet sich nunmehr in § 5 I UWG. Der Tatbestand der Irreführung ist nicht mehr in § 5 I 2 UWG a.F., sondern inhaltsgleich in § 5 II UWG konkretisiert. Die Legaldefinition der geschäftlichen Handlung in § 2 I Nr. 1 UWG a.F. ist in § 2 I Nr. 2 UWG verschoben und klarstellend um den Begriff des „unmittelbaren“ Zusammenhangs ergänzt worden (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht, BT-Drs. 19/27873, 32). [22] cc) Gemäß § 5 I UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Eine geschäftliche Handlung ist nach § 5 II UWG irreführend, wenn sie unwahre Angaben (Fall 1) oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben (Fall 2) über – nachfolgend aufgezählte – Umstände enthält. [23] Nach § 2 I Nr. 2 UWG ist „geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen unmittelbar und objektiv zusammenhängt. [24] dd) Das Merkmal des objektiven Zusammenhangs in § 2 I Nr. 2 UWG ist funktional zu verstehen und setzt voraus, dass die Handlung bei objektiver Betrachtung darauf gerichtet ist, durch Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung der Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer den Absatz oder Bezug von Waren oder Dienstleistungen des eigenen oder eines fremden Unternehmens zu fördern (BGH, Urt. v. 10.1.2013 – I ZR 190/11, GRUR 2013, 945 Rn. 17 = WRP 2013, 1183 – Standardisierte Mandatsbearbeitung; Urt. v. 6.6. 2019 – I ZR 216/17, GRUR 2019, 1202 Rn. 13 = WRP 2019, 1471 – Identitätsdiebstahl I; Urt. v. 9.9.2021 – I ZR 90/20, BGHZ 231, 38 Rn. 30 – Influencer I). Dient die Handlung vorrangig anderen Zielen als der Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung von Verbrauchern in Bezug auf Produkte und wirkt sie sich lediglich reflexartig auf die Absatz- oder Bezugsförderung aus, so stellt sie keine geschäftliche Handlung i.S.v. § 2 I Nr. 2 UWG dar (vgl. BGH, Urt. v. 31.3.2016 – I ZR 160/ 14, GRUR 2016, 710 Rn. 12 = WRP 2016, 843 – im Immobiliensumpf; BGHZ 231, 38 Rn. 31 – Influencer I). [25] ee) Das Berufungsgericht hat mit Blick auf den Klageantrag zu 2 angenommen, das angegriffene Inkassoschreiben stelle keine geschäftliche Handlung der Bekl. dar. Bei der außergerichtlichen Vertretung der Mandantin habe die Tätigkeit der Bekl. als unabhängiges Organ der Rechtspflege im Vordergrund gestanden. Ihre außergerichtliche Äußerung im Namen und im Interesse der Mandantin habe der Durchsetzung der Mandantenposition gedient. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand. [26] (1) Ein Rechtsanwalt, der sich im Auftrag eines Mandanten äußert, nimmt als unabhängiges Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO) die Aufgabe wahr, als berufener unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten seines Mandanten (§ 3 I BRAO) die Interessen seines Mandanten unabhängig zu vertreten und wahrzunehmen, um dessen Rechte zu wahren und zu verfolgen (BVerfG, NJW 1996, 3267 Rn. 11; BGH, WRP 2005, 236 Rn. 20). In dieser beruflichen Funktion setzt er die Position seiberufliche Funktion nes Mandanten regelmäßig in dessen Namen durch, ohne sich den ihm vom Mandanten geschilderten und dem Gegner vorgetragenen Sachverhalt als persönliche Behauptung zu eigen zu machen (vgl. BVerfG, NJW 1996, 3267 Rn. 11; NJW 2003, 3263 Rn. 12; BGH, WRP 2005, 236 Rn. 20; BGH, Urt. v. 15.1.2019 – VI ZR 506/17, GRUR 2019, 314 Rn. 28 = WRP 2019, 336). Der Rechtsanwalt kann sich regelmäßig auf die ihm vom Mandanten mitgeteilten Tatsachen verlassen, weil andernfalls das zwischen ihnen bestehende Vertrauensverhältnis zerstört würde und er zur Überprüfung der Sachverhaltsdarstellung des Mandanten zudem häufig nicht in der Lage ist (vgl. BVerfG, NJW 2003, 3263 Rn. 12; BGH, Urt. v. 14.11. 1961 – VI ZR 89/59, NJW 1962, 243, 244; Urt. v. 21.12.1966 – Ib ZR 146/64, GRUR 1967, 428 Rn. 10 und 16 – Anwaltsberatung). Müsste ein Rechtsanwalt befürchten, regelmäßig selbst in Anspruch genommen zu werden, wenn er in seiner beruflichen Funktion die BRAK-MITTEILUNGEN 5/2025 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 362
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