BRAK-Mitteilungen 5/2025

vertragsabschlusses sei irreführend, weil der Verbraucher kein Mobilfunkgerät bestellt habe; es handele sich um einen Identitätsdiebstahl. Der Verweis der Bekl. auf einen Vertragsschluss mit der „G. GmbH“ sei irreführend, jedenfalls aber zweideutig und verstoße gegen die Marktverhaltensregelung des § 43d I Nr. 1 und 2 BRAO. Ebenfalls irreführend sei ihre Behauptung einer Zahlungspflicht in unzutreffender Höhe. [4] Die Kl. hat zuletzt beantragt, die Bekl. unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, gegenüber Verbrauchern in Inkassoschreiben, mit denen die Bekl. Forderungen zugunsten Dritter beitreibt, 1. zu behaupten, der Verbraucher habe mit dem Dritten einen Mietvertrag geschlossen, wenn in Wahrheit das im Inkassoschreiben genannte Mietverhältnis zwischen dem genannten Dritten und dem Verbraucher von Anfang an nicht existiert hat, wie geschehen nach Anl. K5, und/oder 2. zur Erläuterung des Schuldgrunds und der Forderungshöhe auf einen Mietvertrag mit einem nicht existierenden Dritten („G. GmbH“) sowie auf eine Rechnung Bezug zu nehmen, wie geschehen nach Anl. K5 i.V.m. Anl. K3, wenn der in der Rechnung genannte Forderungsbetrag niedriger ist als die im Inkassoschreiben genannte Forderung. [5] Das LG hat die Klage abgewiesen (LG Hamburg, Urt. v. 10.10.2023 – 406 HKO 120/22). Das Berufungsgericht hat die Berufung der Kl. zurückgewiesen (OLG Hamburg, GRUR 2025, 251). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Kl. ihre Klageanträge weiter. Die Bekl. beantragt, die Revision zurückzuweisen. AUS DEN GRÜNDEN: [6] I. Das Berufungsgericht hat den ersten Klageantrag für unzulässig und den zweiten Klageantrag für unbegründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt: [7] Hinsichtlich des Klageantrags zu 1 fehle der Kl. das Rechtsschutzbedürfnis. Mit dem Antrag greife sie die Rechtsverfolgung der Bekl. an sich an. Würde der Bekl. untersagt, in Inkassoschreiben gegenüber Verbrauchern die in § 43d I Nr. 2 BRAO vorgeschriebenen Angaben zu dem der beizutreibenden Forderung zugrundeliegenden Mietvertrag zu machen, könnte sie kein Inkasso gegenüber Verbrauchern mehr betreiben, ohne befürchten zu müssen, gegen den Unterlassungstitel zu verstoßen und einem Ordnungsmittelverfahren ausgesetzt zu sein. Dies stelle einen unzulässigen Eingriff in den Kernbereich der grundrechtlich geschützten anwaltlichen Tätigkeit der Bekl. dar und sei mit ihrer Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege nicht vereinbar. Eine rechtsverbindliche Klärung vor Versendung des Inkassoschreibens, ob der vom Mandanten behauptete Mietvertrag tatsächlich bestehe, sei der Bekl. weder möglich noch zumutbar. Ebenso wenig sei ihr die Einstellung der Inkassotätigkeit zumutbar. Im Übrigen wäre der Klageantrag zu 1 aus denselben Gründen wie der Klageantrag zu 2 unbegründet. [8] Hinsichtlich des Klageantrags zu 2 fehle der Kl. nicht das Rechtsschutzbedürfnis, weil es nicht um die Rechtsverfolgung an sich, sondern um konkrete Ausführungen zur Begründung der geltend gemachten Forderung im Rahmen der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung gehe. Das Inkassoschreiben stelle jedoch keine geschäftliche Handlung der Bekl. dar. Bei der Vertretung der Mandantin habe die anwaltliche Tätigkeit der Bekl. als Organ der Rechtspflege im Vordergrund gestanden. Ihre außergerichtliche Äußerung im Namen des Mandanten habe der Durchsetzung der Mandantenposition gedient. Jedenfalls hinsichtlich der Angabe „G. GmbH“ sei die geschäftliche Relevanz ebenso wie die Spürbarkeit einer Beeinträchtigung der Verbraucherinteressen zu verneinen. [9] II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Kl. hat keinen Erfolg. Der Klageantrag zu 1 ist zwar entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts zulässig (dazu II.1a). Er ist aber unbegründet (dazu II.1b). Der Klageantrag zu 2 ist ebenfalls zulässig (dazu II.2a), aber unbegründet (dazu II.2b). [10] 1. Das Berufungsgericht hat dem Klageantrag zu 1 im Ergebnis zu Recht keinen Erfolg beigemessen. [11] a) Die Revision wendet sich allerdings mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht den Klageantrag zu 1 mangels Rechtsschutzbedürfnisses der Kl. als unzulässig angesehen hat. [12] aa) Nach der Rechtsprechung des BGH fehlt einer Klage auf Unterlassung oder Beseitigung von Äußerungen, die der Rechtsverfolgung in einem gerichtlichen oder behördlichen Verfahren dienen, regelmäßig das Rechtsschutzbedürfnis. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass auf den Ablauf eines rechtsstaatlich geregelten Verfahrens nicht dadurch Einfluss genommen und seinem Ergebnis nicht dadurch vorgegriffen werden soll, dass ein an diesem Verfahren Beteiligter durch Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche in seiner Äußerungsfreiheit eingeengt wird. Ob das Vorbringen wahr und erheblich ist, soll allein in dem seiner eigenen Ordnung unterliegenden Ausgangsverfahren geklärt werden (st.Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 20.6.2023 – VI ZR 207/22, GRUR 2023, 1325 Rn. 9 = WRP 2023, 1477; Urt. v. 21.11.2024 – I ZR 10/24, GRUR 2025, 493 Rn. 13 = WRP 2025, 622 – Cornea-Implantat). [13] Sind die angegriffenen Äußerungen außerhalb eines gerichtlichen oder behördlichen Verfahrens erfolgt, stehen aber mit einem solchen in Zusammenhang, fehlt das Rechtsschutzbedürfnis nur dann, wenn die wettbewerbsrechtliche Unterlassungsklage auf eine Beschränkung der Rechtsverfolgung oder -verteidigung des Gegners gerichtet ist, die im Fall des Obsiegens in dem nachfolgenden gerichtlichen oder behördlichen Verfahren fortwirkte. Hiervon ist nicht auszugehen, wenn mit der wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklage nicht die Rechtsverfolgung oder -verteidigung an sich, sondern lediglich Ausführungen zu ihrer Begründung angegriffen werden (vgl. BGH, Urt. v. 23.4.2020 – I ZR 85/19, GRUR 2020, 886 Rn. 22 f. = WRP 2020, BERUFSRECHTE UND PFLICHTEN BRAK-MITTEILUNGEN 5/2025 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 360

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