ziehen, § 32 I BRAO. Danach hat die Kammer bei der Führung der Mitgliedsakte den Grundsatz der vollständigen Aktenführung zu beachten. Diese Pflicht ergibt sich aus dem Rechtsstaatsprinzip und dem Transparenzgebot, ohne in § 29 VwVfG oder § 58 II BRAO ausdrücklich genannt zu sein. Die Verwaltungsvorgänge müssen aktenkundig gemacht werden, um die Vorgänge objektiv nachvollziehen zu können. Dies ist Voraussetzung für die Rechtsschutzgarantie, Art. 19 IV GG.5 5 Stelkens/Bonk/Sachs/Kallerhoff/Mayen, 10. Aufl. 2022, VwVfG § 29 Rn. 29. Das Gebot der Aktenmäßigkeit bezieht auch auf nichtförmliche Verwaltungsverfahren.6 6 Schoch/Schneider/Schneider, 6. EL November 2024, VwVfG § 29 Rn. 46. Die Verwaltung unterliegt dem Gebot der Vollständigkeit. Danach sind alle wesentlichen Verfahrenshandlungen vollständig und nachvollziehbar zu erfassen. Insbesondere sind bei der Behörde eingegangene Schriftstücke zu den Akten zu nehmen.7 7 Schoch/Schneider/Schneider, 6. EL November 2024, VwVfG § 29 Rn. 47. Dem Gebot der wahrheitsgetreuen Aktenführung entspricht es, dass alle Schriftstücke, die das entsprechende Verfahren betreffen, zu den Akten zunehmen sind.8 8 Knack/Ritgen, VwVfG, 11. Aufl. 2020, § 29 VwVfG Rn. 16. Das Kammermitglied hat nach § 58 II BRAO ein umfangreiches Akteneinsichtsrecht. Dieses setzt im Gegensatz zum Akteneinsichtsrecht nach § 29 VwVfG auch kein laufendes Verwaltungsverfahren voraus, ist also nicht verfahrensakzessorisch. Das Einsichtsrecht kann auch nicht durch Erfüllung erlöschen, sondern kann wiederholt wahrgenommen werden.9 9 Weyland/Nöker, 11. Aufl. 2024, BRAO § 58 Rn. 14 f. Das Kammermitglied muss die Einsicht auch nicht persönlich oder durch ein anderen Rechtsanwalt bzw. eine andere Rechtsanwältin wahrnehmen. Nach § 32 I BRAO i.V.m. § 14 VwVfG kann das Kammermitglied die Akteneinsicht auch durch einen Bevollmächtigten wahrnehmen lassen. Dies muss seit der Gesetzesänderung 2021 nicht mehr der Rechtsanwalt sein. Bei der Akteneinsicht dürfen Aufzeichnungen und Kopien angefertigt werden. Grenzen findet das Einsichtsrecht in § 29 VwVfG, auf den § 58 II BRAO verweist. Geht die Kammer zivilrechtlich z.B. nach dem UWG gegen ein Kammermitglied vor, darf sie dem betreffenden Kammermitglied die Einsicht in die Korrespondenz mit dem Prozessvertreter der Kammer während des laufenden Zivilprozess verweigern.10 10 BGH, NJW-RR 2014, 883. Nach § 205a BRAO sind die dort gegen das Kammermitglied getroffenen und enumerativ aufgelisteten Maßnahmen und Entscheidungen in den Fristen des § 205a I BRAO zu löschen. So sind z.B. alle Eintragungen zu den Warnungen, Rügen und Belehrungen der Kammer nach fünf Jahren zu löschen. Im Fall des Ausschlusses aus der Rechtsanwaltschaft ist zu unterscheiden, ob das ausgeschlossene Mitglied wieder zugelassen wird. Ist dies der Fall, ist der Ausschluss 20 Jahre nach der Neuzulassung zu löschen, § 215a I 4 Nr. 3 BRAO. Erfolgt keine Wiederzulassung, ist der Ausschluss dauerhaft zu dokumentieren.11 11 Weyland/Nöker, § 58 BRAO, Rn. 18 Wechselt ein Kammermitglied den Kammerbezirk, übersendet seine ursprüngliche Rechtsanwaltskammer die Mitgliedsakte an seine neue Mitgliedskammer und löscht alle bei ihr noch gespeicherten Daten der Mitgliedsakte. Lediglich der Hinweis auf die Versendung der Mitgliedsakte an die neue Kammer ist zu speichern.12 12 Weyland/Nöker, § 58 BRAO, Rn. 19 In der Rubrik „Stichwort Berufsrecht“ werden in jeder Ausgabe der BRAK-Mitteilungen Grundbegriffe des anwaltlichen Berufsrechts kurz erklärt. Die BRAK-Mitteilungen wollen so eine schnelle Information über wichtige Bereiche des Berufsrechts wie etwa die Selbstverwaltung oder die anwaltlichen Core Values ermöglichen. Die Stichworte verfassen abwechselnd u.a. Daniela Neumann (DN), Christian Dahns (Da), Dr. Tanja Nitschke (tn) und Prof. Dr. Christian Wolf (CW). AUS DER ARBEIT DER BRAK DIE BRAK IN BERLIN RECHTSANWÄLTIN DR. TANJA NITSCHKE, MAG. RER. PUBL., BRAK, BERLIN Der Beitrag gibt einen Überblick über die Tätigkeit der BRAK auf nationaler Ebene im Juli und August 2025. Einen inhaltlichen Schwerpunkt bildeten dabei weiterhin die zahlreichen Reformvorhaben zur Digitalisierung und Modernisierung der Justiz. beA UND ELEKTRONISCHER RECHTSVERKEHR Der Betrieb und die Weiterentwicklung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) sowie die weitere Entwicklung des elektronischen Rechtsverkehrs (ERV) sowohl auf rechtlicher wie auf technischer Ebene bildeAUS DER ARBEIT DER BRAK BRAK-MITTEILUNGEN 5/2025 AUS DER ARBEIT DER BRAK 348
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