2. Scheitert die Übermittlung per beA an einem unerwarteten Defekt, kann vom Rechtsanwalt zwar grundsätzlich nicht verlangt werden, innerhalb kürzester Zeit eine andere Zugangsart sicherzustellen (vgl. BGH, Beschl. v. 17.12.2020 – III ZB 31/20 Rn. 18). Im Einzelfall kann das Ausweichen auf eine andere Übermittlungsart (Ersatzeinreichung mittels Fax oder Computerfax) aber geboten sein, insbesondere dann, wenn der Zusatzaufwand geringfügig und zumutbar ist. OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.2.2025 – 8 UF 125/24, NJW-RR 2025, 760 Dass Schriftsätze „auf den letzten Drücker“ zu Gericht geschickt werden, wird sich wohl nicht ändern. Es ist aber die Frage, wie knapp vor Mitternacht das geschehen darf. Der BGH hatte zuletzt5 5 BGH, NJW-RR 2025, 757. eine 20-Minuten-Reserve erwähnt, aber letztlich dahinstehen lassen. Das OLG Frankfurt zieht auch die 20-Minuten-Reserve (zum Fax) heran – ließ aber den Prozessbevollmächtigten, der bereits um 23:20 Uhr mit der Versendung begonnen hatte, trotzdem ins Messer laufen. Zum einen müsse eine längere Zeitreserve einkalkuliert werden, wenn die Versendung von einem unbekannten HotelWLAN erfolge. Zudem hätten Alternativen versucht werden müssen, beispielsweise durch Schaffung eines „hotspots“ über Mobiltelefon. Die Anforderungen an die zu treffenden Maßnahmen sind am Maßstab der Zumutbarkeit zu messen. Dass ein Prozessbevollmächtigter von unterwegs Schriftsätze über ein öffentliches WLAN versendet, ist heutzutage nicht mehr ungewöhnlich. Öffentliche WLAN-Netze im Hotel indizieren aber nicht per se eine längere Übertragungszeit. Es ist nicht erklärlich, wieso die Anforderungen von manchen Gerichten so streng gehandhabt werden. Der Rechtsstreit wird durch solche Fristüberschreitungen von meist wenigen Minuten jedenfalls nicht verzögert, sodass nicht verständlich ist, wieso man sich mit der Gewährung von Wiedereinsetzung so schwer tut. (ju) IMMER WIEDER: NUR ANWALT SELBST KANN OHNE qeS WIRKSAM AUS SEINEM POSTFACH VERSENDEN Ein Rechtsanwalt kann das Recht, nicht-qualifiziert elektronisch signierte Dokumente auf einem sicheren Übermittlungsweg zu versenden, nicht auf andere Personen übertragen (§ 23 III 5 RAVPV). OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 16.6.2025 – OVG 80 N 1/25 Durch die Regelungen des § 130a III und IV ZPO soll sichergestellt werden, dass die Identität des Signierenden von einem Dritten geprüft und bestätigt wurde. Bei der Übermittlung mittels beA geschieht die Überprüfung der Identität des Absenders anlässlich der Prüfung des Zulassungsantrags durch die Rechtsanwaltskammern und der nachfolgenden Zuteilung eines beA an den Rechtsanwalt. Der sichere Übermittlungsweg über das beA gewährleistet die Identität des Absenders deshalb nur dann, wenn die verantwortende Person, also der Rechtsanwalt als Inhaber des beA, den Versand selbst vornimmt. Ein vom Büropersonal über das beA eines Rechtsanwalts übermitteltes Dokument eines bestimmenden Schriftsatzes ist nicht wirksam eingereicht und kann somit nicht fristwahrend wirken. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.4.2025 – 24 U 64/25 Dass es in der Anfangszeit des beA noch zu dieser oder jener Vorgehensweise Unklarheiten gab, war verständlich. Die grundlegenden Regeln der Versendung sollten aber nun, nach mehreren Jahren, eigentlich jeder Anwältin und jedem Anwalt geläufig sein – sind es aber offenbar immer noch nicht. Immer wieder wird Büromitarbeitenden oder Kolleginnen aufgetragen, wegen z.B. noch zu korrigierender Schreibfehler und notwendigen Aufbruchs zu einem Termin den Schriftsatz aus dem beA des verantwortenden Anwalts zu versenden. Ohne qualifizierte elektronische Signatur funktioniert es aber nicht wirksam. Leider lesen anscheinend nicht alle Kollegen und Kolleginnen regelmäßig die BRAK-Mitteilungen. (ju) EBENFALLS IMMER WIEDER: UNTERSCHRIFT BEI beA-VERSENDUNG MIT EINFACHER SIGNATUR Zum Erfordernis der einfachen Signatur bei Übersendung eines Schriftsatzes auf einem sicheren Übermittlungsweg (im Anschluss an Senatsbeschluss v. 7.9.2022 – XII ZB 215/22, FamRZ 2022, 1865). BGH, Beschl. v. 9.4.2025 – XII ZB 599/23, BRAK-Mitt. 2025, 408 Ls. (in diesem Heft) Die Prozessbevollmächtigte, eine Einzelanwältin, hatte sowohl Berufung als auch Berufungsbegründung eigentlich rechtzeitig eingelegt. Beide Schriftsätze endeten mit der Bezeichnung „Rechtsanwältin“, ohne dass sich irgendwo ein Name oder eine Unterschrift befand. In den Transfervermerken war beim Feld „Qualifiziert elektronisch signiert“ „Nein“ angegeben. Das genügt dem BGH nicht, um klarzustellen, dass der Absender damit die inhaltliche Verantwortung für das Dokument übernimmt. Das gelte auch, wenn nur eine Anwältin oder ein Anwalt auf dem Briefkopf aufgeführt sei; es könne nämlich auch dann nicht ausgeschlossen werden, dass daneben weitere angestellte Anwälte in der Kanzlei tätig seien, so dass eben ungewiss bleibe, wer nun die notwendige Verantwortung übernehme. Die unwirksamen Schriftsätze konnten die Fristen nicht wahren. Wiedereinsetzung wurde nicht gewährt. (bc) Bei einfacher Signatur gem. § 130a III 1 Alt. 2 ZPO muss die Namenswiedergabe so entzifferbar sein, dass sie von den Empfängern des Dokuments ohne Sonderwissen oder Beweisaufnahme einer bestimmten Person als Verantwortlicher zugeordnet werden kann (Anschluss an BGH, Beschl. v. 7.9.2022 – XII ZB 215/22 Rn. 11). BGH, Beschl. v. 24.6.2025 – VI ZB 91/23, BRAK-Mitt. 2025, 280 AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 5/2025 345
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