vorzeitigen Zugewinnausgleich und es gab nach Ansicht des Senats auch keinen Grund anzunehmen, dass hier ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs wegen grober Unbilligkeit in Frage kommen könnte. Dabei konnte er dann offenlassen, ob überhaupt schlussendlich grobe Unbilligkeit mit Erfolg hätte eingewendet werden können. Damit ist klargestellt: Auch Mandantinnen und Mandanten treffen Informationspflichten, die letztlich in Wechselwirkung mit den mandatsbezogenen anwaltlichen Beratungspflichten stehen.3 3 Dazu schon BGH – IX ZR 23/04, NJW 2006, 501. Natürlich ist am Ende die Beurteilung einer Nachfragepflicht auch sehr einzelfallbezogen. Im Zweifel ist entsprechendes Nachfragen selbstredend besser. (bc) RECHTSSCHUTZVERSICHERER-REGRESS WEGEN AUSSICHTSLOSER VORGERICHTLICHER TÄTIGKEIT Ein Rechtsschutzversicherer, der einen Anwalt wegen aussichtloser vorgerichtlicher Tätigkeit aus übergegangenem Recht seiner Versicherungsnehmer nach § 86 VVG in Anspruch nimmt (hier: „Diesel-Fälle“), muss darlegen und beweisen, dass das Vorgehen objektiv unzweckmäßig war und dass die Diesel-Hersteller auf keinen Fall zahlungs- oder vergleichsbereit waren. LG Hanau, Urt. v. 2.7.2025 – 9 O 1563/24 Die Klägerin, ein Rechtsschutz-Schadenregulierungsunternehmen, macht gegen die beklagte Kanzlei Schadensersatzansprüche aus übergegangenem Recht nach § 86 VVG geltend. Sie wirft der Kanzlei vor, in einer Vielzahl von „Diesel-Mandaten“ unnötigerweise Kosten für außergerichtliche Anspruchsgeltendmachung abgerechnet zu haben. Diese seien aussichtslos gewesen, da die Fahrzeughersteller bekanntermaßen zahlungsunwillig gewesen seien. Die Kanzlei hätte den rechtsschutzversicherten Mandanten daher von einer außergerichtlichen Geltendmachung abraten und sogleich Klage erheben müssen. Zudem seien die zugrunde gelegten Streitwerte (voller Kaufpreis der Fahrzeuge) überhöht gewesen, weil kein Nutzungsersatz in Abzug gebracht wurde. Das LG wies die Klage ab. Soweit es sich um eine Feststellungsklage handelt, sei diese teilweise wegen Vorrangs der Leistungsklage bereits unzulässig. Der Klägerin seien die vom Beklagten abgerechneten Streitwerte bekannt. Hinsichtlich der für einen abzuziehenden Nutzungsersatz relevanten Kilometerleistungen hätte die Klägerin die Möglichkeit gehabt, diese bei ihren Versicherungsnehmern zu erfragen. Die Klage sei zudem insgesamt unbegründet. Die Klägerin trage die Darlegungs- und Beweislast, dass dem Beklagten keine vorgerichtliche Geschäftsgebühr zugestanden habe bzw. ein überhöhter Streitwert abgerechnet worden sei. Vor der Entscheidung des BGH vom 23.2.20214 4 BGH, Beschl. v. 23.2.2021 – VI ZR 1191/20, MDR 2021, 574. sei es mangels einer bis dahin gebildeten herrschenden Meinung noch zumindest vertretbar und daher nicht pflichtwidrig gewesen, Honorar auf der Basis des vollen Kaufpreises abzurechnen. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass die bei ihr rechtsschutzversicherten Mandanten dem Beklagten von Anfang an einen unbedingten Klageauftrag erteilt hätten. Der Beklagte habe ausreichend dargelegt, dass er die Mandanten über die alternative Möglichkeit eines zunächst außergerichtlichen Vorgehens oder einer sofortigen Klageerhebung belehrt habe, wobei er zunächst ein außergerichtliches Vorgehen empfohlen habe. Dies sei auch nicht von vornherein unzweckmäßig gewesen. Auch wenn bekannt gewesen sei, dass die Dieselhersteller auf außergerichtliche Zahlungsaufforderungen in der Regel nicht leisteten, sei eine sichere Prognose nicht möglich gewesen und der Anwalt daher verpflichtet gewesen, zunächst den kostengünstigeren Weg der außergerichtlichen Geltendmachung zu empfehlen. Der Abschluss etwaiger Vergleiche sei erfahrungsgemäß mit einer Verschwiegenheitsklausel verbunden, so dass sie deswegen nicht öffentlich geworden seien. Zudem diene eine außergerichtliche Zahlungsaufforderung dazu, Verzug herzustellen und ein kostenbefreiendes, sofortiges Anerkenntnis zu verhindern. Weiter habe ein außergerichtliches Vorgehen die Möglichkeit eröffnet, von den Herstellern eine Aussage zum Vorhandensein einer Abschalteinrichtung o.ä. zu erhalten, um so die Erfolgsaussichten einer Klage zu klären. Gegen eine offenkundige Aussichtslosigkeit vorgerichtlichen Tätigwerdens spreche auch, dass die Gerichte bei Bejahung eines Schadensersatzanspruchs i.d.R. auch die vorgerichtlichen Anwaltskosten zugesprochen hätten. Auch die Erteilung einer Deckungszusage für ein vorgerichtliches Vorgehen durch die Klägerin habe beim Beklagten nicht den Eindruck erweckt, dass sie dieses als von vornherein aussichtlos bewerte. Der BGH hat entschieden, dass die anwaltlichen Beratungspflichten über die Erfolgsaussichten einer Rechtsverfolgung im rechtsschutzversicherten Mandat in keiner Weise reduziert sind. Ein Rechtsschutzversicherer sei auch nicht verpflichtet, im Vorhinein die Kostendeckung wegen fehlender Erfolgsaussichten abzulehnen.5 5 BGH, Urt. v. 16.9.2021 – IX ZR 165/19, MDR 2021, 1357, Besprechung von Grams, BRAK-Mitt. 2021, 370. Im konkreten Fall verneinte das LG aber zu Recht eine anwaltliche Pflichtverletzung. (hg) FRISTEN beA VOR MITTERNACHT: ZEITRESERVE ERFORDERLICH 1. Auch für die Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes per elektronischem Rechtsverkehr ist eine Zeitreserve einzuplanen. Dies gilt besonders bei Benutzung einer unbekannten WLAN-Verbindung in einem Hotel. JUNGK/CHAB/GRAMS, PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS – EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT BRAK-MITTEILUNGEN 5/2025 AUFSÄTZE 344
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