scheidung erging auf ein Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts Köln, das über die Klage einer Rechtsanwältin zu entscheiden hatte, deren Bewerbung aufgrund Überschreitens der Altersgrenze abgelehnt worden war. Die Klägerin machte geltend, dass die Altersgrenze eine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters darstelle, die gegen die Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie 2000/78/EG sowie gegen Art. 21 GRCh verstoße. Der EuGH wies diese Argumentation zurück: Zwar stelle die Altersgrenze grundsätzlich eine Ungleichbehandlung dar, diese sei jedoch nach Art. 6 I der Richtlinie 2000/78/EG gerechtfertigt, wenn sie einem legitimen Ziel der Beschäftigungs- oder Arbeitsmarktpolitik diene und angemessen sowie erforderlich sei. Der Gerichtshof betonte, dass es den Mitgliedstaaten grundsätzlich freistehe, auch im Bereich der rechtsberatenden Berufe solche Ziele zu verfolgen. Die Altersgrenze für Anwaltsnotarinnen und -notare verfolge das legitime Ziel, eine kontinuierliche und langfristige Ausübung des Notaramts sicherzustellen, was im öffentlichen Interesse liege. Sie sei im nationalen Kontext weder unangemessen noch übermäßig belastend und verletze daher keine unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote. Auch der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat jüngst in seiner Entscheidung vom 23.9.202524 24 BVerfG, Urt. v. 23.9.2025 – 1 BvR 1796/23. festgestellt, dass Altersgrenzen grundsätzlich geeignet und erforderlich sein können um die „Gewährleistung der Funktionstüchtigkeit der vorsorgenden Rechtspflege sowie einer (gerechten) Verteilung der Berufschancen“ als legitime Ziele zu erreichen. Vor dem Hintergrund des nachhaltigen Bewerbermangels im Anwaltsnotariat (nicht auch im Nur-Notariat) ist die Altersgrenze des vollendeten siebzigsten Lebensjahres jedoch nicht länger verhältnismäßig. PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS – EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT RECHTSANWÄLTIN ANTJE JUNGK, RECHTSANWÄLTE BERTIN CHAB UND HOLGER GRAMS* * Die Autorin Jungk ist Leitende Justiziarin, der Autor Chab Leitender Justiziar bei der Allianz Versicherungs-AG, München; der Autor Grams ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht in München. In jedem Heft der BRAK-Mitteilungen kommentieren die Autoren an dieser Stelle aktuelle Entscheidungen zum anwaltlichen Haftungsrecht. HAFTUNG KI-GENERIERTER SCHRIFTSATZ Es handelt sich um einen Verstoß gegen § 43a III BRAO, wenn ein Rechtsanwalt bewusst Unwahrheiten verbreitet. Hierzu gehört der wissentlich falsche Vortrag über Inhalt und Aussagen von Gesetzen und Urteilen. (eigener Ls.) AG Köln, Beschl. v. 2.7.2025 – 312 F 130/25, BRAK-Mitt. 2025, 379 (in diesem Heft); s. auch Denz, BRAK-Mitt. 2025, 316 (in diesem Heft). Es ist schon über zwei Jahre her, dass die ersten (Fehl-)- Versuche von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, sich das Verfassen von Schriftsätzen von einer KI abnehmen zu lassen, zutage traten. Der Fall eines langjährig berufserfahrenen Rechtsanwalts in New York ging durch die Presse1 1 Z.B. https://www.lto.de/recht/kurioses/k/anwalt-new-york-chatgpt-recherche-schrif tsatz-fake-urteile. und wurde hierzulande – zumindest offiziell – weitgehend noch belächelt. Der Versuchung können aber natürlich auch manche deutsche Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte auf Dauer nicht widerstehen. Dass KI zeitsparend und hilfreich eingesetzt werden kann, wird in vielen Veröffentlichungen propagiert. Dass der „Zuarbeit“ aber auch Grenzen gesetzt sind, wird nicht allenthalben realisiert. Wesentlich ist, dass ein Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes übernehmen muss, damit eine wirksame Prozesshandlung vorgenommen wird. Ein KI-generierter Entwurf muss dementsprechend sorgfältig auf die Richtigkeit der getroffenen Behauptungen überprüft und die rechtlichen Schlüsse anhand eigenen Fachwissens verifiziert werden. Es ist sicher davon auszugehen, dass mittlerweile schon einige Schriftsätze bei den Gerichten gelandet sind, die diesen Voraussetzungen nicht entsprechen – nur hat es offenbar dann niemand bemerkt. Hier hat sich das AG Köln aber dann doch einmal die Mühe gemacht, den Vortrag der Antragsgegnerin genauer unter die Lupe zu nehmen. Es ging um die Voraussetzungen für das elterliche Umgangsrecht und insb. die Anordnung eines Wechselmodells. Das AG Köln stellt fest: „Die weiteren von dem Antragsgegnervertreter im Schriftsatz vom 30.6.2025 genannten Voraussetzungen stammen nicht BRAK-MITTEILUNGEN 5/2025 AUFSÄTZE 342
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