BRAK-Mitteilungen 5/2025

Dauerhafte Überlastung wird von 38,20 % genannt und ist damit ein zentrales Problem. Dies deutet auf strukturelle Defizite in der Arbeitsorganisation hin, möglicherweise verstärkt durch den wirtschaftlichen Druck und gestiegene Mandantenansprüche. Familienplanung spielt mit 29,46 % eine wichtige Rolle, was angesichts des hohen Frauenanteils in der jungen Anwaltschaft nicht überrascht. Dies zeigt jedoch auch, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Anwaltschaft nach wie vor problematisch erscheint. Das Arbeitsklima in der Kanzlei wird von 27,73 % als problematisch empfunden. Dies ist ein alarmierender Wert, der auf zwischenmenschliche Probleme und möglicherweise auf Führungsdefizite in den Kanzleien hindeutet. Weitere Gründe sind gesundheitliche Probleme (16,00 %), fehlende Digitalisierung der Kanzleiabläufe (15,88 %), zu hohe Kanzleikosten (10,47 %) und fehlende Fachangestellte (10,47 %). Interessant ist, dass nur 9,67 % zu wenige Mandate beklagen, was zeigt, dass das Problem nicht in mangelnder Nachfrage liegt. In dieselbe Richtung weist auch eine Untersuchung zur Berufszufriedenheit, die das Institut für Freie Berufe im Jahr 2023 durchführte:8 8 S. Genitheim, BRAK-Mitt. 2025, 5. Zu geringe Einstiegsgehälter und generell zu geringe Vergütung, hohe Stressbelastung und mangelnde Work-Life-Balance sowie der Druck innerhalb des Berufs wurden hier als negative Faktoren angegeben. 9. ERWÄGUNGEN ZUR ZULASSUNGSRÜCKGABE – ÄHNLICHE PROBLEMLAGEN Bei denjenigen, die bereits über eine Rückgabe der Zulassung nachdenken, zeigen sich ähnliche, aber teilweise noch verstärkte Problemlagen. Andere berufliche Interessen (46,33 %) und dauerhafte Überlastung (46,67 %) stehen hier gleichauf an der Spitze. Wirtschaftliche Aspekte folgen mit 31,67 %, sind aber weniger dominant als bei den allgemeinen Wechselgründen. Abb. 4: Planen Sie einen Wechsel innerhalb des Anwaltsberufes? Familienplanung spielt mit 22,67 % eine wichtige Rolle, ebenso zu hohe Kanzleikosten (18,0 %) und das Arbeitsklima (17,67 %). Gesundheitliche Gründe werden von 15,0 % genannt, fehlende Digitalisierung von 11,0 %. 10. WECHSEL INNERHALB DES ANWALTSBERUFS – BEGRENZTE FLEXIBILITÄT Bemerkenswert ist, dass nur 8,98 % der Teilnehmenden einen Wechsel innerhalb des Anwaltsberufs planen, während 47,68 % dies verneinen und 43,3 % noch unentschlossen sind (vgl. Abb. 4). Dies deutet darauf hin, dass die Probleme nicht durch einen einfachen Wechsel der Kanzlei oder der Tätigkeitsform gelöst werden können, sondern struktureller Natur sind. Von denjenigen, die einen Wechsel innerhalb der Anwaltschaft planen, streben 37,50 % eine Syndikustätigkeit an, 28,13 % eine andere selbstständige Tätigkeit (z.B. Kanzleiwechsel), 12,50 % ein Angestelltenverhältnis. Dies zeigt, dass die Syndikusanwaltschaft als attraktive Alternative zur traditionellen Anwaltschaft wahrgenommen wird. Bei den Gründen für einen solchen Wechsel stehen erneut wirtschaftliche Aspekte (50,86 %) und andere berufliche Interessen (46,61 %) im Vordergrund, gefolgt von dauerhafter Überlastung (38,20 %). Dies bestätigt, dass auch innerhalb der Anwaltschaft ähnliche Probleme wahrgenommen werden. 11. REGIONALE UNTERSCHIEDE UND STRUKTURELLE HERAUSFORDERUNGEN Die regionale Verteilung der Befragten zeigt eine starke Konzentration in Großstädten und deren Umgebung. 51,1 % der Befragten arbeiten in Städten mit über 500.000 Einwohnern, weitere 13,9 % in Städten mit mehr als 200.000 Einwohnern. Dies zeigt die starke Urbanisierung der Anwaltschaft und könnte die Probleme kleinerer Städte und ländlicher Gebiete bei der Anwaltsversorgung verstärken. 88,1 % der Befragten arbeiten an Standorten mit mindestens einem Gericht, was zeigt, dass die Nähe zur FUHRMANN, WARUM DIE ANWALTSCHAFT IHREN NACHWUCHS VERLIERT BRAK-MITTEILUNGEN 5/2025 AUFSÄTZE 328

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