Die traditionelle Einzelanwaltschaft macht nur noch 23,82 % aus (Einzelanwältinnen und -anwälte in Einzelkanzleien), hinzu kommen 3,63 % Einzelanwältinnen und -anwälte in Bürogemeinschaften. Dies bedeutet, dass nur noch etwa ein Viertel der jungen Anwältinnen und Anwälte den traditionellen Weg der Einzelpraxis wählt.3 3 Das untermauert die Untersuchung des Instituts für Freie Berufe, wonach rund 60 % der Referendarinnen und Referendare eine (dauerhaft) angestellte Tätigkeit anstreben, nur 18 % wollen zunächst angestellt tätig sein, um sich dann selbstständig zu machen; vgl. Genitheim, BRAK-Mitt. 2025, 5. Bei den angestellten Anwältinnen und Anwälten zeigt sich eine klare Präferenz für größere Strukturen: 14,29 % arbeiten in Kanzleien mit mehr als 20 Berufsträgern, 11,86 % in Kanzleien mit bis zu fünf Berufsträgern, 5,85 % in Kanzleien mit bis zu zehn Berufsträgern und 4,60 % in Kanzleien mit bis zu 20 Berufsträgern. Dies deutet darauf hin, dass junge Anwältinnen und Anwälte entweder die Sicherheit sehr großer Kanzleien oder die familiäre Atmosphäre sehr kleiner Kanzleien bevorzugen. Allerdings gilt es zu beachten, dass außerhalb der großen Städte und Ballungszentren Kanzleien mit mehr als 10 Berufsträgern eher die Seltenheit sind. Die Partnerschaft spielt bei jungen Anwältinnen und Anwälten noch eine untergeordnete Rolle: Nur 3,09 % sind Partner in Kanzleien mit bis zu fünf Berufsträgern, 0,76 % in Kanzleien mit bis zu zehn Berufsträgern. Dies ist angesichts der kurzen Berufserfahrung erwartbar. Die überwiegende Mehrheit (79,80 %) arbeitet in Vollzeit, 11,65 % in Teilzeit mit 25 Stunden oder mehr, 8,55 % in Teilzeit mit weniger als 25 Stunden. Die relativ hohe Teilzeitquote von 20,2 % deutet darauf hin, dass Work-Life-Balance und Vereinbarkeit von Familie und Beruf bereits bei Berufseinsteigerinnen und -einsteigern ein wichtiges Thema ist. 5. TÄTIGKEITSGEBIETE – SPEZIALISIERUNG UND MARKTENTWICKLUNG Bei den Tätigkeitsgebieten zeigen sich interessante Schwerpunkte und Trends. Das Arbeitsrecht dominiert Abb. 2: Zukunftsperspektive mit 25,64 %,4 4 Damit korrespondierend steigt auch die Zahl der Fachanwältinnen und Fachanwälte für Arbeitsrecht seit vielen Jahren kontinuierlich, vgl. BRAK, Entwicklung der Fachanwaltschaften seit 1960. was die hohe Nachfrage nach arbeitsrechtlicher Beratung und die soliden Verdienstmöglichkeiten in diesem Bereich widerspiegelt. Die starke Präsenz von Syndikusanwältinnen und -anwälten in der Umfrage könnte diesen hohen Anteil mit erklären. Handels- und Gesellschaftsrecht folgt mit 23,19 % und zeigt, dass wirtschaftsrechtliche Beratung nach wie vor attraktiv ist. Schuldrecht macht 17,17 % aus. Möglicherweise werden hier auch inkassoähnliche Tätigkeiten erfasst. Miet- und Wohnungseigentumsrecht (14,21 %) und Steuerrecht (6,52 %) zeigen die Bedeutung praktischer Rechtsgebiete mit breiter Nachfrage. Bemerkenswert ist der relativ hohe Anteil von Internationalem Wirtschaftsrecht (10,54 %), was die Tätigkeit in großen, auch internationalen Wirtschaftsrechtskanzleien widerspiegelt. Familienrecht und Sozialrecht machen nur 5,63 % bzw. 5,18 % aus, was angesichts der emotionalen Belastung dieser Rechtsgebiete nicht überrascht.5 5 Für beide Rechtsgebiete sinkt auch die Zahl der Fachanwaltschaften seit mehreren Jahren kontinuierlich, vgl. BRAK, Entwicklung der Fachanwaltschaften seit 1960. Strafrecht kommt auf 7,58 %, was zeigt, dass es nach wie vor eine Faszination ausübt.6 6 Auch hier steigt die Zahl der Fachanwaltschaften seit vielen Jahren kontinuierlich, vgl. wiederum BRAK, Entwicklung der Fachanwaltschaften seit 1960. 6. ZUKUNFTSPERSPEKTIVEN – ALARMIERENDE TRENDS Die Ergebnisse zur Zukunftsperspektive sind das besorgniserregendste Element der gesamten Umfrage (vgl. Abb. 2). Nur 54,88 % der Befragten wollen dauerhaft im Anwaltsberuf bleiben. Dies bedeutet, dass fast die Hälfte der jungen Anwältinnen und Anwälte bereits Zweifel an ihrer Berufswahl hegt oder diese sogar bereut.7 7 Die Studie des Instituts für Freie Berufe aus 2023 zur Berufszufriedenheit zeigte ein weniger negatives Bild: 36 % der Teilnehmenden gaben dort an, sie würden den Beruf nicht wieder wählen, 64 % würden dies tun; vgl. Genitheim, BRAK-Mitt. 2025, 5, 6. BRAK-MITTEILUNGEN 5/2025 AUFSÄTZE 326
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