rin jedoch halluzinierte Fundstellen entweder ungeprüft oder nur oberflächlich geprüft übernommen hat.37 37 Dazu stellt sich die Frage ob gezielte Prompts auch eine eigene Leistungserbringung darstellen können. Sieht man in § 43 BRAO eine Auffangnorm bei Lücken,38 38 Alleinige Anwendung offenglassen BGH, NJW-RR 2015, 186, bejaht i.V.m. § 667; AGH NRW, BRAK-Mitt. 2011, 150. kann durchaus ein Verstoß gegen die Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung aufgrund der verwendeten KI-Halluzinationen in Betracht kommen.39 39 Zu der Thematik Hartung, Halluzinationen in Schriftsätzen, abrufbar unter https:// anwaltsblatt.anwaltverein.de/de/themen/kanzlei-praxis/halluzinationen-in-schrifts aetzen; ablehnendRömermann, Anwalt reicht KI-Schriftsatz mit Fehlern bei Gericht ein, https://www.lto.de/recht/juristen/b/ag-koeln-familiengericht-312f130-25-schri ftsatz-ki-anwalt-berufspflichten, ebenso ablehnendDahns, NJW-Spezial 2025, 607. Denn eben auch ein Verstoß gegen zivilrechtliche Pflichten kann eine Verletzung der Berufspflichten nach § 43 BRAO begründen, wenn es sich um grobe Pflichtverletzungen bei der Berufsausübung handelt, die die äußere Seite der anwaltlichen Tätigkeit betreffen und mit einer gewissenhaften Berufsausübung sowie der Stellung des Rechtsanwalts unvereinbar sind.40 40 BGH, NJW-RR 2015, 186, Rn. 13. Auch hier wird es daher auf den Einzelfall, den Umfang der Halluzinationen und deren Ausmaß ankommen. Jedenfalls werden vereinzelte fehlerhafte Fundstellen, auch wenn sie billigend in Kauf genommen wurden, keinen Verstoß begründen können. Es kann eben nicht darum gehen den § 43 BRAO als Auffangtatbestand heranzuziehen, wenn bisher bewusst die Pflicht nicht statuiert oder bewusst enger gezogen wurde (bzgl. § 43 und § 43a IV BRAO, Bayerischer AGH, BeckRS 2025, 14017). III. HAFTUNG UND HONORAR Das Vorliegen eines berufsrechtlichen Fehlverhaltens bedeutet indes nicht, dass die Nutzung halluzinierter Urteile, Gesetze und Literarturstellen gleichsam automatisch einen Haftungsfall auslöst. In Bezug auf die Ansprüche zwischen Mandant und Anwalt stellen sich mehrere Fragen, die sich grob in zwei Fallgruppen einordnen lassen, wenngleich sich die Probleme zum Teil überschneiden. Zum einen, ob den Mandanten ein ersatzfähiger Schaden durch die Nutzung der KI entstanden ist. Zum anderen, welche Auswirkungen die Nutzung der KI auf die Honoraransprüche der Rechtsanwältin bzw. des Rechtsanwalts hat. 1. SCHADENSERSATZANSPRÜCHE DES MANDANTEN Grundsätzlich finden die allgemeinen Regeln des Vertrags- und Haftungsrechts Anwendung, die lediglich an die Besonderheiten bei fehlerhaften KI-Ergebnissen anzupassen sind.41 41 Thole/Rolff, Anwaltliche Vertragspflichten und Haftung bei KI-Nutzung, anwaltsblatt.de, 9.2.2025, https://doi.org/10.70919/anwbl10105. a) NUTZUNG VON KI IN DER MANDATSBEARBEITUNG ALS PFLICHTVERLETZUNG Dabei ist zunächst festzustellen, dass der Einsatz von KI nicht grundsätzlich verboten ist, solange keine ausdrückliche Vereinbarung und kein sich aus der Vertragsauslegung ergebendes Verbot dem entgegenstehen.42 42 Schaub, NJW 2023, 2145, 2146 Rn. 4; Thole/Rolff, Anwaltliche Vertragspflichten und Haftung bei KI-Nutzung, anwaltsblatt.de, 9.2.2025, https://doi.org/10.70919/ anwbl10105. Sollte auf der anderen Seite nicht ausdrücklich die Nutzung von KI im Vertrag vorgesehen sein, bleibt es bei der Pflicht zur höchstpersönlichen Leistungserbringung. Die KI-Anwendung kann dann nicht an die Stelle der Leistung selbst treten, sondern lediglich unterstützend erfolgen.43 43 Sollte es in einem Bereich Standard der Mandatsbearbeitung sein, KI zu nutzen, kann der Einsatz von KI sogar obligatorisch sein, allg. zur persönlichen LeistungserbringungSchaub, NJW 2023, 2145, 2146 Rn. 4. Die KI kann daher grundsätzlich zur Recherche, zur Rechtschreib- und Grammatikprüfung sowie zur Umformulierung und Strukturierung einzelner Textpassagen eingesetzt werden. Eine darüberhinausgehende Frage ist, ob die Rechtsanwältin bzw. der Rechtsanwalt über die Nutzung der KI aufklären muss. Richtigerweise muss im Grundsatz keine Aufklärung über jegliche Hilfsmittel erfolgen. Für den Mandanten sind die umfassende Rechtsberatung und das Erreichen des Mandatsziels entscheidend.44 44 SoThole/Rolff, Anwaltliche Vertragspflichten und Haftung bei KI-Nutzung, anwaltsblatt.de, 9.2.2025, https://doi.org/10.70919/anwbl10105. Bei der Nutzung der KI sind nach den allgemeinen Haftungsregimen die Sorgfaltsmaßstäbe anzulegen, die auch bei der Bearbeitung ohne KI notwendig wären. Das bedeutet, dass die von der KI generierten Ergebnisse im Einzelfall überprüft werden müssen.45 45 Schaub, NJW 2023, 2145, 2149 Rn. 18; in Bezug auf die Sorgfaltspflichten eines Gutachters Schaub, DS 2025, 38, 41. Dies dürfte zumindest uneingeschränkt für die Tatsachen, also für Urteile, Literaturstellen und Gesetzestexte, gelten. Eine unkritische oder unkontrollierte Übernahme KI-generierter Inhalte genügt den Grundpflichten aus dem Anwaltsvertrag eben nicht.46 46 LG Frankfurt a.M., Beschl. v. 25.9.2025 – 2/13 S 56/24, BeckRS 2025, 24784 Rn. 3. Etwaige Fehler der KI schlagen unmittelbar als Fehler des Anwalts durch.47 47 Remmertz, Legal Tech-Strategien/Jungk, 2. Aufl. 2025, § 7 Rn. 27. Erst kürzlich betonte der BGH nochmals die Sorgfaltspflichten beim Umgang mit digitalen Hilfsmitteln. Wenn, wie in dem entschiedenen Fall, ein Word-Dokument automatisch in ein PDF zum Versand umgewandelt wird, hat der Rechtsanwalt oder die Rechtsanwältin die Pflicht, auch das generierte Arbeitsergebnis auf Richtigkeit und Vollständigkeit selbst sorgfältig zu überprüfen.48 48 BGH, Beschl. v. 8.7.2025 – VIII ZB 12/25, BeckRS 2025, 19560 Rn. 17 ff. Ebenso wird das Verschulden der Rechtsanwältin oder des Rechtsanwalts zumeist unproblematisch zu bejahen sein. Übernimmt sie oder er die von einer KI generierten Ergebnisse ungeprüft, sei es im Rahmen seiner Rechtsberatung gegenüber dem Mandanten oder durch die Verwendung in einem Schriftsatz gegenüber der Gegenseite oder dem Gericht, so wird nach den allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts ein Vertretenmüssen vorliegen. Gemäß § 280 I 2 BGB greift dabei die gesetzliche Vermutung, dass sie bzw. er ihre bzw. seine Pflichtverletzung zu vertreten hat. Mit seiner/ihrer Unterschrift übernimmt der Rechtsanwalt bzw. die DENZ, BERUFS- UND HAFTUNGSRECHTLICHE FOLGEN VON HALLUZINIERTEN KI-ERGEBNISSEN BRAK-MITTEILUNGEN 5/2025 AUFSÄTZE 320
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