BRAK-Mitteilungen 5/2025

SONSTIGES AUFHEBUNG EINER GEWÄHRTEN ERMÄSSIGUNG DES KAMMERBEITRAGS VwVfG § 48 I 2 * Es ist zulässig, wenn eine Rechtsanwaltskammer in einer satzungsmäßigen Regelung über die Ermäßigung des Kammerbeitrags auf alle Einkunftsarten abstellt und nicht allein auf die Einkünfte aus anwaltlicher Tätigkeit. Hamburgischer AGH, Urt. v. 13.6.2025 – AGH II ZU 2/2023 (II-44) AUS DEM TATBESTAND: Der Kl. wendet sich gegen einen Bescheid der Bekl., mit dem eine ihm ursprünglich gewährte Ermäßigung des Kammerbeitrags um 50 % aufgehoben wird. Mit Beitragsbescheid v. 5.2.2020 wurde der Kammerbeitrag des Kl. für das Jahr 2020 auf 348 Euro zzgl. 6 Euro Ausbildungsumlage festgesetzt. Der Kl. schickte diesen Beitragsbescheid v. 5.2.2020 am 21.2.2020 per Telefax an die Bekl., versehen mit der handschriftlichen Aufschrift: „S.g.D.u.H., ganz höflich bitte ich um Stundung bis zum 31.12.20, da ich noch nicht weiß wieviel ich verdiene. M.f.G. (Unterschrift unleserlich)“. Am 16.4.2021 teilte die Bekl. dem Kl. mit, seinen Antrag als Stundungs- und Ermäßigungsantrag verstanden zu haben. Sie forderte den Kl. auf, bis zum 15.5. 2021 einen ausgefüllten Fragebogen zu übermitteln, um über die Ermäßigung entscheiden zu können. Weil weder der volle Beitrag gezahlt noch der ausgefüllte Fragebogen eingereicht wurde, forderte die Bekl. den Kl. am 16.7.2021 auf, den vollen Beitrag bis zum 9.8. 2021 zu zahlen. Eine Zahlung erfolgte nicht. Der Kl. übermittelte jedoch zunächst am 29.7.2021 und sodann in korrigierter Fassung am 9.9.2021 den ausgefüllten Fragebogen zu seinen Einkommensverhältnissen. Darin gab er an, im Jahr 2020 ... Euro an Einkünften aus selbstständiger oder angestellter Rechtsanwaltstätigkeit erzielt zu haben. Der Fragebogen trägt die Überschrift „Erklärung zu den im Kalenderjahr 2012 erzielten Gesamteinkünften“. Diese Kopfzeile korrigierte der Kl. handschriftlich dahingehend, dass die Jahreszahl gestrichen und durch „2020“ ersetzt wurde. Die Tabelle fragt ab, ob Einkünfte zwischen 0 und 15.000 Euro, zwischen 15.000 und 22.000 Euro oder über 22.000 Euro erzielt wurden, und zwar in verschiedenen Einkommensarten, u.a. aus selbstständiger oder angestellter Rechtsanwaltstätigkeit, aus Vermietung/Verpachtung und aus Kapitalvermögen. Die Felder im Fragebogen, in denen nach Einkünften aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung gefragt wird, ließ der Kl. unausgefüllt. Oberhalb der Unterschriftszeile und unter der Tabelle findet sich auf dem Formblatt der Satz „Es wird anwaltlich versichert, dass die vorstehenden Angaben richtig und vollständig sind.“ Der Kl. setzte darunter mit Datumsangabe des 15.2.2021 seine Unterschrift. Die Bekl. gewährte dem Kl. daraufhin mit Bescheid v. 21.9.2021 eine Ermäßigung des Kammerbeitrags um 50 %. Im Rahmen eines zeitlich parallel verlaufenden, mit Bescheid v. 24.3.2022 eingestellten Verfahrens über den Widerruf der Zulassung des Kl. wegen Vermögensverfalls gab der Kl. gegenüber der Bekl. am 16.9.2021 an, ein frei verfügbares Jahreseinkommen von ... Euro und ein Vermögen von ... Euro zu haben zu dem u.a. ... gehören würden. Die Bekl. schrieb den Kl. deshalb am 25.10. 2021 an und bat ihn um Aufklärung der Widersprüche zwischen seinen Eintragungen in der Tabelle zu den Einkommensverhältnissen und seinen Angaben im Widerrufsverfahren. Der Kl. reagierte nur mit der Gegenfrage, worin denn der Widerspruch liege. Mit Bescheid v. 21.6.2022 hob die Bekl. ihren Bescheid v. 21.9.2021 auf. Außerdem setzte sie wegen verspäteter Zahlung weitere 15 Euro fest, so dass sich ein Nachzahlungsbetrag von 192 Euro ergab. Die Bekl. begründete die Aufhebung damit, dass die gewährte Ermäßigung rechtswidrig sei, weil die Billigkeitsentscheidung nach § 5 der Beitragsordnung der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer nach der dafür erlassenen Richtlinie eine Ermäßigung aus sozialen Gründen dann vorsehe, wenn das zu versteuernde Jahreseinkommen bestimmte Richtwerte nicht überschreite. Diese Voraussetzungen erfülle der Kl. aufgrund seiner Gesamteinkünfte nicht. Weil der Kl. seine nennenswerten Einkünfte aus Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung nicht angegeben habe, seien diese bei der Entscheidung nicht berücksichtigt worden. Die Ermäßigungsentscheidung werde gem. § 48 I HmbVwVfG, § 32 I 1 BRAO aufgehoben. Ein schutzwürdiges Vertrauen des Kl. stehe der Aufhebung auch nicht entgegen, weil dieses gem. § 48 II Nr. 2 HmbVwVfG ausgeschlossen sei, da der Kl. unrichtige und unvollständige Angaben gemacht habe. Der Kl. legte mit Schreiben v. 24.6.2022 Widerspruch gegen die Aufhebung ein und begründete diesen damit, dass eine Rechtsgrundlage für den Bescheid nicht ersichtlich sei, er zudem nicht verpflichtet sei, Angaben zu anderem Einkommen als dem aus anwaltlicher Tätigkeit zu machen und im Übrigen hilfsweise die Aufrechnung mit angeblich bereits formulierten Gegenansprüchen erklärt habe. Die Bekl. wies den Widerspruch des Kl. nach einem entsprechenden Beschluss des Kammervorstandes am 7.9. 2022 mit Bescheid v. 27.9.2022 zurück und setzte eine Gebühr von 360 Euro für das Widerspruchsverfahren fest. Zur Begründung wiederholte die Bekl. die Ausführungen des Ausgangsbescheids und nahm hinsichtlich der GeBERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 5/2025 409

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