BRAK-Mitteilungen 5/2025

[37] Insoweit hat die Bekl. jedoch schon nicht aufgezeigt, dass diese Frage klärungsbedürftig ist und warum ein korrigierendes Eingreifen des BGH erforderlich sein soll. Die Bekl. hat nicht dargelegt, dass, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite diese Frage umstritten ist. Sie hat insoweit lediglich ihre persönliche Meinung dargestellt, ohne darzulegen, dass diese Auffassung in Rechtsprechung und Literatur überhaupt vertreten wird und insoweit aktuell ein Meinungsstreit besteht (vgl. Senat, Beschl. v. 5.5.2014 – AnwZ (Brfg) 76/13, NJW-RR 2014, 1083 Rn. 5). Der mit „ähnlich“ versehene Verweis der Bekl. auf einen Beschluss des KG (Beschl. v. 24.1.2025 – 7 U 17/24 Rn. 26) genügt insoweit nicht. HINWEISE DER REDAKTION: § 31a VI BRAO verpflichtet jede Rechtsanwältin und jeden Rechtsanwalt als Inhaber(in) eines besonderen elektronischen Anwaltspostfachs, die für dessen Nutzung erforderlichen technischen Einrichtungen vorzuhalten sowie Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen über das beA zur Kenntnis zu nehmen. Insoweit handelt es sich jedoch lediglich um eine Berufspflicht, deren Verletzung zwar berufsrechtliche Maßnahmen nach sich ziehen kann. Sie führt aber weder zu einem antizipierten Empfangswillen für alle über das beA bewirkten Zustellungen noch gilt die Zustellung ohne Empfangswillen mit dem Zugang – sei es als Fiktion oder wegen Rechtsmissbrauchs – als bewirkt. UNZUREICHENDE EINFACHE SIGNATUR MIT „RECHTSANWÄLTIN“ BORA § 10; ZPO § 130a 1. Zum Erfordernis der einfachen Signatur bei Übersendung eines Schriftsatzes auf einem sicheren Übermittlungsweg (im Anschluss an Senatsbeschl. v. 7.9.2022 – XII ZB 215/22, FamRZ 2022, 1865). * 2. Die Anfügung der Bezeichnung „Rechtsanwältin“ stellt keine Signatur dar. * 3. Der Briefbogen einer Anwaltskanzlei bietet keine Gewähr für eine vollständige Aufzählung der in einer Kanzlei tätigen Berufsträger und ist daher kein rechtssicherer Bezugspunkt für die Zuordnung der Verantwortlichkeit für einen Schriftsatz zu einem bestimmten Berufsträger. BGH, Beschl. v. 9.4.2025 – XII ZB 599/23; dazu auch Jungk/Chab/ Grams, BRAK-Mitt. 2025, 345 (in diesem Heft) Volltext unter www.brak-mitteilungen.de HINWEISE DER REDAKTION: Die Entscheidung liegt auf einer Linie mit der Rechtsprechung anderer Senate des BGH sowie des BAG. Diese sehen ebenfalls „Rechtsanwältin” bzw. „Rechtsanwalt” ohne die Nennung eines Namens nicht als ausreichend an, um zweifelsfrei nachzuweisen, dass die Anwältin oder der Anwalt die Verantwortung für den Inhalt der Klageschrift übernommen und diese willentlich in den Rechtsverkehr eingebracht hat (s. dazu zuletzt BGH, BRAK-Mitt. 2025, 78). Zu den Anforderungen an die bzw. zum Fehlen der einfachen Signatur bei einem Einzelanwalt s. auch bereits BAG, BRAK-Mitt. 2022, 338 mit Anm. Nitschke sowie Nitschke, BRAK-Mitt. 2023, 74, 78. Unschädlich ist die fehlende Wiedergabe des Namens am Ende des Schriftsatzes hingegen, wenn eine Anwältin oder ein Anwalt den Schriftsatz qualifiziert elektronisch signiert hat. Denn durch diese wird ebenfalls die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes übernommen, selbst wenn jemand anderes den Schriftsatz verfasst hat. UNZUMUTBARE NUTZUNG DES beA BEI KLAGE IN EIGENER SACHE FGO § 52d S. 1; EStG § 21 Erhebt ein Rechtsanwalt beim Finanzgericht eine Klage in eigener Sache, besteht jedenfalls dann keine Pflicht zur Übermittlung der Klageschrift als elektronisches Dokument nach § 52d S. 1 FGO, wenn der Kläger seinen Status in der Klageschrift nicht offenlegt und wenn die Nutzung seines beA unzumutbar ist, weil Mitarbeiter seiner Kanzlei Zugriff auf sein beA haben und deshalb bei Nutzung desselben Einblick in seine steuerlichen Verhältnisse erhalten würden. FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11.6.2025 – 3 K 3005/23 Volltext unter www.brak-mitteilungen.de HINWEISE DER REDAKTION: Der BGH hat die aktive Nutzungspflicht bisher stets statusbezogen ausgelegt. Für verschiedene Konstellationen, in denen ein Rechtsanwalt in eigenem Namen aufgetreten ist und Rechtsmittel eingelegt hat, hat er daher eine Nutzungspflicht explizit bejaht (BGH, BRAK-Mitt. 2023, 58 – Insolvenzverwalter; BGH, BRAK-Mitt. 2023, 426 Ls. – Berufsbetreuer; BGH, BRAK-Mitt. 2024, 243 Ls. – Zwangsvollstreckungsverfahren; BGH, BRAK-Mitt. 2025, 287 mit Anm. Nitschke–Teilungsversteigerungsverfahren). ELEKTRONISCHER RECHTSVERKEHR BRAK-MITTEILUNGEN 5/2025 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 408

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