fachten Zustellungsart nach § 5 IV VwZG ist jedoch nicht die Zustellung über das beA, sondern die Verwendung eines Empfangsbekenntnisses. Eine solche hat die Bekl. weder verfügt noch bewirkt, sondern den Bescheid lediglich elektronisch per beA an den Kl. versandt. [8] bb) Es kann dahingestellt bleiben, ob vor diesem Hintergrund überhaupt eine Heilung nach § 8 VwZG möglich wäre. Jedenfalls scheidet eine Heilung hier – entgegen der Auffassung der Bekl. – deshalb aus, weil es an der erforderlichen empfangsbereiten Entgegennahme des Widerrufsbescheids durch den Kl. fehlt. [9] (1) Die Zustellung gegen Empfangsbekenntnis setzt nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung voraus, dass der Adressat empfangsbereit ist, also den Willen hat, das Schriftstück als zugestellt entgegenzunehmen (vgl. BGH, Urt. v. 14.9.2011 – XII ZR 168/09, BGHZ 191, 59 Rn. 16 m.w.N.). Ein derartiger Annahmewille ist auch im Fall der elekAnnahmewille erforderlich tronischen Zustellung gegen Empfangsbekenntnis erforderlich (vgl. BGH, Beschl. v. 17.1.2024 – VII ZB 22/23, NJW 2024, 1120 Rn. 9 ff.; BGH, Urt. v. 11.2. 2022 – V ZR 15/21, NJW 2022, 1816 Rn. 22; BVerwG, NJW 2023, 703 Rn. 22). Dies entspricht dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers, der in dem Gesetzgebungsverfahren des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten v. 10.10. 2013 (BGBl. I S. 3786) bei elektronischen Zustellungen von der anfänglich vorgesehenen automatisierten Eingangsbestätigung i.V.m. einer Zustellungsfiktion am dritten Werktag nach dem in der Eingangsbestätigung ausgewiesenen Tag (vgl. BT-Drs. 17/12634, 10 [§ 174 III 3 und 4 und IV 3 des Entwurfs], S. 28 f.) abgesehen und auch für den Fall der elektronischen Übermittlung eines Dokuments an einen Rechtsanwalt daran festgehalten hat, eine Zustellung weiterhin an ein von dem Rechtsanwalt bewusst zu veranlassendes Empfangsbekenntnis zu knüpfen (vgl. BT-Drs. 17/13948, 7, 34). [10] (2) Der Mangel des Empfangswillens kann bei keine Heilung einer Zustellung gegen Empfangsbekenntnis nicht durch den bloßen Nachweis des tatsächlichen Zugangs gem. § 189 ZPO bzw. gem. § 8 VwZG, der der Vorschrift des § 189 ZPO nachgebildet und entsprechend auszulegen ist (vgl. BT-Drs. 15/5216, 14), geheilt werden (vgl. BGH, Beschl. v. 13.1. 2015 – VIII ZB 55/14, NJW-RR 2015, 953 Rn. 7, 12; BVerwG, ZOV 2011, 138 Rn. 7). Dies gilt entgegen der Auffassung der Bekl. auch im Fall einer elektronischen Zustellung gegen Empfangsbekenntnis (vgl. BGH, Urt. v. 11.2.2022 – V ZR 15/21, NJW 2022, 1816 Rn. 22; OLG Karlsruhe, GRUR-RS 2023, 4502 Rn. 57 ff.; OVG Saarlouis, NVwZ 2022, 658 Rn. 9 f.). Der Umstand, dass bei einer elektronischen Zustellung der tatsächliche Zugang in der Regel ohne weiteres technisch nachweisbar ist, führt entgegen der Auffassung der Bekl. nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn der Nachweis des Zugangs des zuzustellenden Dokuments in dem beA-Postfach belegt den erforderlichen Annahmewillen nicht und vermag das Erfordernis des Annahmewillens auch nicht zu ersetzen. [11] (3) Die Auffassung der Bekl., es könne entgegen der o.g., auch für elektronische Zustellungen fortgeführten Rechtsprechung für eine Heilung nach § 189 ZPO bzw. nach § 8 VwZG bei der elektronischen Zustellung per beA nicht auf einen Empfangswillen des Rechtsanwalts ankommen, weil ein Rechtsanwalt missbräuchlich handele, wenn er sich weigere, ein ihm über das beA tatsächlich zugegangenes Schriftstück zur Kenntnis zu nehmen, gibt keine Veranlassung, diese Rechtsprechung zu ändern und das Erfordernis eines Empfangswillens bei einer Zustellung gegen Empfangsbekenntnis für elektronische Zustellungen an Rechtsanwälte aufzugeben. Zutreffend verweist die Bekl. zwar darauf, dass ein Rechtsanwalt gem. § 31a VI BRAO als Inhaber eines besonderen elektronischen Anwaltspostfachs verpflichtet ist, die für dessen Nutzung erforderlichen technischen Einrichtungen vorzuhalten sowie Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen über das besondere elektronische Anwaltspostfach zur Kenntnis zu nehmen (sog. passive Nutzungspflicht). Insoweit handelt es sich jedoch (nur) um eine berufsrechtliche Pflicht (vgl. BTDrs. 18/9521, 107 ff.), deren Verletzung zwar berufsrechtswidrig sein und berufsrechtliche Maßnahmen nach sich ziehen kann (vgl. etwa AGH NRW, BeckRS 2020, 1625 Rn. 33 f.; jurisPK-ERV/Lapp, Band2, 2. Aufl., § 31a BRAO Rn. 70). Sie führt jedoch weder zu einem antizipierten Empkeine Zustellungsfiktion fangswillen für alle über das beA bewirkten Zustellungen noch gilt die Zustellung ohne Empfangswillen mit dem Zugang – sei es als Fiktion oder wegen Rechtsmissbrauchs – als bewirkt (vgl. Sadler/Tillmanns/Bätge, VwVG/VwZG, 11. Aufl., § 5 VwZG Rn. 59, 111; Zöller/ Schultzky, ZPO, 35. Aufl., § 173 Rn. 5; Stein/Thöne, ZPO, 24. Aufl., § 173 Rn. 18; MünchKommZPO/Häublein/Müller, 7. Aufl., § 173 Rn. 21; vgl. BeckOK BORA/ Günther, § 14 Rn. 8, 13a, Stand: 1.3.2025). Denn die Entscheidung des Gesetzgebers, auch im elektronischen Rechtsverkehr bei Zustellungen an dem Erfordernis eines Annahmewillens festzuhalten und nicht allein die automatisierte Empfangsbestätigung ausreichen zu lassen, wurde im Zuge der Einführung der passiven Nutzungspflicht des beA nicht rückgängig gemacht. [12] Dies steht im Einklang damit, dass der Gesetzgeber bei einer Zustellung gegen Empfangsbekenntnis nach § 5 IV VwZG – anders als mit der Regelung in § 5 VII 2 VwZG bei der Zustellung nach § 5 V 2 VwZG – keine Zustellungsfiktion vorgesehen hat. Verweigert ein Adressat bei einer beabsichtigten Zustellung nach § 5 IV VwZG die Annahme, muss die Behörde demnach die Zustellung auf anderem Weg bewirken (vgl. Sadler/Tillmanns/Bätge, VwVG/VwZG, 11. Aufl., § 4 VwZG Rn. 59; Zöller/Schultzky, ZPO, 35. Aufl., § 173 Rn. 5; ELEKTRONISCHER RECHTSVERKEHR BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 5/2025 403
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