RICHTERABLEHNUNG WEGEN DESSEN MANDATIERUNG DES BEKLAGTENVERTRETERS ZPO §§ 42, 47, 48; VwGO §§ 54, 146 II Die Beauftragung eines bestimmten Rechtsanwalts lässt ohne Hinzutreten besonderer Umstände nicht den Schluss zu, dass ein Richter nicht mehr in der Lage ist, dessen juristische Tätigkeit in seiner Rolle als Prozessbevollmächtigter eines Beteiligten objektiv zu würdigen. VG Schleswig, Beschl. v. 7.8.2025 – 15 A 128/22 Volltext unter www.brak-mitteilungen.de HINWEISE DER REDAKTION: Der BGH hat mit Beschluss v. 15.3.2012 (BRAKMitt. 2012, 192 Ls.) entschieden, dass ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden kann, wenn sein Ehegatte als Rechtsanwalt in der Kanzlei tätig ist, die den Gegner vor diesem Richter vertritt. Die besondere berufliche Nähe einer anwaltlichen Ehefrau eines Richters zu dem Prozessbevollmächtigten des Gegners gibt einer Partei begründeten Anlass zur Sorge, dass es dadurch zu einer unzulässigen Einflussnahme auf den Richter kommen könnte. ELEKTRONISCHER RECHTSVERKEHR KEIN ZULASSUNGSWIDERRUF PER beA OHNE EMPFANGSBEKENNTNIS BRAO § 14 III Nr. 4; ZPO § 189; VwZG §§ 5, 8 * 1. Auch bei einer elektronischen Zustellung ist die Heilung eines fehlenden Empfangswillens nicht möglich. * 2. Verweigert ein Rechtsanwalt bei einer Zustellung nach § 5 IV VwZG die Annahme, muss die Zustellung auf einem anderen Weg bewirkt werden. BGH, Beschl. v. 9.5.2025 – AnwZ (Brfg) 8/25 AUS DEN GRÜNDEN: [1] I. Der Kl. ist im Bezirk der Bekl. zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid v. 25.11.2019 widerrief die Bekl. diese Zulassung wegen Aufgabe der Kanzlei gem. § 14 III Nr. 4 BRAO. Der AGH hat der hiergegen gerichteten Klage des Kl. stattgegeben und den Widerrufsbescheid aufgehoben. Die Bekl. beantragt nunmehr die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des AGH. [2] II. Der Antrag ist nach § 112e S. 2 BRAO, § 124a IV VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Ein Zulassungsgrund nach § 124 II VwGO ist nicht gegeben (vgl. § 112e S. 2 BRAO, § 124a V 2 VwGO). [3] 1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht (§ 112e S. 2 BRAO, § 124 II Nr. 1 VwGO). Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. nur Senat, Beschl. v. 29.11.2024 – AnwZ (Brfg) 38/24 Rn. 3). Zweifel an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen füllen den Zulassungsgrund dann nicht aus, wenn sie nicht die Richtigkeit des Ergebnisses erfassen (vgl. nur Senat, Beschl. v. 29.11.2024 – AnwZ (Brfg) 38/24, a.a.O.). [4] Entsprechende Zweifel vermag die Bekl. nicht darzulegen. [5] a) Der AGH ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die am 16.3.2020 eingegangene Klage zulässig und insb. nicht verfristet war. Entgegen der Auffassung der Bekl. ergibt sich eine Verfristung der Klage nicht daraus, dass dem Kl. der Widerrufsbescheid am 26.11.2019 per beA übermittelt worden ist und die Klage nicht binnen einer Monatsfrist ab diesem Zeitpunkt erhoben wurde. [6] Eine Anfechtungsklage ist nach § 112c I BRAO i.V.m. § 74 I 2 VwGO innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Die Bekanntgabe eines die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft widerrufenden Bescheids hat gem. § 34 BRAO i.V.m. § 41 V VwVfG, § 1 I VwVfG LSA mittels Zustellung dieses Bescheids zu erfolgen. Eine wirksame Zustellung des Widerrufsbescheids nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes, das gem. § 1 VwZG LSA für die Zustellungen der Bekl. gilt, ist indes – wie der AGH zutreffend entschieden hat – durch die Übermittlung des Widerrufsbescheids per beA am 26.11.2019 nicht bewirkt worden. Ohne Erfolg macht die Bekl. in ihrem Zulassungsantrag insoweit geltend, dass zwar keine Zustellung gegen Empfangsbekenntnis (§ 5 IV VwZG) erfolgt sei, der diesbezügliche Zustellungsmangel jedoch nach § 8 VwZG geheilt worden sei. [7] aa) Nach § 5 IV VwZG kann eine Zustellung u.a. an §5 IVVwZG Rechtsanwälte auch „auf andere Weise, auch elektronisch, gegen Empfangsbekenntnis“ erfolgen. Eine derartige Zustellung gegen Empfangsbekenntnis kann mithin auch über das beA vorgenommen werden. Es bestehen jedoch bereits keine Anhaltspunkte dafür, dass die Bekl. eine Zustellung gegen Empfangsbekenntnis durchführen wollte. Die Bekl. hat im Briefkopf des Bescheids lediglich vermerkt, dass eine „Zustellung per beA“ erfolge. Kern der vereinBRAK-MITTEILUNGEN 5/2025 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 402
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