durchaus in die Präsentation der Arztprofile eingegriffen hatte (vgl. BGHZ 217, 340 Rn. 18) und damit gerade seine Stellung als neutraler Informationsmittler verlassen habe (BeckOK InfoMedienR/Cornils, 47. Ed. 1.2. 2021, Art. 85 DSGVO Rn. 75.1). Eine Privilegierung von Informationsintermediären wird dann für möglich gehalten, wenn diese ein Mindestmaß an Bearbeitung leisten (BeckOK DatenschutzR/Lauber-Rönsberg, 50. Ed. 1.11.2024, Art. 85 DSGVO Rn. 21). b) Die Voraussetzungen der Bereichsausnahme für journalistische Zwecke liegen nach diesem Maßstab hier vor, denn die Bekl. ist im Zusammenhang mit dem Betrieb der Rechtsprechungsdatenbank in einer Weise tätig, die eine Einordnung als redaktionelle Tätigkeit rechtfertigt. So fordert die Bekl. zuvor unveröffentlichte EntscheidunBereichsausnahme für journalistische Zwecke gen von Gerichten gezielt zur Veröffentlichung an. Dies gilt etwa für den in den Medien viel diskutierten Beschluss des KG v. 6.12.2021 – 3 Ws 250/21 zur Einstellung des datenschutzrechtlichen Bußgeldverfahrens gegen das Unternehmen Deutsche Wohnen oder das historische Urteil im Frankfurter Auschwitz-Prozess. Im Jahr 2023 wurden auf diese Weise rund 300 Entscheidungen von Gerichten angefordert und erstveröffentlicht (vgl. Auswahl in Anl. B8). Außerdem fordert die Bekl. auch Entscheidungen von Dritten an. Dies gilt etwa für das Urteil des LG München I im sog. Badewannen-Prozess, das die Bekl. von den Prozessbevollmächtigten des dortigen Verfahrens angefragt und erhalten hat, nachdem ihr Antrag auf Übersendung vom Präsidenten des Landgerichts abgelehnt wurde. Die Bekl. beschreitet auch den Rechtsweg, um Entscheidungen zu erhalten, etwa wenn Gerichte die Zusendung von Entscheidungen verweigern oder für die Zusendung Gebühren verlangen. Soweit Dritte Entscheidungen einsenden, wählt die Bekl. aus, welche dieser Entscheidung sie veröffentlicht. Die Bekl. verfasst eigene Orientierungssätze zu Entscheidungen und verschlagwortet Entscheidungen. Sie hebt Entscheidungen auf der Startseite und über die Social Media-Auftritte der Bekl. hervor und stellt auf ihrer Startseite unter der Überschrift „Aktuell“ individuell ausgewählte, besonders relevante und neu veröffentliche Rechtsprechung vor. Diese Tätigkeit unterscheidet sich maßgeblich von einem bloßen Datensammeln oder einem bloßen Verbreiten von Inhalten Dritter, wie es etwa auf Bewertungsportalen geschieht. Ein wesentlicher Unterschied liegt schon darin, dass die Bekl. Gerichtsentscheidungen auch gezielt anfordert, wodurch ihre Tätigkeit einen redaktionellen und auch meinungsbildenden Charakter erhält. Darüber hinaus leistet die Bekl. ein Mindestmaß an Bearbeitung auch dadurch, dass sie Entscheidungen für eine hervorgehobene Veröffentlichung auswählt und Entscheidungen mit einer Beschreibung versieht. c) Die Tätigkeit der Bekl. im Zusammenhang mit der von ihr betriebenen Rechtsprechungsdatenbank unterfällt auch insgesamt der Bereichsausnahme. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass es sich bei der streitgegenständlichen Urteilsveröffentlichung – wie bei vielen anderen Urteilsveröffentlichungen der Bekl. – um eine automatisiert und ohne Änderungen aus Rechtsprechungsdatenbanken übernommene Entscheidungen handelt. Von entscheidender Bedeutung ist dabei, dass sich in der Entscheidungsdatenbank der Bekl., die im Zentrum der Tätigkeit der Bekl. steht, Entscheidungen, die die Bekl. aktiv anfordert, Entscheidungen, die die Bekl. mit eigenen Orientierungssätzen versieht und auch Entscheidungen, die – wie die streitgegenständliche – von der Bekl. nicht bearbeitet wurden, vermengen. Da die Tätigkeit der Bekl. gerade darin besteht, die Datenbank als Ganzes bereitzuhalten, muss sich die anzuerkennende Bereichsausnahme auf die Veröffentlichung aller Inhalte beziehen und nicht nur auf solche Beiträge in der Datenbank, die bereits bei isolierter Betrachtung, etwa aufgrund einer Formulierung eines Orientierungssatzes oder einer aktiven Recherche nach der Entscheidung, als redaktionelle Tätigkeit einzustufen sind. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn – worauf der Kl. hinweist – die Mehrzahl der Entscheidungen, die die Bekl. in ihre Datenbank aufnimmt, in automatisierter Weise übernommen werden und die Entscheidungen, die die Bekl. individuell bearbeitet oder besonderen Rechercheaufwand für ihren Erhalt betreibt, demgegenüber nur in geringerer Anzahl vorhanden sind. Soweit der BGH davon spricht, dass die meinungsbildende Wirkung prägender Bestandteil des Angebots und nicht nur „schmückendes Beiwerk“ sein dürfe (BGH, Urt. v. 23.6.2009 – VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328-345 Rn. 21 – spickmich.de, noch zur Bereichsausnahme im BDSG), stellen die von der Bekl. vorgenommenen redaktionellen Bearbeitungen hier nicht nur „schmückendes Beiwerk“ dar. Sie sind im Rahmen der einheitlich angebotenen Datenbank vielmehr untrennbar mit den übrigen, automatisiert vorgenommenen Abläufen verbunden. Es verhält sich daher nicht so, dass die Bekl. ihr Angebot lediglich mit einem „schmückenden Beiwerk“ von solchen Zusatzinformationen, aktuellen Meldungen oder Meinungsäußerungen Dritter versieht, die gerade in der Online-Welt dank einfacher Programmiertechnik und Verlinkungsmöglichkeiten regelmäßig ohne größeren Aufwand möglich sind (vgl. Kühling/Buchner/Buchner/ Tinnefeld, 4. Aufl. 2024, Art. 85 DSGVO Rn. 25). Vielmehr ist der redaktionelle Aufwand der Bekl. prägender Bestandteil im Rahmen der Vervollständigungen der von ihr betriebenen Entscheidungsdatenbank, so dass es weder auf das konkrete Verhältnis zwischen automatisierter und „händischer“ Tätigkeit ankommt, noch darauf, ob die einzelne, hier die konkret streitige Entscheidung automatisiert abgerufen oder inhaltlich bearbeitet wurde. Auch wenn es sich so verhalten sollte, dass der überwiegende Teil der in der Datenbank bereitgehaltenen Entscheidungen automatisiert abgerufen wurSONSTIGES BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 4/2025 311
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