kreis reproduziert, dabei verändert oder manipuliert wird, besteht bei einem Verteidiger als Organ der Rechtspflege nicht anders als bei anderen. Die Folgen einer solchen beliebigen Darstellung treffen den Einzelnen nicht nur in seiner Stellung als Organ der Rechtspflege, sondern regelmäßig zugleich in seiner persönlichen und privaten Existenz. Anders als im Stadium des gerichtlichen Verfahrens keine Minderung des Persönlichkeitsrechts (vgl. BVerwG, Urt. v. 1.10. 2014 – 6 C 35/13, NJW 2015, 80 Rn. 30 ff.) ist das Persönlichkeitsrecht des Verteidigers im Stadium des Ermittlungsverfahrens nicht gemindert. Die Minderung des Persönlichkeitsrechts des Verteidigers im gerichtlichen Verfahren rechtfertigt sich aus dem Umstand, dass der einfachgesetzlich in § 169 GVG normierte Grundsatz der Öffentlichkeit gerichtlicher Verhandlungen als Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips Verfassungsrang besitzt (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 31). Dieser Grundsatz gilt allerdings nicht für das Ermittlungsverfahren, das nicht-öffentlich ist, § 160 I StPO. So dient die Nicht-Öffentlichkeit des Ermittlungsverfahrens dazu, der Staatsanwaltschaft ungestörte Ermittlungen zu ermöglichen, die Persönlichkeitsrechte sowie die Privatsphäre der Verfahrensbeteiligten zu schützen und die Unschuldsvermutung zu wahren (vgl. Birklbauer/Weiss, Öffentlichkeit im Strafprozess, JRP 2021, 275 (276)). (2) Nach der gem. § 4 II Nr. 3 HmbPresseG vorzunehmenden Abwägung im Einzelfall überwiegt vorliegend das Persönlichkeitsrecht des Verteidigers nicht das Auskunftsinteresse der Ast. Nicht jede Verletzung privater Interessen löst bereits Auskunftsinteresse überwiegt Persönlichkeitsrecht die Sperrwirkung des § 4 II Nr. 3 HmbPresseG aus. Es muss vielmehr die Verletzung schutzwürdiger privater Interessen zu befürchten sein. Ob die betroffenen privaten Interessen schutzwürdig sind, ist im Wege einer umfassenden Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und den entgegenstehenden privaten Interessen zu ermitteln. Im Rahmen der Abwägung kommt eine Bewertung des Informationsinteresses der Presse grundsätzlich nicht in Betracht. Entscheidend ist vielmehr, ob dem Informationsinteresse der Presse schutzwürdige Interessen von solchem Gewicht entgegenstehen, die den presserechtlichen Auskunftsanspruch ausschließen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.9.2024 – 10 VR 1/24, NVwZ 2024, 1773 Rn. 20; Urt. v. 16.3.2016 – 6 C 65/14, BVerwGE 154, 222 Rn. 16). Dabei bedarf es der Abwägung zwischen dem Informationsrecht der Presse und dem nach Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Geheimhaltungsinteresse) des jeweils Betroffenen sowie – als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts – dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Ist mit der Auskunft nur ein geringfügiger Eingriff in das Recht des Privaten verbunden, so bedarf es keines zeitgeschichtlichen Interesses an der Information, um diese als gerechtfertigt anzusehen. Demgegenüber muss das von der Presse verfolgte Interesse umso gewichtiger sein, um eine Auskunft zu legitimieren, je sensibler der Bereich ist, über den informiert wird, und je intensiver und weitergehend die begehrte Auskunft reicht (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 27.6.2012 – 5 B 1463/11, DVBl 2012, 1113 Rn. 40). Bei dieser Gewichtung darf zudem nicht unberücksichtigt bleiben, dass die behördliche Informationsweitergabe an die Medien gerade noch nicht mit einer Veröffentlichung dieser Informationen gleichzusetzen ist. Die Verwertung der erbetenen Auskünfte fällt in die redaktionelle Verantwortung des jeweiligen Presseorgans, wobei grundsätzlich darauf zu vertrauen ist, dass die Presse sich ihrer Verantwortung bewusst ist und insb. die Grundsätze des Pressekodex und die dazu ergangenen Richtlinien beachtet (vgl. OVG Bremen, Urt. v. 30.10.2019 – 1 LB 118/19 Rn. 47 m.w.N.). Ein Grundsatz – wie ihn die Ag. aufstellt –, dass die Schutzrechte des Verteidigers im Stadium des Ermittlungsverfahrens grundsätzlich überwiegen, besteht insoweit nicht. Vielmehr hat – wie bereits ausgeführt – jeweils eine Abwägung im Einzelfall stattzufinden. Daher kann entgegen der Annahme der Ag. auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Auskunftsverweigerungstatbestand des § 4 II Nr. 3 HmbPresseG in Bezug auf die Person des Verteidigers im Strafverfahren generell ausgehöhlt wird. Nichts Gegenteiliges folgt aus Nr. 23 I 5 der Richtlinien für das Strafverfahren, wonach dem allgemeinen Informationsinteresse der Öffentlichkeit in der Regel ohne Namensnennung entsprochen werden kann, da dieser im Wesentlichen auf den Beschuldigten und nicht auf den Verteidiger abzielen dürfte. Für das Vorliegen eines Auskunftsverweigerungstatbestands des § 4 II HmbPresseG ist die sich auf die Sperrwirkung berufende Behörde – entgegen den Ausführungen der Ag. – darlegungsbelastet (vgl. Burkhardt, in Löffler, Presserecht, 7. Aufl. 2023, § 4 LPG Rn. 98). Zudem ist die umfassende Abwägung gerichtlich voll nachprüfbar (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 4.8.2017 – 1 S 1307/17, ZD 2017, 538 Rn.20). Nach Abwägung des Beschwerdegerichts ist das Persönlichkeitsrecht des Verteidigers im vorliegenden Fall nicht überwiegend schutzbedürftig. Im Rahmen der gebotenen Abwägung ist zunächst im nicht überwiegend schutzbedürftig Ausgangspunkt zu berücksichtigen, dass eine einzelfallbezogene Bewertung und Gewichtung des Informationsinteresses der Presse durch die Ag. oder das zur Entscheidung berufene Gericht – wie oben bereits ausgeführt – grundsätzlich nicht in Betracht kommt. Mit dem verfassungsrechtlichen Schutz der Presse gem. Art. 5 I 2 GG ist es vielmehr unvereinbar, die Durchsetzung eines Informationsinteresses von einer staatlichen Inhaltsbewertung des Informationsanliegens abhängig zu machen. Die Ast. entscheidet als Pressevertreterin SONSTIGES BRAK-MITTEILUNGEN 4/2025 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 304
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