überwiegende Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs in der Hauptsache voraus (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 26.4.2019 – 3 Bs 20/19, n.v.; Beschl. v. 6.7.2018 – 3 Bs 97/18, DÖV 2018, 918 Rn. 35; VGH München, Beschl. v. 18.12.2017 – 19 CE 17.1541, KommunalPraxis BY 2018, 108 Ls.; VGH Mannheim, Beschl. v. 11.3.2008 – 13 S 418/08, VBlBW 2009, 149 Rn. 7; OVG Lüneburg, Beschl. v. 2.2.2007 – 13 ME 362/06 Rn. 9). Gemessen daran hat die Ast. einen Anordnungsanspruch mit dem für eine – wie hier – vollständige Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Maß an Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht (§ 123 I 2, III VwGO i.V.m. § 920 II ZPO) (a). Insoweit liegt auch ein Anordnungsgrund vor (b). a) Der Anordnungsanspruch für das mit dem Antrag zu 1) verfolgte Auskunftsersuchen der Ast. als Angehörige der Presse folgt aus § 4 I HmbPresseG. Danach sind die Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse und des Rundfunks die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen, soweit die Informationen bei der Behörde vorhanden sind und kein Grund für eine Weigerung nach § 4 II HmbPresseG entgegensteht. aa) Die von der Ast. begehrte Auskunft über den NaErfüllung einer öffentlichen Aufgabe men und die Kanzleianschrift des Verteidigers des Beschuldigten dient der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe i.S.d. § 4 I HmbPresseG. Sie möchte weiter über das gegen den Beschuldigten geführte Ermittlungsverfahren berichten und über den Verteidiger den Kontakt zum Beschuldigten aufnehmen. Dem ist nichts entgegenzusetzen, zumal stets die grundrechtliche Dimension der Pressefreiheit und der der Presse übertragenen Aufgabe zu beachten ist: Der Inhalt des presserechtlichen Auskunftsanspruchs wird maßgeblich durch die Funktionen bestimmt, die die Presse in der freiheitlichen Demokratie erfüllt (vgl. die Definition der öffentlichen Aufgabe der Presse in § 3 HmbPresseG). Ihr kommt neben einer Informations- insb. eine Kontrollfunktion zu (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 14.9.2015 – 1 BvR 857/15, NJW 2015, 3708 Rn. 16). Beide Funktionen sind berührt, wenn ein Pressevertreter zum Zwecke der Berichterstattung über ein Strafverfahren recherchiert. In diesem Verfahren wird staatliche Gewalt – überdies in besonders einschneidender Weise – ausgeübt. Der Schutz der Pressefreiheit reicht hier weiter als in Fällen, in denen die Presse eine Berichterstattung über private Umstände zu Unterhaltungszwecken anstrebt (vgl. BVerwG, Urt. v. 1.10.2014 – 6 C 35/13, NJW 2015, 80 Rn. 26). Die effektive funktionsgemäße Betätigung der Presse setzt voraus, dass ihre Vertreter in hinreichendem Maß von staatlichen Stellen Auskunft über Angelegenheiten erhalten, die nach ihrem Dafürhalten von öffentlichem Interesse sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.3.2015 – 6 C 12/14, BVerwGE 151, 348 Rn. 30). Denn erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zu Informationen versetzt die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie zukommende Funktion wirksam wahrzunehmen. Sinn und Zweck der daraus prinzipiell folgenden Auskunftspflichten ist es, der Presse zu ermöglichen, umfassend und wahrheitsgetreu Informationen über Geschehnisse von öffentlichem Interesse im staatlichen Bereich zu erhalten, und dadurch in die Lage versetzt zu werden, die Öffentlichkeit entsprechend zu unterrichten. Auf diese Weise können die Bürger zutreffende umfassende Informationen erhalten, die ihnen sonst verborgen bleiben würden, aber Bedeutung für eine abgewogene Beurteilung der für die Meinungsbildung essenziellen Fragen haben könnten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.7.2015 – 1 BvR 1452/13, NVwZ 2016, 50, Rn. 14; BVerwG, Urt. v. 18.9.2019 – 6 A 7/ 18, BVerwGE 166, 303 Rn. 15). Der presserechtliche Auskunftsanspruch hat diesen Funktionen Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.3.2016 – 6 C 65/14, BVerwGE 154, 222 Rn. 17). Grundsätzlich entscheidet die Presse danach in den Grenzen des Rechts selbst, ob und wie sie über ein bestimmtes Thema berichtet. Das „Ob“ und „Wie“ der Berichterstattung ist Teil des Selbstbestimmungsrechts der Presse, das auch die Art und Weise ihrer hierauf gerichteten Informationsbeschaffungen grundrechtlich schützt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.9.2015 – 1 BvR 857/ 15, NJW 2015, 3708 Rn. 16). Soweit die Ag. die bisherige Berichterstattung der Ast. zu dem Ermittlungsverfahren betreffend den Beschuldigten kritisiert, verkennt sie, dass es vorliegend um die zukünftige Berichterstattung geht und diesbezüglich das grundrechtliche Gewicht des Auskunftsinteresses der Ast. nicht gemindert ist. bb) Dem Auskunftsersuchen stehen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit keine Ausschlussgründe entgegen. Der hier allein in Betracht kommende Auskunftsverweikeine Ausschlussgründe gerungstatbestand des § 4 II Nr. 3 HmbPresseG ist vorliegend nicht erfüllt. Danach können Auskünfte verweigert werden, soweit sonst ein überwiegendes öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde. Zwar kann sich der Verteidiger entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht berufen (hierzu unter (1)). Sein privates Interesse überwiegt aber in dem vorliegenden Einzelfall nicht das Auskunftsinteresse der Ast. (hierzu unter (2)). (1) Der Verteidiger kann sich in Bezug auf die Preisgabe seines Namens und seiner Kanzleianschrift wegen seiner Mitwirkung in einem Ermittlungsverfahren auf sein verfassungsrechtlich geschütztes allgemeines Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG berufen. Der Schutz der Privatsphäre spricht den Verteidiger nicht in seiner Eigenschaft als Organ der Rechtspflege, sondern als Privatperson an, die das Recht auf informationelle Selbstbestimmung genießt. Die Gefahr, dass das Erscheinungsbild eines Menschen in einer bestimmten Situation von diesem abgelöst und in anderen Zusammenhängen vor einem unüberschaubaren PersonenSONSTIGES BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 4/2025 303
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