BRAK-Mitteilungen 4/2025

Rechtzur Auskunftsverweigerung Die Auskunft darf nach Art. 4 II 2 BayPrG nur unter den dort genannten Voraussetzungen verweigert werden. Dem wird auch für das Bayerische Pressegesetz im Kern ein allgemeines Abwägungsprinzip entnommen, bei dem sich Grenzen des presserechtlichen Auskunftsanspruchs ergeben können, wenn die Beantwortung einer Anfrage Grundrechte Dritter berührt (Art. 1 I und Art. 2 I GG) (vgl. VG München, Beschl. v. 21.5.2024 – M 10 E 24.224 Rn. 26, Söder, in Gersdorf/ Paal, BeckOK, Informations- und Medienrecht, Stand 1.5.2024, Art. 4 BayPrG Rn. 16 ff.). Über die genannten Verschwiegenheitspflichten hinaus ist ein Auskunftsverweigerungsrecht im Bayerischen Pressegesetz nicht vorgesehen. Unter die Regelung fallen sowohl Geheimhaltungsvorschriften als auch Regelungen, die private Geheimnisse schützen. Es gibt keine umfassenden Bereichsausnahmen. Sofern sich bei der im Rahmen des Art. 4 II 2 BayPrG vorzunehmende Abwägung Grundrechtspositionen gegenüberstehen, sind sie in einen angemessenen Ausgleich zu bringen und es ist insb. abzuwägen, ob dem verfassungsrechtlich durch die Pressefreiheit (Art. 5 I 2 GG) gewährleisteten Informationsinteresse oder dem ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Geheimhaltungsinteresse der Vorzug zu geben ist (st.Rspr., vgl. nur: BayVGH, Beschl. v. 19.8.2020 – 7 CE 20.1822 Rn. 15 f. m.w.N.). Im vorliegenden Einzelfall überwiegt der verfassungsrechtlich verbürgte Schutz der rechtsstaatlichen Rechtspflege in seiner konkreten, einfachrechtlichen Ausformung durch das Mandantengeheimnis in § 43a II 1 BRAO die ebenfalls grundrechtlich geschützte Pressefreiheit und den damit einhergehenden Anspruch aus Art. 4 I 1 BayPrG. Mit dem Aspekt des Mandantengeheimnisses hat sich die vom Bevollmächtigten des Ast. in Bezug genommen Entscheidung des OVG Hamburg (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 7.4.2025 – 3 Bs 20/25) nicht auseinandergesetzt. Die Verschwiegenheitspflicht des § 43a II 1 BRAO des Vorrang des Mandatsgeheimnisses Rechtsanwalts schützt zunächst den Mandanten. Die Verschwiegenheitspflicht stellt sicher, dass sich der jeweilige Mandant darauf verlassen kann, dass mandatsbezogene Informationen vom Rechtsanwalt ohne sein Einverständnis Dritten gegenüber nicht offenbart werden (OVG NRW, Beschl. v. 13.11.2023 – 15 B 1053/22 Rn. 31). Daneben liegt die Verschwiegenheitspflicht des Anwalts auch im Interesse der Allgemeinheit an der rechtsstaatlichen Rechtspflege, für die eine anwaltliche Verschwiegenheit unerlässlich ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 30.4.2004 – 2 BvR 1520/01, BVerfGE 110, 226-274 Rn. 101, OVG BerlinBrandenburg, Beschl. v. 20.12.2019 – OVG 6 S 58.19 Rn. 16 und Praß, in Römermann, BeckOK BRAO, Stand 1.8.2022, § 43a, Rn. 32). Bereits die Anbahnung und Ablehnung eines Mandats und der Umstand, dass überhaupt jemand einen Angilt auch für notwendige Verteidigung walt aufgesucht hat, fallen unter § 43a II 1 BRAO (Praß, in Römermann, BeckOK BRAO, Stand 1.8. 2022, § 43a Rn. 62.1). Anders als der Bevollmächtigte des Ast. meint, ändert hieran auch eine notwendige Verteidigung nach § 140 StPO nichts. Es mag zwar sein, dass die Öffentlichkeit davon ausgeht, dass ein Beschuldigter eines Verbrechens einen notwenigen Verteidiger hat. Gleichwohl ist dessen Name damit noch nicht automatisch während eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens bekannt. Des Weiteren zeigen § 141 I und II StPO, dass auch der Beschuldigte eines Verbrechens nicht in jedem Stadium eines Ermittlungsverfahrens einen Pflichtverteidiger haben muss. Daneben besteht durchaus noch die Möglichkeit, dass der Beschuldigte eines Verbrechens nicht nur einen Pflichtverteidiger, sondern auch noch einen oder mehrere Wahlverteidiger haben kann. Damit fällt auch der Name eines Pflichtverteidigers nach § 140 StPO unter das Mandantengeheimnis § 43a II 1 BRAO und genießt den verfassungsrechtlich verbürgten Schutz der rechtsstaatlichen Rechtspflege. Der Ast. hingegen möchte weiter über das gegen den Beschuldigten geführte Ermittlungsverfahren berichten und über den Verteidiger den Kontakt zum Beschuldigten aufnehmen. In diesem Kontext ist die grundrechtliche Dimension der Pressefreiheit und der der Presse übertragenen Aufgabe zu beachten: Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zu Informationen versetzt die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie zukommenden Funktionen wirksam wahrzunehmen. Der Presse kommt neben einer Informations- insb. eine Kontrollfunktion zu. Beide Funktionen sind berührt, wenn ein Pressevertreter zum Zweck der Berichterstattung über ein Ermittlungsverfahren recherchiert. Der Schutz der Pressefreiheit reicht hier weiter als in Fällen, in denen die Presse eine Berichterstattung über private Umstände zu Unterhaltungszwecken anstrebt (vgl. BVerwG, Urt. v. 1.10.2014 – 6 C 35/13 Rn. 26). Vorliegend überwiegt jedoch das Mandatsgeheimnis mit Blick auf den aktuellen Verfahrensstand des Ermittlungsverfahrens und der Führung des 29-jährigen Mannes als Beschuldigten die Pressefreiheit und das damit verbundene, grundsätzlich anzuerkennende Interesse der Öffentlichkeit an näherer Information über Tat und Täter. Sofern der Beschuldigte es aus eigenem Antrieb im Wege einer „Selbstöffnung“ wünscht, kann er sich selbst oder sein Verteidiger sich an die Öffentlichkeit oder die Presse wenden. Es ist ihm unbenommen, Pressevertreter zu kontaktieren. Wünscht der Beschuldigte eines Ermittlungsverfahrens jedoch gerade keine Selbstöffnung und ist damit auch der Name seines Verteidigers nicht bekannt, ist diese Entscheidung des Verbleibens in der Anonymität vom Mandatsgeheimnis verfassungsrechtlich geschützt. Diese damit einhergehende anwaltliche Verschwiegenheitspflicht des § 43a II 1 BRAO würde umgangen, wenn die begehrten Informationen ohne SONSTIGES BRAK-MITTEILUNGEN 4/2025 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 300

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