BRAK-Mitteilungen 4/2025

SONSTIGES KEIN PRESSERECHTLICHER AUSKUNFTSANSPRUCH ÜBER NAMEN DES VERTEIDIGERS BayPrG Art. 4; BRAO § 43a II 1; GG Art. 5 I 2; StPO §140 * 1. Nach Art. 4 I 1 BayPrG (Bayerisches Pressegesetz) hat die Presse gegenüber Behörden grundsätzlich ein Recht auf Auskunft. Die Auskunft darf nur verweigert werden, soweit aufgrund beamtenrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Vorschriften eine Verschwiegenheitspflicht besteht. * 2. Ein Recht zur Auskunftsverweigerung ist anzunehmen, wenn der verfassungsrechtlich verbürgte Schutz der rechtsstaatlichen Rechtspflege in seiner konkreten Ausformung durch das Mandatsgeheimnis nach § 43a II 1 BRAO die ebenfalls grundrechtlich geschützte Pressefreiheit und den damit einhergehenden Anspruch aus Art. 4 I 1 BayPrG überwiegt. * 3. Die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht schützt nicht nur den Mandanten. Sie stellt auch sicher, dass sich der jeweilige Mandant darauf verlassen kann, dass mandatsbezogene Informationen vom Rechtsanwalt ohne sein Einverständnis Dritten gegenüber nicht offenbart werden. Die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht liegt zudem auch im Interesse der Allgemeinheit an der rechtsstaatlichen Rechtspflege, für die eine anwaltliche Verschwiegenheit unerlässlich ist. * 4. Bereits die Anbahnung und Ablehnung eines Mandats und der Umstand, dass überhaupt jemand einen Anwalt aufgesucht hat, fallen unter § 43a II 1 BRAO. Hieran ändert auch eine notwendige Verteidigung nach § 140 StPO nichts. * 5. Auch der Name eines Pflichtverteidigers nach § 140 StPO fällt unter das Mandatsgeheimnis und genießt den verfassungsrechtlich verbürgten Schutz der rechtsstaatlichen Rechtspflege. VG München, Beschl. v. 18.6.2025 – M 10 E 25.3465 AUS DEN GRÜNDEN: I. Der Ast. macht gegenüber dem Ag. einen presserechtlichen Auskunftsanspruch geltend. Der Ast. ist Journalist und als Redakteur für eine überregionale Zeitung tätig. Laut polizeilicher Pressemitteilung v. 15.5.2025 nahm die Polizei am 14.5.2025 einen 29-jährigen Mann in der Stadt M. fest. Dieser hatte im Rahmen einer polizeilichen Personenkontrolle angegeben, dass er am Abend zuvor einen Mann in dessen Wohnung im Stadtteil F. lebensgefährlich verletzt hätte. Aufgrund der Angaben wurde umgehend eine Nachschau in der betreffenden Wohnung veranlasst. Dort konnte wenig später der 59jährige Wohnungsinhaber tot aufgefunden werden. Am 15.5.2025 wurde per Mail eine Einladung an alle bei der Polizeipressestelle des Polizeipräsidiums M. im Verteiler befindlichen Journalisten zu einer Pressekonferenz übermittelt. In dieser Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft M. und des Polizeipräsidiums M. wurde über die Festnahme des 29-jährigen Tatverdächtigen wegen eines vollendeten Tötungsdeliktes informiert. Es wurde der aktuelle Ermittlungsstand bekannt gegeben, u.a.: Beantragung und Erlass eines Unterbringungsbefehls statt eines Haftbefehls, da Hinweise auf mögliche Schuldunfähigkeit des Tatverdächtigen vorliegen, bisherige Ermittlungsmaßnahmen des Fachkommissariats, rechtliche Würdigung durch die Staatsanwaltschaft als Totschlag. Der Ast. oder einer seiner Kollegen nahmen an dieser Pressekonferenz nicht teil. Am 16.5.2025 kontaktierte der Ast. die Pressestelle der Staatsanwaltschaft M. per E-Mail. Er bat um Auskunft, wie der Anwalt des Tatverdächtigen heiße, der im Stadtteil F. einen 59-jährigen getötet haben soll. Zur Begründung seines Auskunftsanspruchs berief sich der Ast. auf eine Entscheidung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts (OVG Hamburg, Beschl. v. 7.4.2025 – 3 Bs 20/25). Eine Vertreterin der Pressestelle der Staatsanwaltschaft M. verweigerte am 19.5.2025 per E-Mail die vom Ast. begehrte Auskunft. Die Namen von Verteidigern in laufenden Ermittlungsverfahren würden nicht mitgeteilt. Die Entscheidung, welchen Verteidiger sich ein Beschuldigter nehme, sei Teil des Mandantengeheimnisses, das nicht durch Justizpressesprecher gelüftet werden dürfe. Daraufhin wandte sich der Justiziar der Zeitung per E-Mail an die Pressestelle der Staatsanwaltschaft M. und forderte auf, bis zum 20.5.2025, 12:00 Uhr, dem Ast. die begehrte Auskunft zu erteilen. Es wurde nochmals auf die Rechtsprechung des OVG Hamburg verwiesen. Eine Rückmeldung seitens des Pressestelle erfolgte nicht. Am Abend des 6.6.2025 hat der Bevollmächtigte des Ast. einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und beantragt, dem Ag. im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, dem Ast. Auskunft über folgende Frage zu geben: Wer ist der Strafverteidiger des Beschuldigten, der am 13.5.2025 im Stadtteil F. einen 59-jährigen Mann getötet haben soll? Zur Begründung wurde ausgeführt, der Ast. habe u.a. einen Anspruch auf Auskunft aus Art. 4 I 1 BayPrG, ein Anordnungsanspruch sei gegeben. Der presserechtliche Auskunftsanspruch des Ast. betreffe ein laufendes Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft M., namentlich den Namen des Strafverteidigers des dortigen Beschuldigten. Der Ast. wolle über das gegen den Beschuldigten geführte Ermittlungsverfahren berichten und über den Verteidiger Kontakt zum Beschuldigten aufnehmen. Ausschlussgründe i.S.d. Art. 4 II 2 BayPrG seien nicht ersichtlich. Möglicherweise betroffene GeBRAK-MITTEILUNGEN 4/2025 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 298

RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0