AUS DEM TATBESTAND: [1] I. Streitig ist, ob für die Klägerin und Revisionsklägerin (Kl.) für das Jahr 2010 (Streitjahr) Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder aus selbstständiger Arbeit festzustellen sind. [2] Die Kl. ist eine im März 2006 gegründete Partnerschaftsgesellschaft, die in das Partnerschaftsregister eingetragen ist. Sie betreibt eine Zahnarztpraxis. Die sieben Partner der Kl., drei Senior- (Dres. AM, TM und AS) und vier Juniorpartner (Dres. W, N, S und B –Beigeladene–) sind approbierte Zahnärzte. [3] Im Gesellschaftsvertrag der Kl. ist u.a. geregelt: „§ 6 Berufsausübung (1) Die einzelnen Partner erbringen ihre beruflichen Leistungen unter Beachtung des für sie geltenden Berufsrechts. Sie erbringen die Leistungen grundsätzlich in eigenverantwortlicher Tätigkeit. (...) § 15 Gewinnverteilung (1) Für jedes Geschäftsjahr ist der Gewinn durch Gegenüberstellung der Einnahmen und Betriebsausgaben zu ermitteln. (2) Die Gewinnverteilung wird in einer gesonderten Gesellschafterversammlung festgelegt.“ [4] In § 15 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags sowie der ergänzenden Vereinbarung vom Januar 2008 vereinbarten die Partner einen Gewinnverteilungsschlüssel, der u.a. unterschiedliche Vorabgewinne, gesonderte Gewinnverteilungsregeln für bestimmte Partner und eine einvernehmlich zu treffende Gewinnverteilung unter den übrigen Partnern vorsah. [5] Der Aufgabenbereich von Dr. AM, einem der Seniorpartner, war nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) seit der Gründung der Kl., alle Angelegenheiten für die Praxis zu erledigen, die außerhalb der eigentlichen Patientenbehandlung zum Betrieb der Praxis gehörten. Hierunter fiel die Betreuung aller vertraglichen Angelegenheiten, die Vertretung der Kl. gegenüber Behörden und Kammern (Bezirksärztekammer, Kassenzahnärztliche Vereinigung, Gesundheitsamt, Röntgenstelle, Bauamt), dem Datenschutzbeauftragten, Gerichten, Lieferanten, Banken, dem Steuerberater, dem Finanzamt sowie die interne Revision. Des Weiteren gehörten zum Aufgabenbereich von Dr. AM die Instandhaltung sämtlicher zahnärztlicher Gerätschaften und Einrichtungsgegenstände sowie die Betreuung baulicher Erweiterungen und Umbaumaßnahmen und Personalangelegenheiten. [6] Überdies war Dr. AM für die Qualitätssicherung, die Organisation der Abläufe und den Bereich Strahlenschutz/Röntgentätigkeit verantwortlich. Als hierzu Beauftragter trat er insb. mit den (Aufsichts-)Behörden in Kontakt. [7] Nach den Feststellungen des FG beriet Dr. AM im Streitjahr fünf Patienten konsiliarisch und generierte hieraus einen Umsatz von ... Euro. Die Beratung der Patienten erfolgte außerhalb der Praxisräume bzw. in Situationen, in denen Dr. AM die Patienten „immer wieder“ im Wartezimmer angetroffen habe. Dr. AM war nicht direkt „am Stuhl“ behandelnd tätig und auch sonst in die praktische zahnärztliche Arbeit der sechs Mitsozien und der fünf weiteren angestellten Zahnärzte nicht eingebunden. [8] Dr. AM hielt sich regelmäßig am Dienstag in den Praxisräumen der Kl. auf. Dort nahm er vor allem die Reparatur- und Wartungsarbeiten vor („Reparaturtage“). Im Übrigen befand er sich nach den vom FG festgestellten Einzelheiten nur unregelmäßig in den Praxisräumen. [9] Zwischen den Gesellschaftern bestanden Differenzen im Hinblick auf die Tätigkeit von Dr. AM. Im März 2011 (nach dem Streitjahr) beschlossen die übrigen Partner der Kl. mehrheitlich, Dr. AM aufzufordern, entsprechend dem in § 1 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags definierten Gesellschaftszweck seine volle Arbeitskraft zur Erbringung zahnärztlicher Leistungen bereitzustellen. Dr. AM habe seit Gründung der Kl. nur einen „unterdurchschnittlichen Beitrag“ zur gemeinsamen Berufsausübung erbracht. Die vier Beigeladenen beschlossen des Weiteren am 3.2.2016 durch Mehrheitsbeschluss der Gesellschafterversammlung, den Gemeinschaftspraxisvertrag im Verhältnis zu Dr. AM und Dr. TM fristlos zu kündigen. In einem zivilgerichtlichen Prozessvergleich v. 8.7.2016 verpflichteten sich dann aber die Beigeladenen, zum 30.6.2016 aus der Kl. auszuscheiden. [10] In ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für das Streitjahr erklärte die Kl. gemeinschaftlich erzielte Einkünfte i.H.v. ... Euro und Sonderbetriebsausgaben i.H.v. insgesamt ... Euro als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Auf Dr. AM entfielen auf der Grundlage der Beschlussfassung der Partner v. 22.12.2011 Einkünfte i.H.v. ... Euro (Anteil an den gemeinschaftlich erzielten Einkünften als Gewinnanteil i.H.v. ... Euro neben Sonderbetriebsausgaben i.H.v. ... Euro). [11] Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt –FA–) erließ zunächst einen erklärungsgemäßen Feststellungsbescheid v. 16.4.2012. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 I der Abgabenordnung –AO–). [12] In einer vom FA durchgeführten Betriebsprüfung für das Streitjahr und die Folgejahre 2011 bis 2013 gelangte der Betriebsprüfer zu dem Ergebnis, dass die Kl. entgegen der bisherigen Qualifizierung Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt habe. Die Veranlagungsstelle des FA folgte dem und erließ gem. § 164 II AO einen geänderten Feststellungsbescheid v. 21.3.2017, in dem es neben weiteren, nicht streitgegenständlichen Änderungen Einkünfte aus Gewerbebetrieb feststellte. Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung v. 27.2.2019). Das FG hat die Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2022, 490 mitgeteilten Gründen als unbegründet abgewiesen. Mit Beschluss v. 28.8.2019 hatte es die aus der Kl. ausgeschieSTEUERN BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 4/2025 295
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