BRAK-Mitteilungen 4/2025

FEHLERHAFTE RECHTSANWENDUNG DURCH RECHTSANWALT BRAO § 43a III * Eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch einen Rechtsanwalt stellt keinen berufsrechtlichen Verstoßdar. Niedersächsischer AGH, Urt. v. 20.1.2025 – AGH 2/23 (I 11) Volltext unter www.brak-mitteilungen.de HINWEISE DER REDAKTION: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte unterliegen bei der Ausübung ihres Berufs vielfältigen Pflichten. Lediglich ein Teil davon unterfällt jedoch der berufsrechtlichen Aufsicht der Rechtsanwaltskammern. Mögliche Verletzungen rein zivilrechtlicher Pflichten, wie der Vorwurf einer Schlechtleistung, sind von der berufsrechtlichen Aufsicht nicht erfasst. Hierüber können allein die ordentlichen Gerichte entscheiden. ABLIEFERUNGSPFLICHT EINES RECHTSANWALTS BRAO § 43a; BORA § 2; BGB §§ 2259, 2263; FamFG§358 1. Die Ablieferungspflicht des § 2259 I BGB umfasst auch die fortlaufend nummerierten (hier 1 bis 4) nicht physisch verbundenen Seiten eines Abschiedsbriefs, dessen weitere dem Nachlassgericht bereits vorliegende Seiten (hier ab Seite 5) als Testament in Frage kommen. Dies gilt auch dann, wenn deren unmittelbarer Besitzer erklärt, dass diese keine erbrechtlich relevanten, sondern nur vom Erblasser ausdrücklich als vertraulich gekennzeichnete persönliche Ausführungen enthielten. Die Prüfung, ob solches der Fall ist oder nicht, obliegt allein dem Nachlassgericht. 2. Handelt es sich bei dem ablieferungspflichtigen unmittelbaren Besitzer des Testaments (oder vorliegend von dessen Teilen) um einen Rechtsanwalt, kann dieser die Ablieferung nicht mit der Begründung verweigern, das Schriftstück sei ihm von seinem Mandanten mit der ausdrücklichen Anweisung übergeben worden, es (vorliegend in Teilen) vertraulich zu behandeln. Denn ein Erblasser kann die Eröffnung eines Testaments nach § 2263 BGB nicht wirksam ausschließen. Der Rechtsanwalt kann die Ablieferung auch nicht unter Berufung auf seine Berufsverschwiegenheit nach § 43a II 1 BRAO verweigern; bei der Ablieferungspflicht nach § 2259 I BGB handelt es sich nämlich um eine gesetzliche Ausnahme i.S.v. § 2 III BORA. OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 15.1.2025 – 20 W 220/22 Volltext unter www.brak-mitteilungen.de HINWEISE DER REDAKTION: § 2 II BORA regelt, unter welchen Umständen es dem Rechtsanwalt erlaubt bzw. er sogar verpflichtet ist, geheimhaltungsbedürftige Tatsachen ohne Einwilligung des Mandanten oder sogar gegen dessen Willen zu offenbaren. Gesetzliche Ausnahmen von der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht stellen bspw. die §§ 138, 139 III 2 StGB (Anzeige geplanter Straftaten) dar. Anzeigepflichten enthält ferner das Geldwäschegesetz (vgl. § 2 I Nr. 10 GwG). UNZULÄSSIGER SYSTEMVERGLEICH ANWALTSINKASSO VS. UNTERNEHMENSINKASSO UWG§§3, 5 1. Ein Systemvergleich ist unzulässig, wenn er gegen das Sachlichkeitsgebot verstößt. 2. Durch die Hervorhebung bestimmter Eigenschaften darf kein falsches Gesamtbild entstehen. LG Darmstadt, Urt. v. 12.5.2025 – 18 O 53/24 AUS DEM TATBESTAND: Der Kl. begehrt von dem Bekl. Ersatz von Kosten einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung. Der Kl. ist als qualifizierter Wirtschaftsverband seit dem 6.11.2023 in der vom Bundesamt der Justiz geführten Liste gem. § 8b UWG eingetragen. Ihm gehören weit mehr als 75 bundesweit tätige Inkassounternehmen an. Der Bekl. ist Rechtsanwalt und bewarb auf seinem Internetauftritt anwaltliche Inkassodienstleistungen mit folgenden Aussagen: „Sie zahlen zunächst weder einen Gebühren- noch einen Auslagenvorschuss, auch keinen Mitglieds- oder Vereinsbeitrag, wie dies bei vielen Inkassobüros üblich ist.“ „Bei der Beauftragung eines Inkassounternehmens dürfen nach überwiegender Rechtsprechung vom Schuldner keine Inkassokosten verlangt werden. Aus diesem Grund sind Inkassounternehmen für den Gläubiger meist teurer als ein Anwalt. Denn Rechtsanwaltsgebühren dürfen geltend gemacht werden.“ „Ihre Vorteile und Ihr Gewinn beim Anwaltsinkasso: – Mahnung, Titulierung, Vollstreckung – alles aus einer Hand – Im Erfolgsfall keinerlei Gebühren und Auslagen – Keine überflüssigen Kosten eines Inkassounternehmens, die Sie selbst tragen – Keine Mitglieds- oder Vereinsbeiträge – Bei Erfolglosigkeit des Anwaltsinkasso fallen nur die Pauschalgebühr und bare Auslagen an“ Im Disclaimer auf dem Internetauftritt des Bekl. hieß es wie folgt: BERUFSRECHTE UND PFLICHTEN BRAK-MITTEILUNGEN 4/2025 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 276

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