BRAK-Mitteilungen 4/2025

ein wegen offensichtlicher Zahlungsunwilligkeit des Diesel-Herstellers unnötiges vorgerichtliches Tätigwerden. Das LG wies die Klage ab. Das KG erteilte einen Hinweis nach § 522 II ZPO, dass die Klage wegen nach § 199 I BGB eingetretener Verjährung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe. Es könne offenbleiben, ob es für eine (positive) Kenntnis i.S.v. § 199 I BGB darauf ankomme, dass diese bei den Mitarbeitern einer – nach Behauptung der Klägerin bei ihr bestehenden – gesonderten Regressabteilung vorlag. Eine grob fahrlässige Unkenntnis könne sich auch daraus ergeben, dass Mitarbeiter der Leistungsabteilung trotz sich aufdrängender Anhaltspunkte für ein schädigendes Verhalten der Kanzlei die Regressabteilung nicht informiert haben. Dies sei hier der Fall. Die Klägerin habe bereits im Februar 2018 Deckungsschutz auch für eine außergerichtliche Tätigkeit gewährt. Sie trage selbst vor, dass sie mit einer solchen Masse an Diesel-Fällen konfrontiert gewesen sei, dass sie nur eine oberflächliche Prüfung der Erfolgsaussichten habe vornehmen können. Daher liege es auf der Hand, dass ihr nicht entgangen sein konnte, dass ein vorgerichtliches Vorgehen gegen die Hersteller nicht erfolgversprechend gewesen sei. Weiter habe der Versicherer bereits im November 2018 gegenüber der beklagten Kanzlei nur eine 0,5 Geschäftsgebühr gezahlt und geltend gemacht, dass die Kanzlei dem Mandanten wegen fehlender Erfolgsaussichten von einer außergerichtlichen Geltendmachung hätte abraten müssen. Angesichts dieses sich – aus Sicht der Klägerin – aufdrängenden Anwaltsfehlers sei es als grob fahrlässig zu bewerten, dass die Leistungsabteilung nicht die Regressabteilung informiert habe. Die Regressklage wurde erst 2024 und damit deutlich nach Verjährungseintritt Ende des Jahres 2021 erhoben worden. Der Rechtsschutzversicherer nahm auf den Hinweis hin seine Berufung zurück. Der Entscheidung ist zuzustimmen. Zu beachten ist: Wenn beim Versicherer gar keine organisatorische Trennung zwischen Leistungs- und Regressabteilung vorliegt, Regressansprüche also durch die Leistungsabteilung selbst geltend gemacht werden, kommt es ohnehin nur auf Kenntnis (bzw. grob fahrlässige Unkenntnis) der Mitarbeiter der Leistungsabteilung an. (hg) FRISTEN DELEGATION MUSS EINDEUTIG SEIN (...) 3. Für die Ausräumung eines Organisationsverschuldens des Rechtsanwalts muss eindeutig feststehen, welche so qualifizierte Bürokraft zu einem bestimmten Zeitpunkt jeweils ausschließlich für die Fristenkontrolle, das heißt die Fristennotierung im Kalender und die Fristenüberwachung, zuständig ist. OVG Magdeburg, Beschl. v. 24.3.2025 – 2 L 48/24, NJW 2025, 1834 Der Senat hatte auf den Antrag der Klägerin die Berufung gegen das Urteil des VG zugelassen und dem Prozessbevollmächtigten am 24.1.2025 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt. Innerhalb der in § 124a VI VwGO für diesen Fall vorgesehenen Monatsfrist für die Begründung der Berufung ging bei Gericht nichts ein. Auf entsprechenden gerichtlichen Hinweis lieferten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die interessante Begründung, „die überzeugenden Ausführungen des Senats im Beschluss hätten so eingängig und nachdrücklich geklungen, dass für sie damit ein förmlicher Berufungsantrag vorerst überflüssig geworden sei, da der Senat offensichtlich genau die rechtlichen Gesichtspunkte problematisiert habe, auf die sie ihre Berufung auch habe stützen wollen.“ Damit sollte wohl die Anwendbarkeit der Zwei-Monats-Frist nach § 124a III 1 VwGO begründet werden, die bei Zulassung der Berufung durch das VG gilt. Wenig überraschend ließ sich das OVG hiervon nicht überzeugen. Es wurde daher dann doch ein Wiedereinsetzungsantrag gestellt, der sich auf ein reines Büroverschulden stützte. Hierzu weist der Senat mit Blick auf die obigen Ausführungen zunächst darauf hin, dass ein Rechtsirrtum die Fristversäumung nicht entschuldigt, zumal in der dem Zulassungsbeschluss beigefügten Rechtsmittelbelehrung auf das Erfordernis, dass die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses zu begründen ist, hingewiesen worden sei. In Bezug auf die Fristnotierung weist der Senat darauf hin, dass das Empfangsbekenntnis über die Zustellung eines Urteils vom Rechtsanwalt erst dann unterzeichnet und zurückgesandt werden darf, wenn in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, dass die Frist im Fristenkalender notiert worden ist. Angesichts der vom Prozessbevollmächtigten weiteren Umstände um die (unterbliebene) Aktenvorlage und Fristenkontrolle macht der Senat deutlich, dass vorgetragen werden muss, wie organisatorisch sichergestellt wurde, dass die im Fristenkalender eingetragenen Fristen beachtet werden und die Handakte dem sachbearbeitenden Rechtsanwalt oder (etwa im Falle seiner Erkrankung) seinem Vertreter rechtzeitig vorgelegt wird, um fristgebundene Rechtsmittelschriften rechtzeitig erstellen und absenden zu können. Er betont, dass insb. eindeutig geregelt werden muss, welche konkrete Person zu welchem Zeitpunkt für die Überwachung der Fristen zuständig ist.4 4 Mit Verweis auf den BGH, Beschl. v. 20.11.2018 – XI ZB 31/17. Der diffuse Vortrag, „üblicherweise würden Fristen in der Kanzlei doppelt abgesichert, indem der sachbearbeitende Rechtsanwalt durch sein Sekretariat und durch eine weitere Rechtsanwaltsfachangestellte der Kanzlei an den Fristablauf erinnert werde“, macht schon deutlich, dass keine solche eindeutige Regelung vorlag. (ju) BRAK-MITTEILUNGEN 4/2025 AUFSÄTZE 262

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