BRAK-Mitteilungen 4/2025

danten. Das entspricht der Rechtsprechung des BGH.1 1 BGH, Urt. v. 21.4.1994 – IX ZR 123/39, NJW 1994, 2085 und – nicht ganz so dezidiert – BGH, Urt. v. 14.1.1993 – IX ZR 76/92, NJW 1993, 1325. Insbesondere lässt sich nicht einfach von der erteilten Außenvollmacht auf das Innenverhältnis schließen. Daher war zu fragen, wie denn die richtige Beratung und die korrekte Empfehlung hätte aussehen müssen. An dieser Stelle sieht sich der Senat die damalige Prozesssituation genau an und kommt schließlich zu dem Schluss, dass der Kläger dem Beklagten hätte anraten müssen, den Vergleich zu akzeptieren. Dass der Mandant dennoch den Vergleich abgelehnt hätte, müsste er dann beweisen und anschließend auch noch mindestens darlegen, dass der Prozess dann auch noch günstiger ausgegangen wäre als es der Vergleich war. An der Kausalität fehlte es hier. (bc) RECHTSSCHUTZVERSICHERER-REGRESS WEGEN AUSSICHTSLOSER VORGERICHTLICHER TÄTIGKEIT Ein Rechtsschutzversicherer, der einen Anwalt wegen aussichtloser vorgerichtlicher Tätigkeit aus übergegangenem Recht nach § 86 VVG in Anspruch nimmt, muss darlegen und beweisen, dass der Gegner des Mandanten keinesfalls zahlungsoder vergleichsbereit gewesen sei. Wenn der Rechtsschutzversicherer nach eigener Aussage davon Kenntnis hat, ist es treuwidrig, wenn er den Anwalt in Regress nimmt, obwohl er zuvor Deckungszusage (zunächst nur) für die vorgerichtliche Tätigkeit erteilt hat. AG München, Urt. v. 29.4.2025 – 173 C 28923/24 Die Klägerin, ein Rechtsschutz-Schadenregulierungsunternehmen, macht gegen die beklagte Anwaltskanzlei Schadensersatzansprüche aus übergegangenem Recht nach § 86 VVG geltend. Sie wirft der Kanzlei vor, in einem „Diesel-Mandat“ unnötigerweise Kosten für eine außergerichtliche Anspruchserhebung ausgelöst zu haben. Diese sei aussichtslos gewesen, da der in Anspruch genommene Hersteller bekanntermaßen zahlungsunwillig gewesen sei. Die Kanzlei hätte dem Mandanten daher von einer außergerichtlichen Geltendmachung abraten und sogleich Klage erheben müssen. Das Amtsgericht wies die Klage ab. Es sei schon nicht ausreichend dargelegt, dass bekannt gewesen sei, dass der Hersteller zahlungsunwillig sei. Es möge zwar sein, dass in der Öffentlichkeit keine Vergleiche oder Zahlungen des Herstellers bekannt waren; dies bedeute aber nicht zwingend, dass es keine Vergleiche gab. Der Abschluss solcher Vergleiche sei in der Regel mit einer Verschwiegenheitsklausel verbunden. Dies habe zur Folge, dass etwaige Vergleichsschlüsse gerade nicht publik gemacht werden. Alleine die Rechtsauffassung, nicht zur Leistung verpflichtet zu sein, schließe eine Vergleichsbereitschaft nicht ohne weiteres aus. Die Klägerin habe trotz richterlichen Hinweises nicht substantiiert vorgetragen, woraus sich die offenkundige Zahlungsunwilligkeit ergebe. Gegen die offenkundige Aussichtslosigkeit vorgerichtlichen Tätigwerdens spreche ferner, dass der BGH in den Diesel-Fällen, in denen er einen Schadensersatzanspruch bejaht hat, auch die vorgerichtlichen Anwaltskosten zugesprochen hat. Dies hätte er nicht getan, wäre das vorgerichtliche Tätigwerden offenkundig aussichtslos gewesen.2 2 BGH, Urt. v. 22.9.2022 – VII ZR 786/21. Das Verhalten der Klägerin sei zudem widersprüchlich und verstoße gegen § 242 BGB. Wenn es Mitte 2020 tatsächlich allgemein bekannt und offensichtlich gewesen sei, dass vorgerichtliche Anwaltsschreiben keinerlei Aussicht auf Erfolg haben, sei nicht nachvollziehbar, warum die Klägerin, die aufgrund der bei ihr laufenden Vielzahl an Diesel-Fällen Kenntnis von der Aussichtslosigkeit haben musste, eine Deckungszusage sogar zunächst auf das außergerichtliche Vorgehen beschränkt hat (auch wenn Rechtsschutzversicherer nicht verpflichtet sind, die Deckung bei fehlenden Erfolgsaussichten abzulehnen). Die Beklagte habe daher sogar zunächst außergerichtlich gegen den Hersteller vorgehen müssen, um überhaupt einen Anspruch des Mandanten auf Kostendeckung für ein Klageverfahren zu begründen. Der BGH hat entschieden, dass die Beratungspflichten des Anwalts über die Erfolgsaussichten einer Rechtsverfolgung im rechtsschutzversicherten Mandat in keiner Weise reduziert sind. Ein Rechtsschutzversicherer sei auch nicht verpflichtet, die Kostendeckung wegen fehlender Erfolgsaussichten abzulehnen.3 3 BGH, Urt. v. 16.9.2021 – IX ZR 165/19, MDR 2021, 1357, Besprechung Grams, BRAK-Mitt. 2021, 370. Die Ausführungen zur Darlegungs- und Beweislast des Versicherers für eine objektive Aussichtslosigkeit sind jedenfalls zutreffend. Ob der BGH sich den Ausführungen zu einem Verstoß gegen Treu und Glauben anschließen würde, ist offen. (hg) VERJÄHRUNG BEIM REGRESS DES RECHTSSCHUTZVERSICHERERS Anwaltshaftungsansprüche eines Rechtsschutzversicherers gegen einen Anwalt aus übergegangenem Recht nach § 86 VVG wegen Kosten für aussichtslose Rechtsverfolgungsmaßnahmen unterliegen der Verjährung nach § 199 BGB. Wenn Mitarbeiter der Leistungsabteilung des Versicherers die Regressabteilung nicht informieren, obwohl sich Anhaltspunkte für ein schadensträchtiges Verhalten des Anwalts aufdrängen, kann dies die Verjährung wegen grob fahrlässiger Unkenntnis nach § 199 I Nr. 2 Fall 2 BGB in Lauf setzen. KG, Hinweisbeschl. v. 19.2.2025 – 25 U 120/24 Ein Rechtsschutzversicherer nimmt eine Anwaltskanzlei aus nach § 86 VVG übergegangenem Recht ihres Versicherungsnehmers auf Schadensersatz in Anspruch. Sie erhebt den Vorwurf, die Kanzlei habe in einem „DieselVerfahren“ aussichtslose Ansprüche geltend gemacht und dadurch unnötige Kosten verursacht, insb. durch AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 4/2025 261

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